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Jahrestage 2: Aus dem Leben von Gesine Cresspahl (suhrkamp taschenbuch) (German Edition)

Jahrestage 2: Aus dem Leben von Gesine Cresspahl (suhrkamp taschenbuch) (German Edition)

Titel: Jahrestage 2: Aus dem Leben von Gesine Cresspahl (suhrkamp taschenbuch) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Uwe Johnson
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sie bei den Tannebaums gewollt?
    Cresspahl, mich nehmen Sie nicht auf den Arm. Ich hab meine hundert Kilo. Lesen Sie denn keine Zeitung?
    Doch.
    Und heute nicht.
    Heute nicht.
    Ach so. Und in Wendisch Burg ist Ihnen nichts aufgefallen. Ihre Verwandten leben im Wald.
    Meine Schwester sitzt mit ihrem Mann auf einer Schleuse im Wald.
    Ich will Ihnen mal was sagen, Cresspahl. Was gestern abend im ganzen Reich war, davon reden wir nicht. Da will ich nichts von wissen.
    Was war das für ein Unfall, Herr Vick.
    Da ist ein Judenbalg erschossen worden.
    Walter? Die Marie?
    Die Marie, Herr Cresspahl. Marie Sara Tannebaum. Ihre Frau -
    Meine Frau hat gar keine Schußwaffe.
    Es hat Ihnen gleichgültig zu sein, wer der Täter war. Wem das Versehen passiert ist. Ihre Frau war nur dabei.
    Dann hat sie ihn ins Gesicht geschlagen.
    Ja. Hier haben wir jetzt die Meldung aus Wendisch Burg. Sie waren da. Das hätten Sie gleich sagen können, daß Ihr anderer Schwager vom Reichsnährstand ist. Hier. Sehen Sie sich das an. Wir haben hier keine Geheimnisse.
    Dann hat es gebrannt.
    Wann es gebrannt hat, wissen wir nicht.
    Wo es gebrannt hat.
    Die Feuerwehr wurde heute morgen angerufen, 4 : 30 Uhr. Da war das Feuer gerade durchs Dach.
    Durch das Hausdach?
    Von der Scheune. Wo Sie die Werkstatt hatten. Haben Sie Feinde, Herr Cresspahl?
    War es Brandstiftung?
    Das wissen wir nicht. Es ist alles säuberlich ausgebrannt, alles was westlich von den ehemaligen Ställen ist. Von den vier Türen, die östlich von der Werkstatt abgehen, sind drei durchgebrannt. Die vierte, Südostecke, war verschlossen und verriegelt. Dahin kam das Feuer zuletzt. Zu der Zeit war die Decke erst am Schwelen, aber der Sauerstoff muß verbraucht gewesen sein.
    Was ehedem die Futterkammer war.
    Da lag Ihre Frau.
    War sie tot?
    Nein. Sie ist gestorben, als sie nach draußen getragen wurde.
    Ist sie am Feuer gestorben?
    Sie ist nicht verbrannt, wenn Sie das meinen, Herr Cresspahl.
    Als vorläufige Todesursache haben die Medizinmänner Ersticken angegeben.
    Ja.
    Erklären Sie mir mal, wieso die Arbeiter im Wohnhaus nichts gehört haben. Oder gesehen.
    Vor allen Fenstern auf der Ostseite sind Luken. Wenn da Glasscheiben gesprungen sind, müssen sie nach innen gefallen sein, nicht auf die Steine draußen. Wenn das Feuer zuerst die Tenne und die Scheunenfächer, also die Werkstatt und die Arbeiten gefressen hat, ist alles Licht nach oben und nach Westen gegangen. Auf der Seite wohnt kein Mensch. Wenn die Futterkammer noch steht, ist die Verglasung im Südtor zuletzt geplatzt. Dann wird Alwin Paap es wohl gehört haben.
    Als ob Sie dabei gewesen wären, Herr Cresspahl.
    Ja.
    Es war nicht Alwin Paap, der die Feuerwehr gerufen hat.
    Dann war es Friedrich Jansen von schräg gegenüber. Wenn das Nordtor durchgebrannt ist, konnte ihm die Helligkeit auffallen.
    Es war Jansen, Herr Cresspahl. Fällt Ihnen da nichts auf?
    Herr Vick, kann ich jetzt zu meiner Frau? Der nächste Zug geht erst in drei Stunden.
    Den Zug brauchen Sie nicht, Herr Cresspahl. Sagen Sie mal. Sie haben vorhin ziemlich abschätzig von Jansen gesprochen.
    Ich hab gesagt, ich streit mich nicht mit ihm.
    Dafür sind Sie sich zu schade.
    Ich bin Tischler, und Jansen ist Ortsgruppenleiter. Worüber sollt ich mich mit ihm streiten, Herr Vick.
    Wenn wir mal Brandstiftung annehmen.
    Von außen geht das nicht. Wenn einer die Werkstatt aufbrechen will, ohne Lärm kommt er nicht weit. Das ist nicht so wie ein Feuer, das noch von Wand und Dach zusammengehalten wird. Meine Frau hätte das gehört. Paap erst recht.
    Ihre Frau hört das. Sie steht aus dem Bett auf, zieht sich einen Wintermantel über -
    Einen blauen Morgenmantel. Dick gefüttert. Mit einem Etikett aus London.
    Als ob Sie dabeigewesen wären, Herr Cresspahl. Sie überrascht den Kerl an einem Tor -
    An welchem?
    Ja, da haben wir keine Spuren! Was denken Sie sich! Die Feuer-Wehr von Jerichow! Die denken, ein Schloß geht auf, wenn man mit der Axt draufschlägt!
    Ja.
    Wenn sie doch schon nicht löschen konnten.
    Die Feuerwehr konnte nicht löschen.
    Versucht haben sie es wohl, Herr Cresspahl. Sie haben richtig den Hydranten auf dem Ziegeleihof gefunden und angeschlossen und die Schläuche verlängert, dauert alles seine Zeit, und dann ging das Pumpwerk nicht. Die haben mit der Spritze Unfug beim Juden gemacht.
    Und wer war das?
    Jansen, Herr Cresspahl.
    Ja.
    Fällt Ihnen nichts bei auf.
    Und deswegen ist dann auch noch das Holz auf dem Hof verbrannt.
    Es ist alles

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