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Jagdhaus in Der Eifel

Titel: Jagdhaus in Der Eifel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Georg R. Kristan
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beiseite. »Wir haben durch die Vernehmung von Frau Nattinger neue Erkenntnisse gewonnen, die alle Teilnehmer der Gesprächsrunde an dem fraglichen Donnerstag schwer belasten können. Auch Sie haben mitgewirkt, einen Unfall zu vertuschen.
    Mehr möchte ich im Augenblick nicht sagen. Herr Semper hat bereits zugesagt, daß er kommt. Was ist nun Ihr letztes Wort?«
    »Also gut. Bitte, unternehmen Sie nichts bei meinem Minister. Was immer in Bonn wichtig sein mag, ich werde pünktlich an Ort und Stelle sein.«
    »Danke«, sagte Lupus und legte auf. »Das hätten wir.«
    Fräulein Kuhnert sah mit noch nicht ganz wachen Augen zu ihm hin. »Der Tag fängt gut an; unser Chef pennt und ein Herr Müller versucht das schwache Geschlecht zur Schnecke zu machen. Ich dachte, Sie hätten sich im Theater entspannt!«
    »Habe ich auch. Eingeschlafen bin ich erst nach dem dritten Akt. Meine Frau hat mich so unsanft geweckt, daß ich beinahe aus dem Sessel gerutscht wäre.«
    »Kriminalbeamte sollte man nicht heiraten«, überlegte Fräulein Kuhnert laut.
    »Dann müssen Sie Ahrens zur Umerziehung schicken. Was hat denn unser Chef die Nacht hier im Bau getrieben? Wie gut, daß der Mensch ledig ist.«
    »Er hat wohl versucht, das Farbband aus der Schreibmaschine der Fournier zu entziffern. Sicherlich wird er Ihnen unterwegs im Auto alles erklären.«
    So sah es aber nicht aus, als das Dienstfahrzeug gut zwei Stunden später mit Ahrens am Steuer dem Ortstermin entgegenfuhr. Freiberg hatte es sich auf dem Vordersitz bequem gemacht, die Kopfstütze justiert und den Gurt so sorgfältig angelegt, als ob er sich in unbekannte Tiefen abseilen wollte.
    Beim Einsteigen hatte er nur kurz gesagt: »Ich habe da etwas Interessantes auf dem Band gefunden – muß aber noch darüber nachdenken. Ahrens, diesmal in Euskirchen auf die Autobahn. Bitte sachte mit der Fliehkraft, die kleinen grauen Zellen dürfen nicht unnötig geschüttelt werden.«
    »Geht klar, Chef!«
    Freiberg legte sich zurück und empfand das Brummen des Motors und das Surren der Räder als wohltuend entspannend. Lupus getraute sich nicht, einen seiner Zarah-selig-Gesänge anzustimmen. Freiberg griff noch einmal zur Seite, und reichte ihm die Aktentasche nach hinten. »Nimm die beiden Zettel heraus und lies, was ich heute nacht aufgeschrieben habe. Lies genau und denk lange darüber nach! Ab Mechernich bin ich ansprechbar.«
    Der Kommissar wollte versuchen, etwas abzuschalten. Vor seinen geschlossenen Augen tanzten immer noch nächtliche Buchstabenreihen ohne Absätze von oben nach unten, von rechts nach links. Tausende von Zeichen. Alles mit der Hand notiert – und dann den einen entscheidenden Abschnitt vor dem Einschlafen mit der alten Schreibmaschine übertragen. Ein Bandstück, das möglicherweise eine neue Perspektive eröffnete. Ein paar hundert Schriftzeichen, die vielleicht alles oder auch nichts bedeuten konnten, wenn sich bei dem Ortstermin nicht neue Erkenntnisse gewinnen ließen. Die auf dem Schreibband silbrig schimmernden Buchstaben hatten beim Aufschlag des Kugelkopfes ihren dunklen Farbstoff auf ein Papier übertragen, das zumindest einmal existiert hatte. Ob und wie davon Gebrauch gemacht worden war und mit welchen Folgen, darüber schwieg das Band.
    Die Mitfahrer ahnten, daß ihr Chef nicht den Schlaf suchte, sondern mit seinen Gedanken allein sein wollte. Vorsichtig öffnete Lupus das Schloß der Aktentasche, um ihn nicht durch das metallische Klicken zu stören. Dann hatte er zwei Bögen in der Hand, deren Schriftbild sich nicht gerade durch Schönheit auszeichnete.
    Keine Anschrift, kein Datum. Lupus las:
    »Auch wenn Sie es in vorgerückter Stunde gesagt haben, so hat es doch nicht nach einem Scherz geklungen. Manch einer würde es sich etwas kosten lassen, von solch einer erfreulichen Entwicklung betroffen zu sein; dafür könnte man schon ein Jahresgehalt opfern. So ähnlich waren wohl Ihre Worte, die ich durchaus nachempfinden kann. Ganz sicher hat die Beförderung Ihres Gatten neben dem gesellschaftlichen Aspekt auch eine für Sie persönlich nicht so wichtige materielle Seite. Nur noch ein unvorhergesehenes Ereignis könnte die Unterzeichnung der Ernennungsurkunde verhindern. Solch ein Ereignis nicht eintreten zu lassen liegt gewiß in unserem beiderseitigen Interesse. Insoweit müßte ein Weg gefunden werden, der in diesen entscheidenden Tagen ein Scheitern Ihrer bisher leider kinderlosen Ehe nicht offenbar werden läßt. Mir fiele es sehr viel leichter,

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