Jahrmarkt der Eitelkeit
er hätte sogar diesen getragen. Aber auch so schon hätte man ihn für einen stattlichen Geistlichen der englischen Kirche halten können.
»Venez maintenant«, fuhr er fort, »suivez – allez – partez – dans la rue.« 9 Hiermit stürzte er schnell die Treppe hinab und eilte auf die Straße.
Obwohl Regulus behauptet hatte, er sei fast der einzige Mann seines Regimentes oder gar des alliierten Heeres, den Ney nicht in Stücke gehauen hatte, so erwies sich seine Angabe doch als ungenau, und es stellte sich heraus, daß eine ganze Anzahl von den angeblichen Schlachtopfern das Gemetzel überlebt hatte. Viele Dutzende von Regulus' Kameraden hatten nach Brüssel zurückgefunden und durch ihr einmütiges Geständnis, sie seien davongelaufen, die ganze Stadt zum Glauben an die Niederlage der Alliierten gebracht. Man erwartete stündlich die Ankunft der Franzosen; die Panik wurde immer größer, und überall traf man Vorbereitungen zur Flucht. Keine Pferde! dachte Joseph entsetzt. Er schickte Isidor zu unzähligen Leuten, um zu erfahren, ob sie welche zu verleihen oder zu verkaufen hätten, und sein Herz sank immer tiefer, je mehr verneinende Antworten er erhielt. Sollte er die Reise zu Fuß machen? Nicht einmal die Angst vermochte es, diesen schwerfälligen Körper in Bewegung zu setzen.
Fast alle von Engländern in Brüssel bewohnten Hotels lagen gegenüber dem Park, und Joseph wanderte zusammen mit vielen anderen, die ebenso von Furcht und Neugier befallen waren, in dieser Gegend umher. Er sah, daß einige Familien glücklicher gewesen waren als er, Pferde aufgetrieben hatten und nun in wilder Flucht durch die Straßen davonrasselten; andere dagegen befanden sich in gleicher Verlegenheit wie er und konnten weder durch Geld noch gute Worte die notwendigen Fluchtmittel auftreiben. Unter diesen, die gern fliehen wollten, bemerkte Joseph Lady Bareacres und ihre Tochter im porte cochère 10 ihres Hotels in ihrem Wagen. Alle Koffer waren gepackt, und der einzige Hinderungsgrund für ihre Flucht war wie bei Joseph das Fehlen der bewegenden Kraft.
In diesem Hotel wohnte auch Rebekka Crawley. In der jüngsten Vergangenheit hatte sie mehrmals feindliche Begegnungen mit den Damen der Familie Bareacres gehabt. Lady Bareacres grüßte Mrs. Crawley nicht, wenn sie sich zufällig auf der Treppe trafen, und sie erzählte überall, wo der Name ihrer Nachbarin erwähnt wurde, beharrlich nur Schlechtes von ihr. Die Gräfin war entsetzt über die Vertraulichkeit zwischen General Tufto und der Frau seines Adjutanten. Lady Blanche mied sie wie eine ansteckende Krankheit. Nur Lord Bareacres selbst pflegte heimlich Umgang mit ihr, wenn er sich nicht unter der Aufsicht seiner Damen befand.
Rebekka konnte sich jetzt an ihren unverschämten Feindinnen rächen. Es wurde im Hotel bekannt, daß Hauptmann Crawley seine Pferde zurückgelassen hatte. Als daher die Panik begann, ließ sich Lady Bareacres herab, ihr Kammermädchen mit Empfehlungen zu Mrs. Crawley zu schicken und sie nach dem Preis ihrer Pferde zu fragen. Mrs. Crawley schickte ein Billett zurück, worin sie sich empfahl und zu verstehen gab, daß sie nicht gewohnt sei, mit Kammerjungfern Geschäfte abzuschließen.
Diese kurze Antwort brachte den Grafen höchstpersönlich in Rebekkas Zimmer; er hatte jedoch nicht mehr Erfolg als die erste Abgesandte.
»Mir eine Kammerjungfer zu schicken!« rief Mrs. Crawley sehr erzürnt, »warum verlangte Lady Bareacres nicht auch, daß ich ihr die Pferde satteln sollte? Ist sie es, die fliehen will, oder ihre Kammerjungfer?« Das war die ganze Antwort, die der Graf seiner Gemahlin brachte.
Was lehrt die Not aber nicht alles! Nach dem Mißerfolg ihres zweiten Abgesandten machte die Gräfin tatsächlich selbst ihre Aufwartung bei Mrs. Crawley. Sie bat sie, irgendeinen Preis zu nennen, und erbot sich sogar, Becky nach Haus Bareacres einzuladen, wenn die junge Frau ihr nur ermöglichte, dorthin zurückzukehren. Mrs. Crawleys Antwort war ganz Hohn.
»Ich will mir nicht von Gerichtsdienern in Livree aufwarten lassen, obgleich Sie höchstwahrscheinlich nicht zurückgelangen werden, wenigstens nicht Sie zusammen mit Ihren Diamanten. Die werden die Franzosen schon bekommen. In zwei Stunden sind sie hier, und ich habe dann schon die halbe Strecke nach Gent hinter mir. Ich werde Ihnen meine Pferde um keinen Preis verkaufen, nein, nicht einmal für die zwei größten Diamanten, die Euer Gnaden auf dem Ball getragen haben.« Lady Bareacres zitterte vor
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