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Jahrmarkt der Eitelkeit

Jahrmarkt der Eitelkeit

Titel: Jahrmarkt der Eitelkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: William Makepeace Thackeray
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zeitig seine Familie zu Bett ging und daß es unnütz wäre, sie zu so später Stunde aus dem Schlaf zu holen, so erzählt man, daß Major Dobbin an jenem Abend den letzten Teil der Vorstellung im Haymarket Theater zum halben Preis besuchte, wo er sich hoffentlich gut unterhalten hat.

Fußnoten

    1 (griech.) »der entbrannt den Achäern unnennbaren Jammer erregte«.

59. Kapitel
Das alte Klavier
    Der Besuch von Major Dobbin versetzte den alten John Sedley in heftige Aufregung. Seine Tochter konnte ihn an jenem Abend nicht dazu veranlassen, sich seinen gewöhnlichen Beschäftigungen und Unterhaltungen zuzuwenden. Er verbrachte die Stunden, indem er in seinen Schubkästen und Schreibpulten kramte, mit zitternder Hand Papierbündel aufknotete und alles sortierte und für Josephs Ankunft zurechtlegte. Sie waren in bester Ordnung – seine Schnüre und Papiere, die Quittungen, der Briefwechsel mit Rechtsanwälten und Geschäftsfreunden, die Dokumente über das Weinprojekt (das durch einen unvorhergesehenen Zufall fehlschlug, nachdem es mit glänzenden Aussichten begonnen hatte), das Kohlenprojekt (das nur aus Kapitalmangel nicht zum erfolgreichsten Plan wurde, den man je der Öffentlichkeit vorgelegt hatte), das Patentsägemühlen- und -sägemehlverdichtungsprojekt und so weiter und so fort.
    Bis in die Nacht hinein beschäftigte er sich mit dem Ordnen dieser Papiere und wankte mit einer zitternden Kerze in der bebenden Hand von einem Zimmer zum anderen.
    »Hier sind die Weinpapiere, hier das Sägemehl, hier die Kohlen, hier meine Briefe nach Kalkutta und Madras und die Antworten darauf von Major Dobbin, Träger des Bathordens, und Mr. Joseph Sedley. Er soll bei mir keine Unregelmäßigkeiten finden, Emmy«, sagte der alte Herr.
    Emmy lächelte. »Ich glaube nicht, daß es Joseph interessiert, deine Papiere zu sehen«, sagte sie.
    »Du verstehst eben nichts von Geschäften, meine Liebe«, erwiderte der Alte und schüttelte wichtig den Kopf. Allerdings war Emmy auf diesem Gebiet wirklich sehr unwissend, aber es ist ein Jammer, daß manche so beschlagen sind. Nachdem der alte Sedley alle diese unbedeutenden Dokumente auf einem Seitentisch ausgebreitet hatte, bedeckte er sie sorgfältig mit einem sauberen bunten Taschentuch (einem Geschenk Major Dobbins) und schärfte dem Dienstmädchen und der Hauswirtin feierlich ein, die Papiere nicht durcheinanderzubringen, die für die Ankunft Mr. Joseph Sedleys am nächsten Morgen bereitgelegt waren, »Mr. Joseph Sedleys vom Zivildienst Bengalen der Ostindischen Kompanie«.
    Amelia fand ihn am nächsten Morgen zeitig auf, eifriger, hektischer und zittriger als je. »Ich habe nicht viel geschlafen, liebe Emmy«, sagte er. »Ich dachte an meine arme Bessy. Ich wünschte, sie lebte noch, damit sie noch einmal in Josephs Wagen hätte fahren können. Sie hatte ja einen eigenen und nahm sich sehr gut darin aus.« Tränen stiegen ihm in die Augen und liefen über sein runzliges altes Gesicht. Emmy wischte sie ab und küßte ihn lächelnd. Dann schlang sie das Halstuch des Alten zu einem eleganten Knoten und steckte ihm eine Brosche in seine beste Hemdkrause. In seinem schwarzen Sonntagsanzug saß er nun von sechs Uhr morgens und erwartete die Ankunft seines Sohnes.
    In der Hauptstraße von Southampton gibt es einige glänzende Schneidergeschäfte. In den schönen Glasschaufenstern hängen prächtige Westen aller Art aus Samt und Seide, rot und goldfarben, daneben Bilder von der neuesten Mode, auf denen wundervolle Herren mit Monokel kleine Knaben mit ungeheuer großen Augen und lockigem Haar an der Hand halten und Damen zärtliche Blicke zuwerfen, die im Reitkostüm an der Achillesstatue beim Apsley-Haus vorbeigaloppieren.
    Obwohl Joseph schon eine ganze Anzahl der glänzendsten Westen besaß, die in Kalkutta aufzutreiben waren, so meinte er doch, erst in London erscheinen zu können, wenn er sich mit einigen dieser Kleidungsstücke versehen hätte, und er wählte eine hochrote Atlasweste, mit goldenen Schmetterlingen bestickt, und eine schwarzrotkarierte aus Samt mit weißen Streifen und Rollkragen. Damit, mit einer prächtigen, blauen Atlashalsbinde und einer goldenen Anstecknadel, auf der ein rosa Emaillereiter über ein Gittertor mit fünf Querbalken sprang, glaubte er, würdig genug seinen Einzug in London halten zu können. Josephs frühere Schüchternheit und täppische, errötende Furchtsamkeit waren einer offenen und mutigen Erkenntnis seines eigenen Wertes gewichen. »Ich scheue

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