Jahrmarkt der Eitelkeit
deren Vetter Maler war. Mr. Smee, der inzwischen als Porträtmaler Berühmtheit erlangt hatte und Mitglied der Königlichen Akademie geworden war, war jedoch einst froh, vornehmen jungen Damen Zeichenunterricht geben zu dürfen. Mr. Smee hat jetzt vergessen, wo der Russell Square liegt, aber im Jahre 1818 ging er nur zu gern dahin, um Miss Osborne zu unterweisen.
Smee war ein ehemaliger Schüler von Sharpe in der Frith Street, einem ausschweifenden, unordentlichen Mann, der zwar keinen Erfolg gehabt hatte, aber große künstlerische Fähigkeiten besaß. Nachdem der Vetter von Miss Wirt bei Miss Osborne, deren Hand und Herz nach verschiedenen erfolglosen Liebesaffären noch frei war, eingeführt worden war, faßte er eine große Zuneigung zu der Dame, und wahrscheinlich hatte er auch in ihrem Busen etwas Derartiges erweckt. Miss Wirt war die Vertraute dieses Liebeshandels. Ich weiß nicht, ob sie das Zimmer verließ, wo der Lehrer und die Schülerin malten, um ihnen Gelegenheit zu geben, die Schwüre und Gefühle auszutauschen, die sich in Gegenwart eines Dritten nicht gut aussprechen lassen. Ich weiß nicht, ob Miss Wirt glaubte, ihr Vetter würde ihr, wenn es ihm gelänge, die reiche Kaufmannstochter heimzuführen, etwas von dem Reichtum abtreten, den zu erlangen sie ihm geholfen hatte. Fest steht nur, daß Mr. Osborne Wind von der Sache bekam und eines Tages unvermutet aus der City zurückkehrte. Er trat mit seinem Bambusstock in den Salon und fand den Lehrer, die Schülerin und die Gesellschafterin mit ungemein bleichen Gesichtern vor. Er warf den Maler mit der Drohung hinaus, er werde ihm alle Knochen im Leibe zerbrechen, und entließ eine halbe Stunde später Miss Wirt ebenfalls. Ihre Koffer stieß er mit dem Fuß die Treppe hinab, trampelte auf ihren Hutschachteln herum, schüttelte der Droschke, die sie davontrug, drohend die Faust hinterher.
Jane Osborne blieb tagelang in ihrem Schlafzimmer. Sie durfte niemals wieder eine Gesellschafterin haben. Der Vater schwor ihr, sie werde keinen Shilling von seinem Vermögen erhalten, wenn sie ohne seine Einwilligung eine Ehe eingehe, und da er eine Frau brauchte, die seinen Haushalt führte, so war er dagegen, daß sie heiratete. Sie sah sich also gezwungen, alle Pläne, an denen Cupido beteiligt war, aufzugeben. Solange der Vater lebte, fand sie sich mit dem hier beschriebenen Dasein ab und wurde wohl oder übel eine alte Jungfer. Inzwischen gebar ihre Schwester jährlich ein Kind mit immer feineren Namen, und der Verkehr zwischen beiden wurde immer seltener. »Jane und ich bewegen uns nicht in der gleichen Lebenssphäre«, sagte Mrs. Bullock. »Natürlich betrachte ich sie trotzdem als meine Schwester« – das heißt – ja, was heißt es eigentlich, wenn eine vornehme Dame sagt, sie betrachte Jane als ihre Schwester?
Wir haben bereits berichtet, wie die Misses Dobbin mit ihrem Vater in einer eleganten Villa an der Straße Denmark Hill lebten, wo es schöne Weinspaliere und Pfirsichbäume gab, die den kleinen George Osborne entzückten. Die Misses Dobbin, die oft nach Brompton zu unserer lieben Amelia fuhren, besuchten zuweilen ihre alte Bekannte Miss Osborne am Russell Square. Ich glaube, ihre Aufmerksamkeit gegenüber Mrs. George entstand aus den Befehlen ihres Bruders, des Majors in Indien (vor dem ihr Papa ungeheueren Respekt hatte), denn der Major, der Pate und Vormund von Amelias kleinem Jungen, hoffte noch immer, daß der Großvater des Kindes sich erweichen lassen könnte, es um seines Sohnes willen anzuerkennen. Die Misses Dobbin hielten Miss Osborne über Amelias Angelegenheiten auf dem laufenden: daß sie bei ihren Eltern lebte; daß sie arm waren; daß sie sich wunderten, was die Männer, und dazu noch solche Männer wie ihr Bruder und der teure Hauptmann Osborne, an einem so nichtssagenden kleinen Ding finden konnten; daß sie noch immer wie früher ein affektiertes sentimentales zimperliches Geschöpf sei. Der Knabe allerdings sei wirklich der schönste Junge, den sie je gesehen hätten. Die Herzen aller Frauen erwärmen sich eben für Kinder, und die versauertste alte Jungfer ist freundlich zu ihnen.
Eines Tages, nachdem die Misses Dobbin lange darum gebeten hatten, erlaubte Amelia dem kleinen George, einen Tag bei ihnen in der Straße Denmark Hill zu verbringen. Sie selbst benutzte einen Teil des Tages, an den Major nach Indien zu schreiben. Sie gratulierte ihm zu der glücklichen Nachricht, die seine Schwestern ihr gerade überbracht hatten. Sie
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