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Jahrmarkt der Eitelkeit

Jahrmarkt der Eitelkeit

Titel: Jahrmarkt der Eitelkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: William Makepeace Thackeray
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mich nicht, zuzugeben«, pflegte Waterloo-Sedley zu seinen Freunden zu sagen, »daß ich ein geschniegelter Mann bin.« Wenn er sich unter den Blicken der Damen im Gouverneurspalast immer noch unbehaglich fühlte und vor ihren strahlenden Augen errötete, sich erschreckt abwandte und sie mied, so geschah das doch hauptsächlich aus Furcht, sie könnten sich in ihn verlieben, denn einer Heirat war er gänzlich abgeneigt. Ich habe gehört, daß es in ganz Kalkutta keinen größeren Stutzer als Waterloo-Sedley gab. Er hatte die schönste Equipage, gab die besten Junggesellenessen und besaß das feinste Silber am Platze.
    Die Anfertigung dieser Westen für einen Mann von seiner Größe und Würde erforderte mindestens einen Tag. Ein paar Stunden davon verbrachte er damit, für sich und seinen Eingeborenen einen Diener zu suchen und seinen Beauftragten zu instruieren, der sich um sein Gepäck, seine Koffer, seine Bücher, die er nie las, seine Kisten mit Mangofrüchten, Chutney und Curry, seine Schals, die er Leuten schenken wollte, deren Bekanntschaft er noch nicht gemacht hatte, und seinen übrigen Persicos apparatus 1 kümmern sollte.
    Endlich, am dritten Tage, fuhr er in der neuen Weste gemächlich nach London. Der Eingeborene saß frierend und zähneklappernd, in einen Schal gehüllt, auf dem Bock neben dem neuen europäischen Diener; Joseph schmauchte hin und wieder im Wageninnern seine Pfeife und wirkte so majestätisch, daß kleine Jungen hurra schrien und viele Leute dachten, er müsse wenigstens Generalgouverneur sein. Er lehnte die demütigen Aufforderungen der Wirte, abzusteigen und sich in den netten Landstädtchen zu erfrischen, ganz gewiß nicht ab. Nachdem er in Southampton ein reichliches Frühstück von Fischen, Reis und harten Eiern genossen hatte, hatte er sich in Winchester bereits wieder so weit erholt, daß er ein Glas Sherry für notwendig hielt. In Alton stieg er auf Bitten seines Bedienten aus und trank ein wenig von dem Ale, das den Ort berühmt gemacht hat. In Farnham hielt er an, um den Bischofspalast zu besichtigen und ein leichtes Diner, bestehend aus gedämpftem Aal, Kalbskoteletts und grünen Bohnen nebst einer Flasche Rotwein, zu sich zu nehmen. Als er über die Bagshot-Heide fuhr, wurde es ihm kalt, und auch der Eingeborene klapperte immer heftiger mit den Zähnen. Also trank Joseph Sahib einen Branntwein, und als er nach London kam, war er so voll Wein, Bier, Fleisch, Eingemachtem, Sherry und Tabak wie die Kajüte des Stewards auf einem Dampfer. Es war Abend, als sein Wagen donnernd an der kleinen Tür in Brompton vorfuhr. Hierher war der liebevolle Mensch nämlich zuerst gefahren, ehe er in das Quartier eilte, das Mr. Dobbin ihm bei Slaughter bestellt hatte.
    In allen Fenstern der Straße sah man neugierige Gesichter; das kleine Dienstmädchen flog an die Gartentür, die Damen Clapp blickten aus dem Küchenfenster, Emmy stand aufgeregt im Hausflur inmitten von Hüten und Mänteln, und der alte Sedley im Wohnzimmer zitterte an allen Gliedern. Joseph stieg die krachenden, schwankenden Stufen der Postkutsche in einem entsetzlichen Zustand herab. Er wurde von dem neuen Kammerdiener aus Southampton und dem zähneklappernden Eingeborenen unterstützt, dessen braunes Gesicht jetzt vor Kälte blaugrau wie ein Truthahnmagen war. Kurz darauf erregte der Eingeborene ungeheures Aufsehen im Hausflur, als Mrs. und Miss Clapp, die höchstwahrscheinlich heraufgekommen waren, um an der Wohnzimmertür zu lauschen, Loll Jewab auf der Bank im Flur unter den Mänteln fanden. Er zitterte vor Kälte, stöhnte in seltsamer, mitleiderregender Weise und zeigte seine gelben Augäpfel und weißen Zähne.
    Sehen Sie, nun haben wir geschickt die Tür hinter dem Wiedersehen Josephs mit seinem Vater und dem armen sanften Schwesterchen geschlossen. Der alte Mann war sehr bewegt und seine Tochter natürlich ebenfalls. Aber auch Joseph blieb nicht ungerührt. Während einer Abwesenheit von zehn langen Jahren denkt sogar der Selbstsüchtigste an die Heimat und an alte Bande. Die Entfernung heiligt beide. Langes Nachdenken über diese verlorenen Freuden macht sie reizvoller und teurer. Joseph war ehrlich froh, seinen Vater, zu dem er sonst ein kühles Verhältnis gehabt hatte, wiederzusehen und ihm die Hand zu schütteln; er war auch froh, sein Schwesterchen zu sehen, die er so hübsch und munter im Gedächtnis hatte, und es tat ihm weh, festzustellen, wie Zeit, Kummer und Unglück den alten Mann zerrüttet hatten.
    Emmy

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