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Jahrmarkt der Eitelkeit

Jahrmarkt der Eitelkeit

Titel: Jahrmarkt der Eitelkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: William Makepeace Thackeray
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entsetzliche Begegnung. Meine einzige Schuld ist, daß ich mich zu sehr für Rawdons Interessen eingesetzt habe. Ich hatte Lord Steyne aber schon hundertmal vorher allein empfangen. Daß ich Geld hatte, von dem Rawdon nichts wußte, gebe ich zu. Sie wissen ja selbst, wie sorglos er damit umgeht. Konnte ich es ihm also anvertrauen?« In dieser Art fuhr sie fort, ihrem verblüfften Verwandten eine schön zusammenhängende Geschichte zu erzählen.
    Folgendes kam dabei heraus: Becky gestand freimütig, wenn auch sehr zerknirscht, sie habe Lord Steynes Zuneigung für sie bemerkt (bei diesen Worten errötete Pitt), und da sie ihrer Tugend sicher gewesen sei, so hätte sie beschlossen, die Ergebenheit des hohen Herrn zu ihrem und ihrer Familie Vorteil zu nutzen. »Ich hoffte auf die Peerswürde für Sie, Pitt«, sagte sie (der Schwager errötete wieder). »Wir haben schon davon gesprochen. Ihre Talente und Lord Steynes Einfluß machten es mehr als wahrscheinlich, hätte nicht dieses entsetzliche Unglück allen unseren Hoffnungen ein Ende bereitet. Ich gestehe aber, daß es in erster Linie meine Absicht war, meinen teuren Gatten zu befreien – ihn, den ich immer noch liebe, obwohl er mir mißtraut und mich schlecht behandelt hat. Ich wollte ihn vor der Armut und dem drohenden Untergang retten. Ich bemerkte Lord Steynes Zuneigung für mich«, sagte sie und schlug die Augen nieder. »Ich gestehe, daß ich alles in meinen Kräften Stehende tat, ihm zu gefallen und mir, soweit das eine ehrliche Frau vermag, seine – seine Achtung zu erhalten. Erst am Freitag früh kam die Nachricht vom Tode des Gouverneurs von Coventry Island, und der Marquis sicherte die Stelle sofort meinem lieben Mann. Er wollte ihm damit eine Überraschung bereiten; er sollte es nämlich heute in der Zeitung lesen. Selbst nach dieser entsetzlichen Verhaftung – Lord Steyne wollte großzügigerweise alle Kosten tragen, so daß ich gewissermaßen verhindert war, meinem Mann zu Hilfe zu eilen – lachte der Marquis mit mir darüber und sagte, mein liebster Rawdon würde sich schon trösten, wenn er in diesem schrecklichen Schuldgef ..., im Hause des Gerichtsdieners von seiner Ernennung lesen würde. Und dann – dann ging er heim. Sein Verdacht war geweckt – es kam zu der grauenhaften Szene zwischen dem Marquis und meinem bösen, bösen Rawdon – o mein Gott! Was wird bloß geschehen. Pitt, lieber Pitt, haben Sie Mitleid mit mir und helfen Sie, daß wir uns wieder versöhnen!« Mit diesen Worten warf sie sich auf die Knie, ergriff Pitts Hand unter Tränen und küßte sie leidenschaftlich.
    In dieser Stellung fand Lady Jane den Baronet und die Schwägerin. Nach der Rückkehr aus der Kirche hatte sie erfahren, daß Mrs. Rawdon Crawley im Zimmer ihres Mannes sei, und sie war unverzüglich hineingeeilt.
    »Ich bin überrascht, daß das Weib noch die Frechheit besitzt, dieses Haus zu betreten«, sagte Lady Jane, blaß und an allen Gliedern zitternd. Sie hatte sogleich nach dem Frühstück ihre Zofe geschickt, um Erkundigungen einzuziehen, und das Mädchen hatte sich mit Raggles und Rawdon Crawleys Dienerschaft in Verbindung gesetzt und von ihnen alles und noch bedeutend mehr über diese und viele andere Geschichten erfahren. »Wie kann Mrs. Crawley es wagen, das Haus einer – einer ehrbaren Familie zu betreten?«
    Sir Pitt fuhr zurück, erstaunt darüber, mit welchem Nachdruck seine Frau diese Worte hervorstieß. Becky lag noch immer auf den Knien und klammerte sich an Sir Pitts Hand.
    »Sagen Sie ihr, daß sie nicht alles weiß. Sagen Sie ihr, daß ich unschuldig bin, lieber Pitt«, wimmerte sie.
    »Auf mein Wort, Liebes, ich glaube, du tust Mrs. Crawley unrecht«, meinte Sir Pitt, und Rebekka atmete erleichtert auf. »Ich glaube wirklich, sie ist ...«
    »Ist was?« rief Lady Jane mit klarer, durchdringender Stimme, und sie verspürte, wie ihr Herz klopfte. »Sie ist ein schlechtes Weib, eine herzlose Mutter, eine treulose Ehefrau. Sie hat ihren kleinen Jungen nie geliebt. Wie oft ist er zu mir geflohen und hat mir erzählt, wie grausam sie ihn behandelt hat. Niemals ist sie in eine Familie gekommen, ohne zu versuchen, Unglück hineinzubringen und mit ihren bösartigen Schmeicheleien und Lügen die heiligsten Gefühle zu zerstören. Sie hat ihren Mann getäuscht und alle anderen auch. Ihre Seele ist schwarz von Eitelkeit, Weltlichkeit und Verbrechen aller Art. Ich zittere, wenn ich sie anrühre. Meine Kinder halte ich ihren Blicken fern ...«
    »Lady

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