Jagdhunde (German Edition)
Haber und nahm einen Schluck Kaffee aus der Tasse, die einen braunen Kreis auf dem Zeitungsfoto hinterlassen hatte. »Er hatte nie eine Freundin oder so was und war auch nie dabei, wenn wir am Wochenende ein Bierchen getrunken haben oder in die Stadt gegangen sind. Als hätte er sich vor uns verstecken wollen.«
Wisting blickte noch einmal auf das Zeitungsfoto und stellte fest, dass er Frank Robbek mit neuen Augen betrachtete. Dann ließ er den Blick über die anderen Polizisten gleiten, bevor er wieder zu Robbek zurückkehrte.
Er musste unbedingt mit ihm reden.
39
Der Gipsabguss war perfekt. Zum ersten Mal an diesem Tag lächelte Finn Haber und schien offenbar erfreut, dass er seine alten Künste noch nicht verlernt hatte.
Mit einer Bürste säuberte er den weißen Abguss. Es war eine exakte Kopie der Stiefelsohle, die den Abdruck im Matsch hinterlassen hatte.
»Sieht noch ziemlich neu aus«, konstatierte Haber. »Keine Abnutzungen. Unbeschädigte und vollständige Sohle. Könnte schwierig werden, die einem bestimmten Stiefel zuzuordnen.«
Wisting seufzte. Er hatte gehofft, jemanden mit dem Einbruch in Verbindung bringen zu können, wusste jetzt aber nicht genau, wozu er den Abguss gebrauchen könnte.
»Der Boden ist hier ziemlich salzhaltig«, erläuterte Haber und drehte sich zum Meer hin. »Wenn du den Mann findest, der hier gewesen ist, dann solltest du ein paar Erdreste von seinen Stiefeln untersuchen lassen. Eine Vergleichsanalyse würde dann gegebenenfalls schon einen ordentlichen Beweis abgeben.«
Wisting wickelte den Gipsabguss in einen Lappen und legte ihn in seinen Wagen. Haber nahm die Haarspraydose und die Tüte mit dem restlichen Gips. Dann setzten sie sich ins Auto. Das erste Stück auf dem Weg zurück zur Lotsenstation in Nevlunghavn fuhren sie schweigend.
»Steht er auf deiner Liste?«, fragte Haber, als sie die halbe Strecke zurückgelegt hatten.
»Wer?«
»Frank Robbek.«
»Ja, er steht auf der Liste der Menschen, mit denen ich reden möchte.«
Mehr wurde nicht gesagt, bis Wisting den Wagen vor der Garage am Ende der Straße anhielt.
»Danke für deine Hilfe«, sagte er.
Haber öffnete die Beifahrertür, blieb jedoch sitzen. »Ich habe was für dich«, sagte er.
»Was denn?«
»Etwas, das vielleicht interessant für dich sein könnte. Du musst aber mit reinkommen.«
Wisting folgte ihm hinunter zum Haupthaus. Wie beim letzten Mal stellte Haber seine Stiefel auf der Kellerluke ab. Wisting behielt die Schuhe an und ging mit Haber hinein.
Sie durchquerten den Flur und betraten das Arbeitszimmer, wo Haber den Gips aufbewahrte.
»Da vorn«, sagte Haber und zeigte auf einen hohen Schrank weiter hinten im Raum.
Wisting trat ein paar Schritte näher. Hinter ihm stellte Haber die Ausrüstung zur Herstellung von Gipsabgüssen wieder an ihren Platz.
»Ich weiß nicht, ob du damit was anfangen kannst«, sagte er und ging an Wisting vorbei zum Schrank. »Aber ich habe gesehen, dass du alle Kopien vom Cecilia-Fall in der Hütte hast.«
Er öffnete den Schrank. Der Inhalt unterschied sich nicht von den anderen Gegenständen, die auf den Regalen im Zimmer verteilt waren. Aktenordner, Bücher und Zeitschriften. Im obersten Fach standen ein paar niedrige, aber breite Pappschachteln. Haber nahm die mittlere heraus und trug sie zum Schreibtisch.
»Ich jedenfalls habe keinen Gebrauch mehr dafür«, sagte er.
»Was ist das?«
»Übrig gebliebene Fotos von der Cecilia-Sache.« Er öffnete die Schachtel.
Wisting sah hinein. Es mussten einige Hundert Fotos sein, die aufrecht in drei Reihen nebeneinanderstanden. Mit Trennbögen waren sie nach Datum und Aufnahmeort sortiert worden.
»Als ich aufhörte, hätten die eigentlich makuliert werden sollen«, sagte Haber und deutete auf den Schrank. »Aber ich hab’s nicht über mich gebracht. Irgendwie steckt ja mein halbes Leben in diesen Schachteln. Ich habe alles dokumentiert, woran ich beteiligt war. Eigentlich wollte ich ein Buch darüber schreiben und die Fotos dabei verwenden, aber daraus ist nie was geworden.«
Wisting ließ den Finger über die Fotos gleiten und zog eine zufällige Auswahl aus der Sektion heraus, die mit Klinische Untersuchung 30/7 beschriftet war. Es waren Bilder von Rudolf Haglund in einem Untersuchungszimmer des Krankenhauses, die gemacht worden waren, um Verletzungen zu dokumentieren, die Cecilia Linde dem Täter vielleicht zugefügt hatte. Nagelspuren, Bisse oder Ähnliches. Die Untersuchung war ergebnislos verlaufen.
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