Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Jahrmarkt der Eitelkeit

Jahrmarkt der Eitelkeit

Titel: Jahrmarkt der Eitelkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: William Makepeace Thackeray
Vom Netzwerk:
weiß ich. Sie wird mich schon nicht vermissen.« Und er hatte recht, seine Frau vermißte ihn nicht.
    Rebekka hatte ihren Mann gern, sie war stets freundlich und gutgelaunt gegen ihn, sie zeigte ihm nicht einmal deutlich ihre Verachtung und hatte ihn wahrscheinlich um so lieber, weil er ein Narr war. Er war ihr erster Diener und maître d'hôtel. Er besorgte ihre Aufträge, gehorchte, ohne zu fragen, ihren Befehlen, fuhr sie ohne Widerrede in den Park, brachte sie in ihre Opernloge, entschädigte sich während der Vorstellung in seinem Klub und holte sie pünktlich wieder ab. Es hätte ihn gefreut, wenn sie den Knaben ein bißchen mehr geliebt hätte, aber selbst damit söhnte er sich aus. »Zum Henker, wissen Sie, sie ist so klug«, sagte er, »und ich bin nicht literarisch beschlagen und all so was.« Wie schon gesagt, gehört nicht große Weisheit dazu, beim Kartenspiel und Billard zu gewinnen, und Rawdon erhob keinen Anspruch auf Fertigkeiten anderer Art.
    Als die Gesellschafterin kam, wurden seine häuslichen Pflichten leichter. Seine Frau ermunterte ihn, auswärts zu speisen, und erließ ihm auch den Operndienst. »Bleibe heute abend nicht zu Hause und langweile dich, mein Lieber«, pflegte sie zu sagen. »Es werden ein paar Männer kommen, die dich bloß anöden werden. Ich würde sie nicht einladen, aber du weißt, es ist nur zu deinem Besten, jetzt, wo ich einen Schäferhund habe, brauche ich mich nicht mehr zu ängstigen, wenn ich allein bin.«
    Ein Schäferhund, eine Gesellschafterin! Becky Sharp mit einer Gesellschafterin! Ist das nicht ein guter Witz? dachte Mrs. Crawley im Innern. Der Gedanke kitzelte ihren Sinn für das Komische ungemein.

    An einem Sonntagmorgen, als Rawdon Crawley, sein kleiner Sohn und das Pony ihren üblichen Spaziergang im Park machten, trafen sie einen alten Bekannten des Obersten, Korporal Clink vom Regiment, der sich mit einem Freund, einem alten Herrn, unterhielt. Dieser Herr trug einen Knaben ungefähr im Alter des kleinen Rawdon auf den Armen. Der Knabe hatte die Waterloomedaille, die der Korporal trug, ergriffen und untersuchte sie mit Entzücken.
    »Guten Morgen, Euer Gnaden«, antwortete Clink auf die Begrüßung des Obersten. »Dieser junge Herr hier muß wohl im gleichen Alter sein wie der kleine Oberst«, fuhr der Korporal fort.
    »Sein Vater hat ebenfalls bei Waterloo gekämpft«, sagte der alte Herr, der den Knaben trug, »nicht wahr, Georgy?« – »Ja«, bestätigte Georgy. Er und der kleine Bursche auf dem Pony blickten einander mit großen Augen an und schätzten einander ernsthaft ab, wie Kinder es gewöhnlich tun.
    »In einem Linienregiment«, sagte Clink mit Gönnermiene.
    »Er war Hauptmann im ...ten Regiment«, verkündete der alte Herr stolz. »Hauptmann George Osborne, vielleicht haben Sie ihn gekannt. Er starb den Heldentod im Kampf gegen den korsischen Tyrannen.«
    Oberst Crawley errötete bis unter die Haarwurzeln.
    »Ich kannte ihn sehr gut«, sagte er, »und seine Frau, seine liebe kleine Frau, wie geht es ihr?«
    »Sie ist meine Tochter, Sir«, sagte der alte Herr, setzte den Knaben ab und zog feierlich eine Karte heraus, die er dem Oberst übergab. Darauf stand zu lesen: »Mr. Sedley, alleiniger Vertreter für die Schwarze Diamant- und Aschenkohlen-Gesellschaft, Bunker's Wharf, Thames Street und Anna-Maria Cottages, Fulham Road West.«
    Der kleine Georgy trat heran und schaute sich das Shetlandpony an.
    »Möchtest du mal reiten?« fragte Rawdon junior vom Sattel herunter.
    »Ja«, antwortete Georgy.
    Der Oberst, der den Knaben mit Interesse betrachtet hatte, hob ihn hoch und setzte ihn hinter Rawdon junior auf das Pony.
    »Halt dich fest, Georgy«, sagte er, »faß meinen kleinen Knaben um, er heißt Rawdon.«
    Beide Kinder fingen an zu lachen.
    »Man kann, glaube ich, an diesem Sommertag kein hübscheres Pärchen zu Gesicht bekommen«, sagte der gutmütige Korporal, und der Oberst, der Korporal und der alte Mr. Sedley mit seinem Regenschirm spazierten neben den Kindern weiter.

38. Kapitel
Eine Familie in bescheidenen Verhältnissen
    Wir dürfen nun annehmen, daß der kleine George Osborne von Knightsbridge nach Fulham geritten ist, und wollen in diesem Dorf anhalten und uns nach ein paar Freunden, die wir hier zurückgelassen haben, erkundigen. Wie geht es Mrs. Amelia nach dem Sturm von Waterloo? Lebt sie und geht es ihr einigermaßen gut? Was ist aus Major Dobbin geworden, dessen Wagen sich stets in der Nähe ihrer Wohnung herumtrieb? Und gibt

Weitere Kostenlose Bücher