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Jahrestage 2: Aus dem Leben von Gesine Cresspahl (suhrkamp taschenbuch) (German Edition)

Jahrestage 2: Aus dem Leben von Gesine Cresspahl (suhrkamp taschenbuch) (German Edition)

Titel: Jahrestage 2: Aus dem Leben von Gesine Cresspahl (suhrkamp taschenbuch) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Uwe Johnson
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weg, alles, Herr Cresspahl. Die Maschinen sind bloß noch ausgeglühter Schrott. Darüber sind ja auch Wände zusammengestürzt, und das Dach. Sie können von Glück sagen, daß Sie das Wohnhaus behalten haben.
    Ja.
    Der Einbrecher, der Brandstifter, jetzt nimmt er Ihrer Frau die Schlüssel weg, schleppt sie in die Werkstatt, gibt ihr eins auf den Kopf -
    Ist meine Frau geschlagen worden?
    Das wissen wir nicht. Sie hat da eine Stelle am Hinterkopf, wie von einem Sandsack.
    Ich weiß, wer mit Sandsäcken arbeitet.
    Mein lieber Herr Cresspahl, ich will das nicht gehört haben. Sie sind hier nicht bei der Gestapo, sondern bei der Kripo, aber ausnutzen sollten Sie das nicht. Der Kerl sperrt Ihre Frau, bewußtlos wie sie ist, in die Futterkammer -
    Die Futterkammer hat ein Doppelschott. Ein Kind kann sich da ausriegeln.
    Es hat aber kein Schlüssel gesteckt.
    Der Schlüssel steckt von außen, und wir schließen damit nicht.
    Es war kein Schlüssel da, Herr Cresspahl. Jetzt kann er in aller Ruhe den Brand anlegen, das Tor wieder verschließen, sich davonmachen. Womöglich hatte er es nicht weit.
    Das müßte jemand sein, der will nicht, daß für den Fliegerhorst Mariengabe Arbeiten gemacht werden. Oder gemacht wurden.
    Herr Cresspahl, wenn Sie hier jemand entlasten, bloß damit Sie noch mit Ihren eigenen Fäusten an ihn herankommen - na, gut. Aber ich kann das nicht brauchen.
    Dann kann ich jetzt gehen.
    Sie werden nicht gehen, Herr Cresspahl. Sie werden sich diesen Strick ansehen.
    Das ist kein Strick. Das ist ein Stück Wäscheleine.
    Könnte das eine von Ihren Wäscheleinen sein?
    Warum nicht?
    Erkennen Sie sie wieder?
    Meine Frau hat ihre Wäscheleinen im Haus, damit sie trocken sind.
    Und was hatte sie für die kleine Wäsche, was so alle Tage anfällt?
    Eine ist meist aufgespannt und wird nachts nicht immer abgenommen. Am Gartenzaun entlang.
    Die haben wir abgeschnitten gefunden, Herr Cresspahl. Fassen Sie da nicht auf den Schnitt, das ist ein Beweisstück!
    Mancher klaut sich eine Kuh da und den Strick dazu hier.
    Das war kein Kuhdieb, Herr Cresspahl. Der wußte aber auch, was er wollte. Ob dies Stück zu dem Rest Ihrer Wäscheleine gehört, wissen wir erst, wenn das aus dem Labor zurückkommt. Aber es steht fest, daß Ihre Frau mit diesem Stück Leine gefesselt war.
    Der Strick sieht gar nicht angebrannt aus.
    Aber riechen tut er, als hätt er ein Jahr im Rauch gehangen. Damit war sie an den Knöcheln gefesselt, und der Strick war obendrein durch einen eingemauerten Ring gezogen und verknotet. Neben ihr lag ein zweites Stück, das hat sie offenbar eben noch von den Handgelenken losbekommen.
    Dann werd ich jetzt gehen.
    Eins noch, Herr Cresspahl. Hat Friedrich Jansen tatsächlich gesagt »Ihre Frau ist jetzt gestorben«?
    »Guten Morgen«, und dann das andere.
    Nicht etwa: »Ihre Frau hat sich das Leben genommen«?
    Nein.
    Und wie finden Sie das, daß Friedrich Jansen jedem in Jerichow, der das hören will, vorbetet: Ihre Frau hat sich das Leben genommen. Wie finden Sie das?
    Das geht ihn gar nichts an.
    Herr Cresspahl. Sie verstehen mich nicht. Sie wollen mich nicht verstehen. Sie sind hier bei der Kriminalpolizei. Wir sind nicht die Geheime Staatspolizei.
    Das will ich nicht vergessen.
    Und ich hab auch etwas, das will ich Ihnen nicht vergessen, Herr Cresspahl! Sie können jetzt gehen.
    Ist meine Frau zu Hause, Herr Vick.
    Ihre Frau ist nicht zu Hause. Die Leiche ist beschlagnahmt, weil Verdacht auf eine Straftat vorliegt. Heute nacht wird sie erst mal obduziert. Sie können sich morgen im Krankenhaus Gneez melden, Herr Cresspahl. Wenn Sie wissen wollen, woran sie gestorben ist. Beileid, Herr Cresspahl.
    Tag.

19. Februar, 1968 Montag
    Ein Opfer, das einen Namen hat, Ngo Van Tranh, wurde gestern morgen in Saigon von einem Marineinfanteristen Süd-Viet Nams der Zugehörigkeit zum Viet Cong verdächtigt. Ngo Van Tranh, schon schwer verwundet, sagte aus, der Viet Cong habe ihn in der vorangegangenen Nacht aus Thuduc mitgenommen und gezwungen, Munition zu tragen. Ihm wird Wasser angeboten, offenbar versucht er zu trinken. Er liegt halb unter Bohlen. Dann wird er von einem zweiten Marineinfanteristen verhört und mit dem Gewehr bedroht. Dann sticht ein dritter Marineinfanterist auf ihn ein und tötet ihn schließlich mit mehreren Schüssen. Dreimal hat Associated Press fotografieren lassen, und auf dem letzten Bild liegt der ehemalige Ngo Van Tranh im Schutt ganz unter den Brettern.
    Cresspahl ging nicht suchen, er

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