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Jagdopfer

Jagdopfer

Titel: Jagdopfer Kostenlos Bücher Online Lesen
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schon mal in dem neuen Café an der Ecke gewesen?«, fragte Barnum. Joe nickte. Marybeth traf sich dort gern während seiner Frühstückspause mit ihm - auf einen Kaffee und ein paar Riesenmuffins.
    »Das ist ein prima Laden«, sagte Barnum in aller Ruhe. »Obwohl die Besitzer ja ein bisschen dämlich sind. Hippie-Establishment oder so was. Sind aus Kalifornien hergezogen. Sie schminkt sich nicht und rasiert sich auch nicht die Beine. Ich weiß nicht, was sie damit sagen will. Er war Ingenieur in der Computerbranche oder so, bevor er seinen Aktienanteil verkauft hat. Die beiden essen nur vegetarisch.«
    Barnum erschien Joe sehr müde. Das Gesicht des Sheriffs war blassgrau, und er hatte Säcke unter den Augen.
    »Heutzutage gibt’s ja unglaublich viele Kaffeesorten.« Barnum betrachtete seinen großen Plastikbecher. »Das hier ist Jaba-Java aus Äthiopien. Ich hab immer gedacht, es gäb nur einen Kaffee. Den in der großen roten Dose mit’nem kleinen mexikanischen oder kolumbianischen Bauern drauf. Jetzt gibt’s plötzlich hundert verschiedene Sorten. In dem Laden wird jeden Tag ein neuer, ganz besonderer Kaffee angepriesen. Ich probier täglich einen anderen und versuche, all die Jahre wettzumachen, in
denen ich kaffeekulturell auf Tauchstation war. Keine Ahnung, warum Alkohol und Tabak jetzt schlecht sind und Koffein-Hämmer plötzlich gut. Das geht über meinen Horizont, und ich fühl mich alt dabei.«
    Er hielt Joe den Becher zum Probieren hin. Der nahm aus Höflichkeit einen kleinen Schluck. Barnum hatte etwas entwaffnend Sympathisches.
    Joe nickte.
    »Richtig gut, nicht? Wer hätte gedacht, Kaffee könnte aus Afrika kommen? Der einfache, alte Kaffee aus Amerika ist eben nicht mehr gut genug für uns, schätz ich.«
    Joe war verlegen. Darum kam er gleich zur Sache. »Darf ich Ihnen eine Frage zum Mord an den Ausrüstern stellen?«
    »Worum geht’s genau?« Barnum setzte sich etwas aufrechter hin und sah Joe an. Die schweren Lider schienen ihm dabei fast zuzufallen.
    Joe wollte antworten, aber Barnum fing wieder an.
    »Erst muss ich wissen, in wessen Lager Sie stehen.«
    »In wessen Lager?«
    »In Wacey Hedemans oder in meinem? Der Kerl kandidiert gegen mich. Ihr Kumpel.«
    »Ich bin neutral«, sagte Joe wahrheitsgemäß. »Ich hab dazu keine Meinung.«
    Barnums Gesichtsausdruck blieb immer gleich, und Joe hatte keinen Schimmer, was der Sheriff dachte. Das war zermürbend.
    »Bleiben Sie dabei«, warnte Barnum.
    »Das hab ich vor.«
    »Ich werd die Wahl verlieren«, sagte der Sheriff nüchtern. »Ich kenn mich lang genug aus - das ist meine letzte Amtszeit. Auch wenn es niemandem sonst klar ist.«

    Joe hatte keine Ahnung, was er darauf antworten sollte. Bud Barnum sollte nicht mehr Sheriff von Twelve Sleep County sein? Das konnte er sich nicht vorstellen. Und Barnum ganz offensichtlich auch nicht.
    »Ich weiß nicht, was ich danach tun werde«, sagte der Sheriff. »Vielleicht gibt mir der Gouverneur einen Job, aber dann müsste ich nach Cheyenne ziehen. Wahrscheinlich bleib ich einfach hier und trink Unmengen Kaffee.«
    Joe wandte halbherzig ein, es seien doch noch anderthalb Monate bis zur Wahl. Da könne doch noch alles Mögliche passieren. Barnum nickte matt.
    »Sie hatten eine Frage.«
    »Ich wüsste gern etwas über den Stand der Ermittlungen.«
    »Den Stand der Ermittlungen«, sprach Barnum ihm nach und setzte dabei eine theatralisch verdutzte Miene auf. »Der ist eindeutig. Die kriminaltechnische Untersuchung durch die Polizei von Wyoming hat erwiesen, dass alle drei Mississippi-Schweine mit der gleichen halbautomatischen 9-mm-Pistole aus der Nähe erschossen worden sind. Diese Pistole wurde bei Mr Clyde Lidgard gefunden. Und zwar von Hilfssheriff McLanahan, von Ihnen und von Mr Hedeman. Lidgard liegt in kritischem Zustand in Billings im Krankenhaus und hat das Bewusstsein nicht wiedererlangt. Die Ärzte in Montana sagen jeden Tag, er werde die Nacht nicht überstehen, aber bis jetzt hat er’s noch immer geschafft. Wenn Mr Lidgard nicht wieder zu Bewusstsein kommt und uns eine Geschichte erzählt, die von dem abweicht, was wir schon wissen, ist der Fall so gut wie abgeschlossen.«
    Joe wartete auf mehr. Es kam nicht mehr.

    »Wenn Clyde Lidgard stirbt, endet die Untersuchung also«, sagte Joe.
    »Es sei denn, es gäbe irgendeinen neuen Anhaltspunkt, um sie wieder aufzurollen«, sagte Barnum. »So einfach ist das.«
    Joe nickte. »Ist sein Wohnwagen untersucht worden?«
    In Barnums Stimme lag nun

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