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Jahrmarkt der Eitelkeit

Jahrmarkt der Eitelkeit

Titel: Jahrmarkt der Eitelkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: William Makepeace Thackeray
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Schuhputzen, Brotrösten und die Dienste als Fuchs nicht im allgemeinen als notwendige Erfordernisse der Erziehung eines englischen Gentleman?
    Es ist jedoch nicht unsere Aufgabe, uns mit der zweiten Generation und Master Rawdons Schulerlebnissen zu befassen, denn dann würde unsere Erzählung unendlich lang werden. Kurze Zeit darauf besuchte der Oberst seinen Sohn. Er fand ihn gesund und munter vor, und der kleine Bursche lachte ihn in seinem kleinen schwarzen Umhang und den Kniehosen glücklich an.
    Klugerweise schenkte der Vater dem jungen Blackball, dem Herrn seines Sohnes, einen Sovereign und sicherte damit das Wohlwollen dieses Gentleman gegen seinen Fuchs. Da er der Schützling des großen Lord Steyne, der Neffe eines Parlamentsmitgliedes und der Sohn eines mit dem Bathorden ausgezeichneten Obersten war, dessen Name in der »Morning Post« erwähnt wurde, zusammen mit anderen, die bei den vornehmsten Gesellschaften anwesend waren, zeigte sich die Schulleitung dem Knaben gegenüber nicht abgeneigt. Er verfügte über ein reichliches Taschengeld, das er dazu verwendete, seinen Kameraden Himbeertörtchen zu spendieren, und an den Sonnabenden durfte er oft heim zu seinem Vater, der aus diesem Tag dann stets ein Fest machte.
    Wenn Rawdon Zeit hatte, nahm er ihn mit ins Theater, oder er schickte ihn mit dem Diener hin, und sonntags ging er mit der Briggs, Lady Jane und ihren Kindern zur Kirche. Rawdon bewunderte seine Schulgeschichten, seine Prügeleien und seine Dienste als Fuchs. Nach kurzer Zeit kannte er die Namen aller Lehrer und wichtigsten Schüler ebenso gut wie Rawdon selbst. Er lud seinen Schulfreund ein und verdarb den beiden Kindern nach dem Theater den Magen mit Süßigkeiten, Austern und Porter. Er versuchte ein weises Gesicht zu machen, als ihm der kleine Rawdon zeigte, wo in der lateinischen Grammatik er gerade »war«. »Bleib dabei, mein Junge«, sagte er sehr ernsthaft zu ihm. »Es geht nichts über eine gute klassische Bildung, nichts!«
    Beckys Verachtung gegen ihren Mann wuchs täglich.
    »Tu, was du willst – iß, wo es dir gefällt – trink Ingwerbier und amüsier dich bei Astley oder sing Psalmen mit Lady Jane, nur verlang nicht von mir, daß ich mich mit dem Jungen beschäftigen soll. Ich muß deine Interessen vertreten, da du selbst das ja nicht kannst. Ich möchte wissen, wo du jetzt wärst und welche gesellschaftliche Stellung du jetzt einnehmen würdest, wenn ich mich nicht um dich gekümmert hätte!«
    Tatsächlich fragte in den Gesellschaften, die Becky besuchte, niemand nach dem armen alten Rawdon. Oft wurde sie sogar ohne ihn eingeladen. Sie sprach über die Vornehmen, als ob Mayfair ihr allein gehörte, und wenn Hoftrauer angesetzt war, ging sie in Schwarz.
    Nachdem der kleine Rawdon versorgt war, dachte Lord Steyne, der so väterlichen Anteil an den Angelegenheiten dieser liebenswürdigen, aber armen Familie nahm, daß sich ihre Ausgaben vorteilhaft vermindern würden, wenn Miss Briggs ginge, und Becky sei doch wohl klug genug, ihren Haushalt selbst zu führen. In einem früheren Kapitel haben wir berichtet, daß dieser wohltätige Edelmann seinem Schützling Geld gegeben hatte, damit sie ihre kleine Schuld an Miss Briggs bezahlen könnte. Da die alte Jungfer jedoch bei ihren Freunden blieb, gewann der Marquis die schmerzliche Überzeugung, daß Mrs. Crawley das Geld des großmütigen Beschützers zu einem anderen Zweck als dem angegebenen verbraucht hatte. Lord Steyne war jedoch nicht so taktlos, Mrs. Rawdon seinen Verdacht auf den Kopf zuzusagen. Ihre Gefühle hätten durch eine Auseinandersetzung über das Geld verletzt werden können, und außerdem hätte sie tausend andere schmerzliche Gründe haben können, das edelmütige Darlehen Seiner Lordschaft anderweitig zu verwenden. Er beschloß jedoch, den wahren Sachverhalt herauszubekommen, und holte die nötigen Erkundigungen höchst vorsichtig und taktvoll ein.
    Zunächst benutzte er die erste beste Gelegenheit, Miss Briggs auszufragen. Das war kein schwieriges Unterfangen. Schon ein kleiner Anstoß genügte, daß die ehrliche Frau geschwätzig ihr Herz ausschüttete. Eines Tages war Mrs. Rawdon ausgefahren, wie Mr. Fiche, der vertraute Diener des Lords, in den Pferdeställen erfuhr, wo Mr. und Mrs. Crawley ihre Equipage hielten oder vielmehr wo der Pferdeverleiher eine Equipage für Mr. und Mrs. Crawley hielt. Der Marquis sprach in der Curzon Street vor, bat die Briggs um eine Tasse Kaffee, erzählte ihr, daß er gute

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