Jahrmarkt der Eitelkeit
verfaßte, waren mit Mademoiselle Fifine aus dem Haus in der Curzon Street verschwunden. Auch das Silber, das den Tisch bei dem von Rawdon gestörten kleinen Festmahl geschmückt hatte, hatte sie mitgehen heißen. Das Geschirr war Mademoiselle wahrscheinlich zu platzraubend erschienen, und aus dem gleichen Grunde hatte sie zweifellos auch die Schüreisen, die Kaminspiegel und das Rosenholzklavier zurückgelassen.
Eine Dame, die ihr sehr ähnelte, eröffnete später ein Modegeschäft in der Rue du Helder in Paris, wo sie sich größter Achtung erfreute und die Gönnerschaft von Lord Steyne genoß. Diese Person sprach von England stets als vom verräterischsten Land der Welt und erklärte ihren Lehrmädchen, die Bewohner dieser Insel hätten sie »affreusement volé« 2 . Zweifellos veranlaßte nur das Mitleid mit ihrem Unglück den Marquis von Steyne, so gütig gegen Madame de Saint Amaranthe zu sein. Möge sie so glücklich werden, wie sie es verdient – auf unserem Teil des Jahrmarkts der Eitelkeit tritt sie nicht wieder auf.
Da Mrs. Crawley in den unteren Räumen Gewirr von Stimmen und Bewegung vernahm und empört war über die Unverschämtheit der Dienstboten, die ihrem Rufe nicht Folge leisteten, warf sie sich den Morgenrock über und stieg majestätisch in den Salon hinab, aus dem das Geräusch kam.
Da saß die Köchin mit geschwärztem Gesicht auf dem schönen Kattunsofa neben Mrs. Raggles und schenkte ihr Maraschino ein. Der Page mit den kegelförmigen Knöpfen, der immer Beckys rosa Briefchen ausgetragen hatte und so lebhaft um ihren kleinen Wagen herumgesprungen war, beschäftigte sich jetzt damit, seine Finger in eine Sahneschüssel zu stecken; der Lakai unterhielt sich mit Raggles, der bestürzt und kummervoll dastand. Aber obgleich die Tür offenstand und Rebekka in ein paar Meter Entfernung ein halbes dutzendmal geschrien hatte, war doch keiner der Dienstboten ihrem Ruf gefolgt.
»Trinken Sie noch einen Tropfen, bitte, Mrs. Raggles«, sagte die Köchin gerade, als Becky im wehenden weißen Kaschmirmorgenrock eintrat.
»Simpson, Trotter!« rief die Herrin des Hauses zornig. »Ihr wagt, hierzubleiben, wenn ihr mich rufen hört! Ihr wagt es, in meiner Gegenwart zu sitzen! Wo ist mein Mädchen?« der Page zog im ersten Schreck die Finger aus dem Mund, aber die Köchin nahm ein Glas Maraschino, da Mrs. Raggles nicht mehr wollte, und starrte Becky über das vergoldete Glas hinweg an, als sie es leerte. Der Likör schien der abscheulichen Rebellin Mut zu verleihen.
»Ihr Sofa! Das ist stark«, sagte die Köchin. »Ich sitze auf Mrs. Raggles' Sofa. Bleiben Sie ruhig, Mrs. Raggles. Ich sitze auf dem Sofa von Mr. und Mrs. Raggles, die es mit ehrlichem Geld gekauft und teuer bezahlt haben. Und ich glaube, wenn ich hier sitzen bleibe, bis ich meinen Lohn habe, so muß ich ganz schön lange warten, Mrs. Raggles. Ich bleibe aber sitzen, haha!«
Mit diesen Worten goß sie sich noch ein Glas von dem Likör ein und trank es mit einer noch häßlicheren, höhnischeren Miene aus.
»Trotter, Simpson! Werft die betrunkene Dirne hinaus«, kreischte Mrs. Crawley.
»Ich tue es nicht«, sagte Trotter, der Lakai. »Machen Sie selbst, daß Sie wegkommen. Bezahlen Sie uns den Lohn, und dann können Sie mich auch hinauswerfen. Wir werden schnell genug gehen.«
»Seid ihr alle hier, um mich zu beleidigen?« rief Becky wütend. »Wenn Oberst Crawley nach Hause kommt, werde ich ...«
Bei diesen Worten brachen die Dienstboten in ein rauhes Gelächter aus, in das jedoch Mr. Raggles, der noch immer ein sehr trauriges Gesicht machte, nicht einstimmte.
»Er kommt nicht zurück«, fuhr Mr. Trotter fort, »er hat nach seinen Sachen geschickt, aber ich wollte sie nicht rausrücken, wenn auch Mr. Raggles wollte. Ich glaube, der ist ebensowenig ein Oberst wie ich. Er ist weg, und ich denke, Sie werden ihm schon hinterhergehen. Sie sind nichts anderes als Schwindler, alle beide. Sie können mich nicht einschüchtern. Ich lasse es mir nicht gefallen. Zahlen Sie uns unseren Lohn, hören Sie! Zahlen Sie uns den Lohn!« Nach Mr. Trotters rotem Gesicht und seiner undeutlichen Redeweise zu urteilen, hatte auch er Zuflucht zu alkoholischen Reizmitteln genommen.
»Mr. Raggles«, sagte Becky etwas beunruhigt, »Sie werden doch hoffentlich nicht zulassen, daß mich dieser betrunkene Mensch beleidigt?«
»Halt 's Maul jetzt, Trotter«, sagte Simpson, der Page. Die bedauernswerte Lage seiner Herrin hatte ihn gerührt, und es gelang ihm, zu
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