Jahrmarkt der Eitelkeit
Schmerzensausbruch vorüber war. Auch in Osbornes Bekanntenkreis, wo man den durch die Heirat verursachten Bruch zwischen Vater und Sohn kannte, sprach man viel über die Aussicht einer Versöhnung mit der jungen Witwe. Die Herren am Russell Square und in der City schlossen sogar Wetten darauf ab.
Wenn die Mädchen Befürchtungen hegten, Amelia werde möglicherweise als Tochter der Familie anerkannt werden, so wuchsen diese noch gegen Ende des Herbstes, als ihnen ihr Vater mitteilte, er wolle eine Auslandsreise machen. Er sagte nicht, wohin; sie wußten aber sogleich, daß er seine Schritte nach Belgien lenken würde, und sie hatten erfahren, daß sich Georges Witwe noch in Brüssel befand. Durch Lady Dobbin und deren Töchter waren sie stets ganz gut über das Tun und Treiben der armen Amelia unterrichtet. Durch den Tod des zweiten Majors im Regiment auf dem Schlachtfeld war unser ehrlicher Hauptmann befördert worden; und der tapfere O'Dowd, welcher sich hier sehr ausgezeichnet hatte, wie bei allen Gelegenheiten, wo er seine Kaltblütigkeit und Tapferkeit beweisen konnte, war jetzt Oberst und Träger des Bathordens.
Viele der Tapferen des ...ten Regiments, das an beiden Schlachttagen schwere Verluste erlitten hatte, befanden sich im Herbst noch in Brüssel, um von ihren Wunden zu genesen. Die Stadt war noch Monate nach der großen Schlacht ein riesiges Lazarett, und als die Soldaten und Offiziere sich von ihren Verletzungen zu erholen begannen, füllten sich die Parks und öffentlichen Vergnügungsstätten mit alten und jungen verkrüppelten Soldaten, die, kaum dem Tode entrissen, mit Spiel, Scherz und Liebelei begannen, wie es auf dem Jahrmarkt der Eitelkeit üblich ist. Mr. Osborne machte bald einige vom ...ten Regiment ausfindig. Er kannte ihre Uniform genau und hatte jede Beförderung, jede Versetzung aufmerksam verfolgt und sprach gern vom Regiment und seinen Offizieren, als ob er selbst dazugehörte. Am Tage nach seiner Ankunft in Brüssel sah er beim Verlassen seines Hotels, das direkt am Park lag, einen Soldaten mit den wohlbekannten Aufschlägen, der sich auf einer Steinbank ausruhte. Er ging auf den Verwundeten zu und setzte sich zitternd neben ihn.
»Waren Sie in Hauptmann Osbornes Kompanie?« fragte er, und nach einer Pause fügte er hinzu: »Er war mein Sohn.«
Der Mann gehörte nicht zur Kompanie des Hauptmanns, aber er erhob den gesunden Arm und legte die Hand an die Mütze, traurig und ehrfürchtig vor dem abgezehrten, niedergebeugten Herrn, welcher ihn gefragt hatte. »Es gab keinen besseren und tüchtigeren Offizier im ganzen Heer«, sagte der Soldat. Der Hauptfeldwebel von der Kompanie des Hauptmanns (sie wurde jetzt von Hauptmann Raymond angeführt) sei jedoch in der Stadt und soeben von einem Schulterschuß genesen. Der Herr könne ihn sprechen, wenn er möge, und alles, was er über die Taten des ...ten Regiments wissen wolle, von ihm erfahren. Aber der Herr habe wohl zweifellos schon Major Dobbin gesprochen, den guten Freund des tapferen Hauptmanns, und Mrs. Osborne, die sich auch in Brüssel aufhalte und der es, wie man erzählte, sehr schlecht gehe. Es heißt, sie sei sechs Wochen oder noch länger geradezu nicht bei Sinnen gewesen. Der Herr werde das alles aber wohl schon wissen, und er bitte also um Entschuldigung, fügte der Soldat hinzu.
Osborne drückte dem Soldaten eine Guinee in die Hand und versprach ihm noch eine, wenn er den Hauptfeldwebel ins Hotel du Parc bringen wollte. Dieses Versprechen brachte den Gewünschten sehr bald zu Mr. Osborne. Der erste Soldat entfernte sich wieder, und nachdem er ein paar Soldaten erzählt hatte, daß Hauptmann Osbornes Vater gekommen sei und was für ein freigebiger, großmütiger Herr er sei, tranken und schmausten sie, solange die Guineen reichten, die aus dem üppigen Geldbeutel des trauernden alten Vaters gekommen waren.
In Begleitung des Hauptfeldwebels, der vor kurzem genesen war, begab sich Osborne nach Waterloo und Quatre-Bras, eine Reise, die damals Tausende seiner Landsleute machten. Unter der Führung des Hauptfeldwebels, den er in seinem Wagen mitgenommen hatte, besuchte er beide Schlachtfelder. Er sah die Stelle der Straße, von wo aus das Regiment am 16. zum Kampf marschiert war, und den Hügel, von dem sie die französische Kavallerie herabgetrieben hatten, nachdem diese den fliehenden Belgiern gefolgt war. Dort war die Stelle, wo der edle Hauptmann den französischen Offizier niedermachte, der mit dem jungen Fähnrich um die
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