Jahrestage 2: Aus dem Leben von Gesine Cresspahl (suhrkamp taschenbuch) (German Edition)
Baltimore, mit Hilde Weißner
Premiere, mit Zarah Leander
Rote Orchideen, mit Olga Tschechova
Zwischen Haß und Liebe, mit Barbara Stanwyck (U. S. A., nicht jugendfrei).
Was waren das für Filme?
»Rote Orchideen sind die Lieblingsblumen einer großen Sängerin, die von Olga Tschechova dargestellt wird. Rote Orchideen spielen in der Filmhandlung, die sich um Werkspionage und die Entlarvung der wirklichen Verbrecher dreht, eine Rolle, denn sie sind das Versteck für einen Geheimcode, um dessen Besitz es dem Ingenieur Nica geht. Mit diesem Dokument kann er seine Unschuld und die eines Freundes und Kameraden nachweisen. Er ist bereits wegen Landesverrats zum Tode verurteilt. Es gelingt ihm nach vielen Schwierigkeiten. Die Sängerin steht ihm dabei zur Seite, aber gerade sie hätte, als sie für einen Augenblick in ihrem Glauben an Nica schwankend wurde, beinahe alles verdorben … Camilla Horn wird für eine gefährliche Spionin eingesetzt und Ursula Herking ist wie immer apart.« (Lübecker General-Anzeiger.)
Nebel in London.
Der Verdienst an den Flughafenbauten war für Cresspahl nicht weitergegangen. Schlachter Klein lieferte Fleisch für die Besatzung, Papenbrock buk das Brot, die Gastwirtschaften verdienten an den Wochenenden der Soldaten. Die Hotels in Rande, früher längst eingemottet um diese Zeit, waren dicht belegt, mit Lehrgängen, Ehefrauen, Filmabenden der N. S. D. A. P. Schneider Pahl ließ seine Geschäftsanzeige täglich an anderen Stellen des Gneezer Tageblattes laufen und wartete auf den Augenblick, in dem sie einem Offizier auffallen würde; das Tuch hatte er schon. Die Geschäftswelt Jerichows hatte die Ankunft der Truppe in einem gemeinschaftlichen Inserat begrüßt. Die Kirche verkaufte Grundstück nach Grundstück um Jerichow. Baumeister Köpcke hatte Aufträge für Ferienvillen an der Steilküste, er kam kaum hinterher; die Holzarbeiten waren an Böttcher in Gneez vergeben. Cresspahl arbeitete nur noch mit Alwin Paap und einem Junggesellen; Kliefoth hatte seinen neuen Bücherschrank nun doch nicht in Wismar bestellt. Die anderen Aufträge waren kleines Zeug, Pusselei.
Cresspahl hatte Zeit zum Spazierengehen. An den Abenden waren manchmal er und uns’ Lisbeth auf der Strandpromenade in Rande zu sehen, schweigsame Gänger, die das Gesicht zur wühlenden See hin hielten. Es wurde ihnen nicht als großstädtisches Gehabe verdacht, sondern als Erinnerung an das Jahr 1931, als sie da heimlich gegangen waren, Liebesleute, über die Louise Papenbrock nicht viel zugetragen wurde.
Die Japaner hatten Hankau eingenommen und besetzt.
Der Seewind hatte die Bäume nicht nur an der Küste, auch in Jerichow längst kahl gepflückt. Manchmal stand der alte Creutz auf seinen Zaun gestützt, wenn die Cresspahls zu dem Licht in ihrem Haus zurückkamen. Ob sie denn ihre Dahlien schon in den Keller genommen hätten: fragte er. Die Cresspahls hatten ihren Garten schon fast vollständig für den Winter aufgeräumt: sagten sie. Der Oktober müsse zwölf schöne Tage haben, wie der März: sagte Creutz. Ob es in diesem Jahr nicht doch nur elf gewesen seien: sagte Lisbeth Cresspahl, und Creutz hörte sie leise lachen. Sehen konnte er die beiden kaum in der Dunkelheit, aber er blieb unbesorgt stehen. Sie würden warten, bis er fertig war. Die Cresspahls waren immer verträgliche Nachbarn gewesen.
Im August hatten die Juden aus den Berufen von Maklern und Reisenden ausscheiden müssen. Darüber hatte Arthur Semig sich nun nicht mehr kränken müssen. Nun sollten sie nicht mehr als Rechtsanwälte arbeiten dürfen, und die ärztlichen Bestallungen waren ihnen auch genommen. Das war Arthur Semig erspart geblieben.
Es geschah Warning ganz recht, daß ihm die Spaten wie natürlich abbrachen, ohne die Spur eines Sägestrichs. Was machte das, wenn sein Zaun fast nur noch aus Löchern statt aus Latten bestand; so ein Stück Holz ist immer zu gebrauchen und gut verbrannt. Das Neueste war ja wohl, daß ihm das Pumpenleder geklaut war. Nicht mal sein Hund tat noch was für ihn. Zuchthäusler. Was er über Arthur gesagt hatte, das taten nur Zuchthäusler.
Nicht nur glänzen, leben soll das Leder. Mit Erdal halten die Schuhe länger und bleiben länger schön. Je-je-je. Leben soll das Leder.
Arbeitsscheue Landstreicher kommen ins Arbeitshaus. So ist das.
Was der Flugplatz Gutes tat für Jerichow. Manches kam erst spät heraus. Von den 64 Kindern, die Brüshaver bis jetzt in diesem Jahr getauft hatte, waren 13
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