Jagdzeit
zubereitete, und sie war eine großartige Köchin, tat sie das nicht, um ihren Freundinnen oder ihrem Mann oder ihren Kindern eine Freude zu machen. Sie tat es nur, um den Mythos zu verewigen, dass sie die beste Köchin der Stadt war. Genauso war es im Bett. Sie war meistens scharf oder tat zumindest so. Aber nicht, um ihn glücklich zu machen, Ken wusste das, oder weil sie wirklich Spaß daran hatte. Sie wollte nur ihren Ruf ihm gegenüber aufrecht erhalten und damit schließlich allen gegenüber, denn jeder Mann mit einer geilen Alten gibt früher oder später mit ihr an.
Ken drehte den Hahn zu und trocknete sich ab. Für Helen war er bloß ein Hilfsmittel, um ihr eigenes Image aufzupolieren und ihr einen Platz vor den anderen Ehefrauen zu sichern.
Dann dachte er, scheiß drauf, Schluss mit der Nölerei. Er war besser dran als die meisten. Er konnte jedes Jahr da raus. Raus und so richtig die Sau rauslassen, ohne dass irgendein Schwanz davon erfuhr. Er konnte den liebenden Vater und geduldigen Ehemann spielen und geschäftlich davon profitieren, und dann jedes Jahr für mindestens drei Wochen verschwinden und alles nur Erdenkliche tun, was sich andere Männer nur in ihren wildesten und flüchtigsten Träumen vorstellen konnten.
Einmal im Jahr durfte er ein wirklicher Mann sein, genetisch, instinktiv und, genötigt durch die trostlosen Ketten der Gesellschaft im Verein mit dem hysterischen Gekeife emanzipierter Weiber, auch psychisch. Er durfte ein wildes, reißendes Tier sein, ein rohes sexuelles Tier und gleichzeitig ein verschwiegener, verdrehter, komplexer, moderner Mann, der sich schamlos jeder noch so krankhaften Perversion hingeben kann, die ihm in den Sinn kommen mag.
So hatte er sein Leben eingerichtet. So hatten es Art und Greg gemacht. Vom ersten Tag an, als sie sich im College kennen gelernt hatten. Das war das eiserne Band zwischen ihnen. Sie konnten sich kranksaufen, sie konnten gemeinsam Teenager durchnudeln, die kaum älter als ihre eigenen Töchter waren, und mit einer Wildheit jagen, von der andere Männer nur zu träumen wagten.
Ken kam aus dem Badezimmer zurück und sagte: „Alles klar!“ Und Helen und ihrem gottverdammten Gesellschaftsleben und seinem Firmenchef und jedem anderen rechtschaffenen Versager zum Hohn, stellte er sich mit gespreizten Beinen und nackt und geil wie vorher Greg hin und nahm zwei tiefe Züge Bourbon direkt aus der Flasche. Dann zog er sich an und sie gingen alle in den Speisesaal.
6
Es war zehn nach drei, als Nancy aufwachte. Martins ruhiger, rhythmischer Atem neben ihr verriet, dass sein Schlaf tief und sorglos war. Sie waren seit Mittag sehr schnell gefahren, ohne zum Essen haltzumachen, und es war spät und folglich dunkel gewesen, als sie die Mackinac Straits überquert hatten. Sie hatte überhaupt nichts sehen können und war bitter enttäuscht. Sie waren im Trilake Motel eingekehrt, anstatt bis Sault Sainte Marie durchzufahren. Martin hatte versprochen, dass sie am Morgen gleich aufbrechen und bis nach Kanada fahren würden. Der Speisesaal war fast leer gewesen, als sie zum Abendessen gingen. Danach wäre Nancy gerne in der kalten Nachtluft spazieren gegangen, hätte den See betrachten wollen und danach in die Cocktailbar zurückkehren und dem schwarzen Pianisten zuhören, der gut war. Aber Martin konnte nur ans Bett denken. Sie hatte nachgegeben.
Nun tat ihr Körper weh von seinem sturen, mechanischen Liebemachen, das er für sie noch vollends verdorben hatte, indem er dauernd triumphierend nach Bestätigung verlangt hatte. War es gut, machte es ihr Spaß, hatte sie bemerkt, wie lange sie es diesmal getan hatten? Es war eine Art Stammtisch-Exhibitionismus, der sie mit dem Gefühl zurückließ, missbraucht worden zu sein. Beim letzten Mal hatte er eine Ewigkeit gebraucht, und als er endlich fertig war, war er auf ihr eingeschlafen. Aber es war weder ihre Enttäuschung über seine Einstellung noch ihr geschundener Körper oder ihrer beider langsam trocknender Schweiß, der sie wach hielt. Es war die Angst, beim Fremdgehen erwischt zu werden. Die ganze Nacht hatte ihr Herz im Wechselrhythmus dieser quälenden, wirren Visionen unruhig geschlagen.
Die Kinder, ging es ihnen gut, oder wäre dies das eine Mal, wo eines von ihnen einen so ernsten Unfall hätte, dass Eddie ihrer Mutter ein Telegramm schickte und so entdeckte, dass sie gar nicht dort war? Oder wusste er es schon? Hatte er es geahnt oder ihre Lügen durchschaut, noch ehe sie das Haus verlassen
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