Jagdhunde (German Edition)
Modellautos und was er sonst noch alles sammelte.«
»Erinnern Sie sich an den Cecilia-Fall?«, fragte Line.
In dem blassen Gesicht der Frau zuckten ein paar Muskeln, ihre Stirn legte sich in Falten. »Sie verschwand in dem letzten Sommer, in dem wir zusammen waren«, antwortete sie nickend.
»Hat Jonas jemals über diese Sache gesprochen?«
»Er hat über gar nichts gesprochen.«
»Aber er kannte doch den Mann, der wegen ihrer Ermordung verurteilt wurde?«
Maud Svedberg drückte sich gegen den Sesselrücken. Ihre Augen wurden größer. Verneinend schüttelte sie den Kopf.
»Rudolf Haglund«, sagte Line, um sie an den Namen zu erinnern.
»Nein.«
Jetzt schüttelte Line den Kopf. »Sind Sie sicher?«, fragte sie.
Die zart gebaute Frau erhob sich. »Wir haben fast zwei Jahre zusammengelebt«, sagte sie. »Aber trotzdem habe ich ihn nie richtig kennengelernt. Er stellte mich nie jemandem vor und sprach auch nie über Freunde oder Bekannte, obwohl ich genau weiß, dass er welche hatte. Manchmal rief er jemanden an, wollte aber nicht, dass ich dabei zuhöre.«
Maud Svedberg hatte beim Sprechen den Raum durchquert und öffnete eine Kommodenschublade. Sie nahm einen braunen Umschlag heraus und legte ihn vor Line auf den Tisch, wie um andeuten zu wollen, dass das Gespräch beendet sei.
»Hier ist er«, erklärte sie und zeigte auf den Namen von Lines Vater.
Line nahm den Umschlag vom Tisch und befühlte ihn. Er wog fast nichts. Der Inhalt war rechteckig mit geraden Kanten, wie eine kleine feste Schachtel.
»Darf ich sehen, was er Ihnen geschrieben hat?«, fragte Line.
Die Frau trat zurück an die Schublade, nahm einen weißen Bogen heraus und reichte ihn Line.
Die Buchstaben waren eckig und das Ganze war offenbar in aller Eile geschrieben worden. Es gab nicht mehr zu lesen, als was Maud Svedberg bereits am Telefon verraten hatte. Dass er an sie denke und sie gerne einmal in Schweden besuchen würde, doch dass sie ihm bis dahin einen Gefallen tun müsse und auf das beiliegende Päckchen achten solle. Es gebe vieles, was er ihr gerne erzählen würde, doch das müsse warten. Und falls ihm etwas geschehen sollte, müsse sie dafür sorgen, dass das Päckchen an Polizeikommissar William Wisting in Larvik übergeben werde.
Line gab den Brief zurück.
»Wollen Sie’s nicht aufmachen?«, fragte Maud Svedberg.
Eigentlich hatte Line warten wollen, bis sie wieder im Wagen säße, begriff aber, dass die Frau genauso neugierig wie sie selbst war und dass sie deshalb das Päckchen sofort öffnen musste.
Sie riss das Papier an einer Seite auf und ließ den Inhalt in ihren Schoß fallen. Es war eine Kassette. Eine kleine Videokassette.
74
Der Abgleich der Fingerabdrücke benötigte einige Zeit. Ganz oben auf dem Umschlag hatte Finn Haber einen schleifenförmigen Abdruck gefunden, der für die Identifizierung geeignet war. Nun mühte er sich damit ab, diesen mit den Abdrücken auf dem Entlassungsschreiben zu vergleichen. Zunächst schloss er die Abdrücke aus, die von Wisting stammten, und begann dann, nach einem passenden Gegenstück zu suchen.
Als Wisting gegen halb zwei wieder fuhr, saß Finn Haber noch immer über den Küchentisch gebeugt da. Auf dem Heimweg fuhr Wisting am Goldenen Frieden vorbei und sah Suzanne die Tische abräumen, ging jedoch nicht hinein. Stattdessen fuhr er nach Hause und legte sich ins Bett. Was er heute im Laufe des Tages erlebt hatte – die Begegnung mit Haglund, die Vernehmung durch die Spezialeinheit und die gefundenen Fingerabdrücke –, war viel zu komplex, als dass er Lust darauf hatte, Suzannes Rückkehr aus dem Café abzuwarten und ihr alles mitten in der Nacht zu erklären. Außerdem war er ziemlich erschöpft.
Er wachte später als gewöhnlich auf und bereitete Kaffee mit der Maschine. Der Wind hatte nachgelassen und auch der Regen hatte im Laufe der Nacht aufgehört. Noch immer allerdings hingen schwere Wolken in der Luft, die von Feuchtigkeit durchdrungen war.
Als das Telefon klingelte, dachte Wisting, es sei Haber, doch Line war am Apparat.
»Ich bin auf dem Rückweg von Schweden«, erklärte sie. »Ich hab dein Päckchen bei Maud Svedberg abgeholt.«
Wisting erstarrte und blieb mit der Kaffeetasse mitten im Raum stehen. »Ich nehme mal an, du hast es aufgemacht?«, fragte er.
»Allerdings.«
»Und?«
»Da ist eine Videokassette drin.«
»Ein Film?«
»Eine V8-Kassette. Ich hab schon mal etwas recherchiert. Das ist ein altes Format, das vor fünfzehn oder zwanzig
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