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Jagdhunde (German Edition)

Jagdhunde (German Edition)

Titel: Jagdhunde (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jørn Lier Horst
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rein war.«
    »Etwas Ungesetzliches? Was könnte das sein?«
    Christianne Grepstad schüttelte den Kopf und griff nach einem Brötchen. »Keine Ahnung. Es war nur so ein Gefühl, aber ich glaube, er verbarg irgendwas.«
    »Inwiefern?«
    »Er hatte die Hände unter der Regenjacke. Als hätte er etwas festgehalten und nicht gewollt, dass es nass wird.«
    Line gab Zucker in ihren Tee, rührte um und stellte sich vor, wie Jonas Ravneberg im Regen stand und wartete. »Sind Sie jemandem begegnet?«, fragte sie und nahm einen Schluck Tee. »Als Sie weitergegangen sind?«
    Die Frau überlegte kurz, schüttelte aber den Kopf. »Nicht dass ich wüsste, aber an ihn kann ich mich gut erinnern. Ich hatte ein unangenehmes Gefühl. Als würde er mir nachstarren. Mir ist das nicht etwa erst jetzt in den Sinn gekommen, nachdem ich weiß, dass er tot ist. Ich habe es gleich bemerkt. Ich weiß noch, dass ich mich umdrehte, um nachzusehen, ob er mir folgt. Aber er stand bloß da und sah mir nach.«
    Der Becher des Jungen landete erneut auf dem Fußboden. Diesmal ließ die Frau ihn liegen.
    »Er geht bald ins Bett«, erklärte sie.
    »Wollte die Polizei noch etwas wissen?«, fragte Line. Es war immer interessant zu erfahren, aus welchem Blickwinkel die Polizei ihre Zeugen befragte.
    »Sie haben mich dasselbe gefragt wie Sie, und dann musste ich noch angeben, was ich anhatte, wo ich entlanggelaufen bin, mit wem ich im Café war und wen ich sonst noch gesehen habe. Für die Ermittlungen, wie es hieß.«
    Line nickte. Die Unterhaltung verlagerte sich auf andere Themen. Die große Teetasse war nur zur Hälfte geleert, als Line aufstand und sich zum Gehen anschickte.
    Als sie aus dem Haus kam, hatte es wieder zu regnen begonnen. Mit eingezogenen Schultern überquerte sie die Straße.
    Erik Fjeld blickte sie gespannt an, während sie sich hinter das Lenkrad setzte. »Gibt’s was Neues?«, fragte er.
    »Eigentlich nicht«, erwiderte Line und schaltete das Navigationsgerät ein. »Sie hat Jonas Ravneberg mit dem Hund vor einer Buchhandlung in Gamlebyen gesehen.«
    »Und was hat er da gemacht?«
    »Er hat gewartet. Auf irgendwen oder irgendwas.«
    Erik Fjeld sagte nichts, während Line die kleine Karte auf dem Display studierte. Sie orientierte sich, erreichte die Hauptstraße und fuhr an einem Friedhof vorbei, bevor ein Straßenschild den Weg nach Gamlebyen anzeigte. Sie folgte den Anweisungen des Navis und fuhr durch eine Allee mit alten, kahlen Bäumen. Kurz danach wurde der Asphalt von Kopfsteinpflaster abgelöst, das im Licht der Straßenlaternen regenfeucht glänzte. Der unebene Straßenbelag ließ den Wagen erzittern. Gleich hinter dem Burgwall, der die alte Festungsstadt umkränzte, gab es einen großen offenen Platz, an dem sich die Straße teilte. Vis-à-vis standen vier alte, aneinandergebaute Holzhäuser. Im Erdgeschoss des größten Hauses lagen ein kleiner Friseursalon und ein Laden der Buchhandelskette Libris. Line fuhr an den Bürgersteig heran und schaute sich nach allen Seiten um. Eine kleine, dicke Frau mit rotem Regenschirm kam langsam näher.
    »Was willst du hier?«, fragte Erik Fjeld.
    »Ich weiß nicht genau«, entgegnete Line und blickte zurück auf die Straße, die sie hergeführt hatte. Wäre der Burgwall nicht im Weg gewesen, hätten sie direkt zu der Stelle hinübersehen können, an der Jonas Ravneberg ermordet worden war.
    Die Frau mit dem Schirm schaute im Vorbeigehen in den Wagen hinein. Hinter ihr kam ein junger Mann angelaufen, der eine Hand in das Innere seiner Jacke geschoben hatte. Als er näherkam, zog er einen dicken grauen Umschlag hervor, trat an den Eingang der Buchhandlung und warf den Umschlag in einen roten Briefkasten an der Wand.
    Line starrte ihm nach, während er weiterging. »Er hat etwas eingeworfen«, sagte sie.
    »Hab ich gesehen«, erwiderte Erik Fjeld.
    »Nicht er«, erklärte Line und schaute dem Mann mit der Windjacke nach. »Jonas Ravneberg. Kurz bevor er ermordet wurde, hat er etwas in den Briefkasten geworfen.«
    31
    Draußen vor dem Fenster war es dunkel geworden, ohne dass Wisting es bemerkt hatte. Die Nacht war zwar noch nicht ganz hereingebrochen, aber es dämmerte bereits stark.
    Er lehnte sich auf seinem Stuhl zurück, schloss die Augen und massierte sich mit Daumen und Zeigefinger die Nasenwurzel. Wisting musste sich eingestehen, dass es ihm an Konzentration mangelte. Er hatte sich zum Ziel gesetzt herauszufinden, welcher Polizeibeamte den DNA-Beweis eingeschmuggelt haben

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