Jahrmarkt der Eitelkeit
sein können, daß ihr keine Menschenseele in Miss Crawleys Haus geblieben war, die sie von den Vorgängen dort unterrichten könnte. »Butes Schlüsselbein ist an allem schuld«, beharrte sie, »wenn er sich das nicht gebrochen hätte, so hätte ich sie nie verlassen. Ich bin eine Märtyrerin der Pflicht und deiner widerwärtigen Jagdleidenschaft, die sich für einen Pfarrer gar nicht schickt.«
»Jagdleidenschaft? Unsinn! Du bist es, die sie in Furcht versetzt hat, Martha«, unterbrach sie der Geistliche. »Du bist eine gescheite Frau, aber du hast ein teuflisches Temperament und bist ein alter Geizkragen, Martha.«
»Du würdest schon lange im Gefängnis sitzen, Bute, wenn ich dein Geld nicht zusammengehalten hätte.«
»Das weiß ich, meine Liebe«, sagte der Pfarrer gutmütig. »Du bist eben eine gescheite Frau, aber, weißt du, du organisierst alles zu gut«, und der fromme Mann tröstete sich mit einem großen Glase Porter.
»Was zum Teufel kann sie bloß an dem albernen Pitt Crawley finden«, fuhr er fort. »Der Bursche kann doch keine Gans erschrecken. Ich entsinne mich noch, wie Rawdon, der wenigstens ein Mann ist, wenn er auch zum Henker gehen sollte, ihn im Stall umherzuprügeln pflegte, wie einen Kreisel, und wie Pitt heulend zu seiner Mama lief, haha! Jeder von meinen Jungen würde ihn mit einer Hand umwerfen. James sagt, daß man sich in Oxford noch immer seiner als ›Miss Crawley‹ erinnert – der Narr!«
»Du Martha«, fuhr der Pfarrer nach einer Pause fort.
»Was?« fragte Martha, die an den Nägeln kaute und auf dem Tisch trommelte.
»Du, sollten wir nicht James nach Brighton schicken, um zu sehen, ob er mit der Alten etwas anfangen kann? Du weißt, daß er kurz vor dem Examen steht. Er ist erst zweimal durchgefallen – das bin ich ja auch –, aber er ist doch wenigstens in Oxford gewesen und hat eine Universitätsausbildung bekommen. Er kennt einige von den besten Burschen dort. Er ist Schlagmann im Bonifatiusboot. Er ist ein hübscher Kerl, verdammt noch mal, wir wollen ihn auf die Alte hetzen und ihm sagen, er soll Pitt verdreschen, wenn er sich muckst. Hahaha!«
»Na schön, James könnte sie mal besuchen«, meinte die Hausfrau und fügte seufzend hinzu:
»Wenn wir ihr nur eins von den Mädchen schicken könnten, aber sie hat sie nie leiden können, weil sie nicht hübsch sind!«
Die unglücklichen und wohlerzogenen Mädchen ließen sich bei den Worten ihrer Mutter aus dem Nebenzimmer vernehmen, wo sie mit harten Fingern ein sorgfältig einstudiertes Musikstück auf dem Klavier hämmerten. Sie waren tatsächlich den ganzen Tag lang entweder mit Musik oder dem Rückenbrett oder Geographie oder Geschichte beschäftigt. Aber was nützen Mädchen auf dem Jahrmarkt der Eitelkeit alle diese Talente, wenn sie klein gewachsen, arm und unansehnlich sind und einen schlechten Teint haben? Außer dem Hilfsgeistlichen kannte Mrs. Bute keinen Menschen, der ihr eine hätte abnehmen können. In diesem Augenblick kam James aus dem Stall, mit einer kurzen Pfeife und einer Wachstuchmütze auf dem Kopf, und begann mit seinem Vater ein Gespräch über die Wetten beim Sankt-Leger-Rennen, und die Unterredung zwischen dem Pfarrer und seiner Frau war damit beendet.
Mrs. Bute erhoffte sich nicht viel Gutes für ihre Sache, wenn sie ihren Sohn James als Gesandten hinschickte, und hoffnungslos sah sie ihn abfahren. Der junge Bursche versprach sich ebenfalls wenig Freude oder Gewinn, als er erfuhr, wohin die Reise gehen solle. Er tröstete sich aber mit dem Gedanken, daß ihm die alte Dame vielleicht ein hübsches Andenken schenken würde, damit er zu Anfang des nächsten Semesters in Oxford einige seiner drückendsten Schulden bezahlen könne. Er nahm daher seinen Platz in der Southamptoner Postkutsche ein und landete am selben Abend sicher in Brighton mit seiner Reisetasche, seiner Lieblingsbulldogge Towzer und einem riesigen Korb voller Feld- und Gartenfrüchte von den lieben Pfarrersleuten für die liebe Miss Crawley. Da es ihm zu spät schien, die kränkliche Dame gleich am Abend seiner Ankunft zu stören, stieg er in einem Gasthaus ab und machte seine Aufwartung bei Miss Crawley erst am späten Vormittag des nächsten Tages.
Als die Tante James Crawley zuletzt gesehen hatte, war er ein schlaksiger Bursche in dem unglücklichen Alter gewesen, wo die Stimme zwischen einem gräßlichen Diskant und einem unnatürlichen Baß schwankt, wo das Gesicht nicht selten Blüten treibt, für die Rowlands Kalidor
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