Jagdopfer
Schoß.
So ein dreifacher Chili-Cheeseburger von Burg-O-Pardner an der Hauptstraße war schon eine verdammt leckere Sache. Die wussten wirklich, wie man Hamburger macht.
Er wischte sich mit dem Handrücken über den Mund und musterte sich kritisch im Rückspiegel. Trotz allem mochte er, was er da sah.
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Der erste Hinweis auf das Miller-Wiesel stammt von Captain Meriwether Lewis, der mit William Clark 1804-06 im Auftrag von US-Präsident Thomas Jefferson eine Forschungsreise an den Oberlauf des Missouri und in die Rocky Mountains leitete, bei der eine schiffbare Route vom Atlantik zum Pazifik gefunden werden sollte. In seinem unter dem Titel »Journals of the Lewis and Clark Expedition« erschienenen Reisebericht wird das Wiesel nicht sehr eingehend beschrieben. Die Forscher waren auf kleine Kolonien dieser »so erfreulich anzuschauenden Thiere« gestoßen, und zwar kurz hinter Three Forks - heute ein Ort in den Bergen von Montana -, wo drei Quellflüsse des Missouri zusammenkommen. Die Expedition folgte dem Jefferson River durch die Rocky Mountains. Wie Präriehunde (Erdhörnchen, die mit Murmeltieren und Eichhörnchen verwandt sind) gruben die Wiesel sich Baue, und zwar - wie sich bald herausstellte - entlang der Wanderrouten der Bisons. Benannt wurden die Tiere nach Rodney »Mandan« Miller, der rechten Hand des Landvermessers der Expedition, der sich den Knöchel verletzte, als er in einen der Baue stolperte. Lewis schrieb, die Tiere stünden manchmal in dichten Gruppen auf den Hinterläufen und stießen einen Warnschrei aus, wenn die Reisenden sich näherten. Die Miller-Wiesel seien »muntere kleine Begleiter am Weg« und würden sich vor allem am Aas der Bisons »gütlich thun«. Wenn die Expedition einen Stier oder eine Kuh als Verpflegung geschossen habe, versammelten sich die Wiesel am nächsten Tag und warteten geduldig, bis die
großen Raubtiere - Wölfe, Kojoten, Adler und Geier - die Kadaver abgefressen hätten. Dann würden sie sich über das hermachen, was übrig geblieben sei. Die Wiesel fräßen Fleisch, Fell und Eingeweide der Bisons. Wie es seine Gewohnheit war, zeichnete Lewis erst eine Skizze, schoss dann einige Wiesel, zog ihnen das Fell ab und legte die Kadaver in Salz ein, damit sie nach seiner Rückkehr für wissenschaftliche Untersuchungen zur Verfügung standen.
Langsam dämmerte der Abend herauf. Im kupfernen Licht der strahlend sinkenden Septembersonne fuhr Joe nordwärts nach Saddlestring zurück. Er hatte das Seitenfenster halb runtergekurbelt, damit er den süßen, trockenen Geruch des Salbeis einatmen konnte, der als endloser Wuschelteppich die weite Ebene ringsum zwischen Casper und Waltman bedeckte. Auf der zweispurigen Schnellstraße war nur wenig Verkehr. Gleich würde die Sonne hinterm Horizont verschwinden. Genau zu dieser Tageszeit kamen Rotwildrudel lautlos aus der Deckung der tief eingeschnittenen Bachbetten und des hohen Salbeigestrüpps. In diesen wenigen magischen Minuten schickte die Sonne ihre letzten kraftvollen Strahlen ganz flach über die Ebene und ließ das braunweiße Fell von Hunderten von Pronghorns aufleuchten. Die sonst im grauen Gebüsch verborgenen Tiere waren jetzt für kurze Zeit den Blicken ausgesetzt. Gleich schon würde das grelle Abendlicht verlöschen - und mit ihm die eigentümliche Beleuchtung der Pronghorns. Dann würden die Tiere wieder in den gedeckten und melierten Farben dieser Landschaft verschwinden, als gäbe es sie gar nicht wirklich.
Joe kurbelte sein Fenster ganz runter und schaltete das
Radio aus. Es gab nicht mehr viele Ecken in Nordamerika, wo man fast völlig allein und unerreichbar sein konnte - hier aber doch. Seit ein paar Minuten hatte er den einzigen verbliebenen Radiosender nicht mehr empfangen können, und der Suchlauf war wie ein Glücksspielautomat erfolglos durch alle Frequenzen gehuscht. Joe befand sich jetzt in der Gegend, die Wacey »Radio Freies Wyoming« nannte, und daran würde sich für mindestens eine halbe Stunde nichts ändern. Er hatte vor, durchzufahren und nur zum Tanken zu halten, denn er wollte um Mitternacht zu Hause bei Marybeth sein.
Ein merkwürdiges, fast ausgelassenes Gefühl überkam ihn. Er hatte in Wyoming schon Tausende von Sonnenuntergängen gesehen, doch aus irgendeinem Grund ging ihm dieser hier nah. Seine Gefühle taumelten wie der Suchlauf zwischen Schuld, Erleichterung und unverhohlenem Zorn umher. Er verspürte Schuld darüber, dass er Marybeth und seine Familie enttäuschte;
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