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Jahrmarkt der Eitelkeit

Jahrmarkt der Eitelkeit

Titel: Jahrmarkt der Eitelkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: William Makepeace Thackeray
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war ihm in ihren schwarzen Kleidern bis an die Tür entgegengegangen, hatte ihm die Nachricht vom Tode der Mutter zugeflüstert und ihn gebeten, dem Vater gegenüber nichts davon zu erwähnen. Diese Vorsichtsmaßnahme erwies sich jedoch als unnötig, da der alte Sedley sofort darüber zu jammern begann und reichlich Tränen vergoß. Der Inder war doch recht ergriffen, und der arme Bursche dachte an diesem Abend weniger an sich als gewöhnlich.
    Das Ergebnis der Unterredung muß befriedigend gewesen sein, denn als Joseph wieder in seine Postkutsche geklettert war und zum Hotel fuhr, umarmte Emmy den Vater zärtlich und fragte den Alten triumphierend, ob sie nicht stets gesagt habe, ihr Bruder besitze ein gutes Herz.
    Joseph Sedley hatte nämlich, von dem ärmlichen Leben seiner Verwandten gerührt, im überströmenden Gefühl der ersten Zusammenkunft erklärt, daß sie von nun an nie wieder Mangel oder Verdruß leiden sollten, daß er auf jeden Fall einige Zeit in England bleiben werde und solange Haus und Habe mit ihnen teilen werde. Er meinte, Amelia werde sich als Herrin an seiner Tafel sehr hübsch ausnehmen – bis sie einen eigenen Hausstand haben würde.
    Sie schüttelte traurig den Kopf und nahm wie gewöhnlich Zuflucht zu den Wasserspielen. Sie wußte, was er meinte. Mit ihrer jungen Vertrauten, Miss Mary, hatte sie die Sache am Abend der Ankunft des Majors ausführlich besprochen. Länger konnte die ungestüme Polly mit der Entdeckung, die sie gemacht hatte, nicht zurückhalten. Sie mußte unbedingt schildern, wie der Major sich verraten hatte, als Mr. Binny und seine junge Frau vorübergingen, und wie er zusammenzuckte und freudig erbebte bei der Gewißheit, keinen Nebenbuhler mehr fürchten zu müssen. »Haben Sie nicht gesehen, wie er an allen Gliedern zitterte, als Sie ihn fragten, ob er verheiratet sei, und er antwortete: ›Wer hat Ihnen denn den Bären aufgebunden?‹ Oh, Madame«, sagte Polly, »er hat keine Sekunde den Blick von Ihnen gewandt, und ich glaube bestimmt, er hat graue Haare bekommen, weil er so viel an Sie gedacht hat.«
    Amelia blickte jedoch auf die Porträts ihres Mannes und ihres Sohnes über dem Bett und schärfte ihrem jungen Schützling ein, nie, nie wieder dieses Thema zu berühren. Sie erklärte, Major Dobbin sei ihres Mannes bester Freund gewesen und ihr und George ein gütiger und liebevoller Beschützer; sie liebte ihn wie einen Bruder – aber eine Frau, die mit solch einem Engel verheiratet gewesen sei (dabei deutete sie auf die Wand), könne nie wieder an eine andere Verbindung denken. Die arme Polly seufzte; sie überlegte, was sie wohl tun sollte, wenn der junge Mr. Tomkins aus der Apotheke, der sie in der Kirche immer so anstarrte und mit seinen feurigen Blicken ihr furchtsames Herzchen laut pochen machte – was sie also tun sollte, wenn er sterben müßte. Sie wußte, daß er die Schwindsucht hatte, denn seine Wangen waren so rot, und er hatte eine so ungewöhnlich schlanke Taille.
    Es war nicht so, daß Emmy den ehrlichen Major irgendwie zurückstieß oder ihm zürnte, als man sie auf seine Leidenschaft aufmerksam machte. Die Liebe eines so ehrlichen, treuen Mannes konnte nicht das Mißfallen einer Frau erregen. Desdemona war nicht böse auf Cassio 2 , obwohl sie die Neigung des Leutnants für sie zweifellos wahrnahm (ich für mein Teil glaube, daß in dieser traurigen Angelegenheit viel mehr geschah, als der gute Mohrenoffizier je erfuhr). Miranda 3 war sogar freundlich gegen Caliban, und ganz sicher aus dem gleichen Grund, und dabei wollte sie ihn nicht etwa ermutigen – das arme häßliche Ungeheuer! – nein, ganz und gar nicht. Und ebenso wollte Emmy auf keinen Fall ihren Anbeter, den Major, ermutigen. Sie wollte ihm nur die freundschaftliche Achtung gewähren, die soviel Vortrefflichkeit und Treue verdienten. Sie wollte ihm herzlich und offen begegnen, bis er sich erklären würde, und dann wäre noch genug Zeit für sie, zu sprechen und unerfüllbaren Hoffnungen ein Ende zu bereiten.
    Sie schlief daher an jenem Abend nach der Unterredung mit Miss Polly ruhig und tief und war glücklicher als gewöhnlich, obwohl sich ihr Bruder Joseph nicht hatte sehen lassen.
    Ich bin froh, daß er nicht diese Miss O'Dowd heiraten will, dachte sie, Oberst O'Dowd ist nicht zuzutrauen, daß er eine Schwester hat, die zu einem so vortrefflichen Mann wie Major William passen würde. Wer in ihrem kleinen Bekanntenkreis könnte ihm wohl eine gute Frau werden? Nicht Miss Binny, die

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