Jahrmarkt der Eitelkeit
Speiseraum zu kommen. Lassate, nondum satiate recessit. 1
Peggy O'Dowd ist in der Tat noch ganz die alte: gütig in Wort und Tat; hitzig im Temperament, begierig aufs Kommandieren, eine Tyrannin für ihren Michael, ein Drache unter allen Frauen ihres Regiments, eine Mutter für die jungen Offiziere, die sie in Krankheiten pflegt und denen sie aus der Klemme hilft. Und bei ihnen ist Lady Peggy ungemein beliebt. Die Unteroffiziers- und Hauptmannsfrauen (der Major ist unverheiratet) verschwören sich jedoch häufig gegen sie. Sie sagen, Glorvina sei schrecklich eingebildet und Peggy selbst unerträglich befehlshaberisch. Sie mischte sich in eine kleine Gemeinde ein, die Mrs. Kirk zusammengebracht hatte, spottete die jungen Männer von den Predigten der Dame weg und erklärte, einer Soldatenfrau komme es nicht zu, ein Pfaffe zu sein; Mrs. Kirk solle lieber ihrem Mann die Kleider flicken, und wenn das Regiment Predigten brauche, so habe sie selbst die schönsten der Welt – die ihres Onkels, des Dekans. Sie bereitete einer Liebschaft, die Leutnant Stubble vom Regiment mit der Frau eines Arztes angefangen hatte, ein plötzliches Ende, indem sie dem Leutnant drohte, das Geld zurückzufordern, das sie ihm geliehen hatte, wenn er nicht sogleich Schluß mache und auf Krankenurlaub zum Kap ginge (der junge Bursche war nämlich immer noch sehr verschwenderisch). Auf der anderen Seite gewährte sie Mrs. Posky Schutz und Obdach, als diese eines Abends aus ihrem Bungalow floh, verfolgt von ihrem wütenden Ehemann, der seine zweite Flasche Branntwein in der Hand schwang. Sie brachte Posky tatsächlich durch das Delirium tremens und gewöhnte ihm das Trinken ab, das diesen Offizier in seine Macht bekommen hatte wie alle schlimmen Gewohnheiten die Menschen. Mit einem Wort: Im Unglück war sie die beste Trösterin, im Glück die lästigste Freundin, sie hegte stets die beste Meinung von sich und eine unbesiegbare Entschlossenheit, in allem ihren Willen zu bekommen.
Unter anderem hatte sie beschlossen, daß Glorvina unseren alten Freund Dobbin heiraten sollte. Mrs. O'Dowd kannte die Aussichten des Majors und würdigte seine guten Eigenschaften und die hohe Wertschätzung, deren er sich in seinem Beruf erfreute. Glorvina, eine sehr hübsche, rotwangige, schwarzhaarige, blauäugige junge Dame, die es mit jedem Mädchen der Grafschaft Cork im Reiten und Sonatenspielen aufnehmen konnte, schien ihr gerade die Richtige zu sein, um Dobbin glücklich zu machen – viel mehr als die arme, brave, mutlose kleine Amelia, die ihm so sehr am Herzen lag.
»Schauen Sie Glorvina an, wenn sie ins Zimmer tritt«, pflegte Mrs. O'Dowd zu sagen, »und vergleichen Sie sie mit der armen Mrs. Osborne, die keine Gans erschrecken kann. Sie ist Ihrer würdig, Major – Sie selbst sind ein ruhiger Mann und brauchen jemanden, der für Sie spricht. Und wenn sie auch nicht von so gutem Blute ist wie die Malonys oder die Molloys, so kann ich Ihnen doch sagen, daß sie aus einer alten Familie ist, in die hineinzuheiraten jeder Edelmann stolz sein könnte.«
Ehe jedoch Glorvina zu dem Entschluß gekommen war, Major Dobbin durch ihre Reize zu unterjochen, hatte sie, wie wir gestehen müssen, ihre Künste schon an anderen Orten ausgiebig erprobt. Sie hatte eine Saison in Dublin mitgemacht und wer weiß wie viele in Cork, Killarney und Mallow. Sie hatte mit allen heiratsfähigen Offizieren geflirtet, die die Garnisonen ihres Vaterlandes aufweisen konnten, und mit allen unverheirateten Landedelleuten, die eine gute Partie schienen. Außer mit dem Geistlichen in Bath, der sie so schlecht behandelt hatte, war sie schon in Irland ein dutzendmal verlobt gewesen. Auf der ganzen Überfahrt nach Madras hatte sie mit dem Kapitän und ersten Offizier des Ostindienfahrers »Ramchunder« geflirtet und eine Saison in der Präsidentschaft mitgemacht, mit ihrem Bruder und Mrs. O'Dowd, während der Major das Regiment kommandierte. Jedermann hatte sie dort bewundert, jedermann hatte mit ihr getanzt, aber es machte ihr niemand, bei dem die Heirat gelohnt hätte, einen Antrag. Ein paar sehr junge Unteroffiziere und einige bartlose Zivilisten himmelten sie an, aber die wies sie zurück, da sie ihren Ansprüchen nicht genügten; und andere jüngere Jungfrauen verheirateten sich vor ihr. Es gibt Frauen, und noch dazu hübsche Frauen, denen ein solches Los im Leben zufällt. Sie verlieben sich mit der größten Bereitwilligkeit, reiten und gehen mit der halben Rangliste der Armee aus, bis
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