Jagdzeit
Gut im Gebüsch verborgen, bewegte er sich zum Westende der Mühle und zu der Lichtung zwischen Rampe und Mauer, einer offenen Fläche von etwa dreißig Yards. Er wurde sich plötzlich bewusst, dass er sich beeilen musste, denn sie war vielleicht eine von den Unvorsichtigen und stürzte einfach los. In diesem Spiel überließ man besser nichts den anderen. Jeder tat sein Bestes. Auf die Art war noch nie was schief gegangen.
Die Sekunden zogen sich, wurden zu Minuten. Er schwitzte stärker. Kalter Schweiß. Schließlich wurde die Lichtung durch das Gebüsch hindurch sichtbar, das er vorsichtig auseinanderschob. Dahinter war die Rückseite der Mühle, gähnte die schwarze Öffnung des Doppeltors.
Keine Spur von Nancy.
Warte mal. Doch. Da war sie. Eine kleine Gestalt bewegte sich im Schatten. Natürlich, sie hatte doch dieses rot-schwarz karierte Hemd von Ken an. Und seine Stiefel, die ihr zu groß waren, und die Hose, mit einem alten Lederriemen hochgebunden.
Sie war tatsächlich bewaffnet. Hatte das Gewehr im Arm und stand bewegungslos da, horchte und rechnete sich ihre Chancen aus.
Er blickte auf und sah Greg auf der anderen Seite der Lichtung, vor ihr verborgen durch den dicken Stamm einer Buche. Sein Gewehr war gegen den Boden gerichtet und eng an seine Seite gepresst, um seine Silhouette schmaler zu machen. Greg grinste und machte ein kurzes Handzeichen. Auch er hatte sie gesehen.
Sie würden sie herauskommen lassen, er würde sich in ihren Rücken begeben und Greg nach vorne gehen lassen, um sie zwischen ihnen beiden in die Zange zu nehmen. Verdammte Flinte, konnte sie nun damit umgehen oder nicht? Egal, sie konnte ja nicht in zwei verschiedene Richtungen gleichzeitig sehen.
Jetzt stand sie genau in der Toröffnung. Er könnte einen Schuss riskieren. Aber wenn er sie verfehlte, würde sie sich wieder ins Innere zurückziehen und das würde Nachtwache und wer weiß was noch bedeuten. Außerdem, wo blieb der Spaß, wenn man sie erwischte, ohne dass sie es wusste? Selbst dieser Trottel Martin hatte ein oder zwei Sekunden gehabt. Gerade den letzten kurzen Moment, um zu erkennen, dass er die Sache vergeigt hatte.
Sie kam langsam heraus, erst Schritt für Schritt, dann schneller. Bis zur Mauer waren es dreißig Yards, weitere dreißig bis zum Wald. Wenn sie geradeaus ging. Wenn sie zur Seite hin abbog, war die Entfernung kürzer. Sie beschloss, geradeaus zu gehen, drehte sich zweimal nach der Mühle um und fing schließlich an zu laufen.
Bei einer Entfernung von fünfundzwanzig Fuß zur Steinmauer trat Art aus der Deckung und gab einen Warnschuss ab. Die Kugel schlug direkt vor ihr in den Boden ein. Nancy sprang hoch, drehte sich wild herum, versuchte überall gleichzeitig hinzusehen, hielt schließlich inne und wagte es nicht, sich zu bewegen.
Art kam aus dem Gebüsch und lief schnell auf die Mühle zu, im seitlichen Krebsgang, um sie nicht aus den Augen zu lassen. Wegen ihres Gewehrs brauchte er sich keine Sorgen zu machen. Nicht für die nächsten Sekunden. Sie war im Augenblick zu überrascht, um die Waffe zu heben, und Greg würde ihm Deckung geben. Bis sie sich an das Gewehr erinnerte, bis sie es aus ihren Armen gelöst hatte, würde er sich im dunklen, schützenden Mühleninneren befinden, der sicheren Zone, die sie eben verlassen hatte.
Und dann sagte Greg: „Nancy! Hallo, Süße.“ Und schlenderte ein paar Schritte von der Buche weg, bereit, in Deckung zu gehen, falls sie feuerte. „Willst du nicht auf mich schießen?“ Er stand da, provozierend, und gab wie nebenbei einen Schuss ab, der neben ihr einschlug.
Sie sah grauenvoll aus, die Kleider zerrissen und blutig, ihr Gesicht ein blauschwarz geschlagenes unmenschliches Etwas. Alles Blut, das noch in ihr war, strömte auf den Schreck hin in ihren Magen, und ihr Mund wurde kalkweiß.
„Los, Nance. Kämpfe ein bisschen. Vielleicht erwischst du einen von uns.“
Greg drückte wieder ab, und sie ballerte los. Sie riss das Gewehr hoch und ihr Finger straffte sich. Aber Art feuerte auch, und sie fuhr bei seinem Schuss herum und schoss in die Finsternis der Mühle anstatt auf Greg, lud nach und wandte sich wieder zu Greg um. Es war zu spät. Sie schoss, zerfetzte aber nur Gebüsch und Baumstämme. Greg war wieder hinter der Buche in Deckung.
Art kam ein paar Schritte aus dem Schatten heraus und fragte sich, warum sie nicht zur Mauer lief und runtersprang. Dort wäre sie zumindest teilweise geschützt gewesen.
Dann kam Greg auch wieder hervor.
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