Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Jahrmarkt der Eitelkeit

Jahrmarkt der Eitelkeit

Titel: Jahrmarkt der Eitelkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: William Makepeace Thackeray
Vom Netzwerk:
glücklich sein könne, wenn sich Joseph Sedley und seine Familie im Sankt-James-Palast um ihn scharten.
    Emmy lachte. »Soll ich dann den Familienschmuck tragen, Joseph?« fragte sie.
    Ich wollte, du ließest dir von mir welchen kaufen, dachte der Major; ich möchte die Diamanten sehen, die für dich zu gut wären.
Fußnoten

    1 (franz.) Freund des Hauses.

    2 (lat.) Mit verändertem Namen.

61. Kapitel

In dem zwei Lichter ausgelöscht werden
    Es kam ein Tag, an dem die Reihe züchtiger Vergnügungen und feierlicher Lustbarkeiten in Mr. Joseph Sedleys Familie durch ein Ereignis unterbrochen wurde, das sich in den meisten Häusern zuträgt. Wenn du in deinem Hause vom Salon in das Stockwerk hinaufsteigst, wo sich die Schlafzimmer befinden, so hast du vielleicht schon gerade vor dir in der Mauer ein kleines Bogenfenster erblickt, das einmal die Treppe zum zweiten Stock erhellt (wo die Kinderzimmer und Dienerräume sind), aber noch einen anderen Zweck erfüllt, den dir die Leute des Leichenbestatters erklären können. Sie setzen nämlich den Sarg in diesem Bogenfenster ab oder schieben ihn durch, damit sie den in dem schwarzen Behältnis schlummernden kalten Bewohner nicht auf unziemliche Weise stören.
    Dieses Bogenfenster im ersten Stock eines Londoner Hauses beherrscht das Treppenhaus, die Hauptverkehrsader, auf der die Hausbewohner sich bewegen. Vor Tagesanbruch schleicht die Köchin hinab, um ihre Töpfe und Pfannen in der Küche zu scheuern. Der junge Herr steigt leise hinauf, nachdem er die Stiefel in der Halle gelassen hat, wenn er nach einer fröhlichen Nacht im Klub nach Tagesanbruch heimgekommen ist. Das junge Mädchen rauscht hinunter, glänzend und schön, mit frischen Atlasbändern und gestärktem Musselin, bereit, auf dem Ball Eroberungen zu machen, oder Master Tommy rutscht das Geländer hinunter, voller Verachtung für Stufen und Gefahr. Auf seinen starken Armen trägt der Ehemann liebevoll die lächelnde junge Mutter hinab, Stufe für Stufe, gefolgt von der Pflegerin, wenn der Tag gekommen ist, an dem der Arzt der bezaubernden Patientin erlaubt hat, wieder unten zu sein. John schlurft gähnend, das tropfende Talglicht in der Hand, hinauf, um zu Bett zu gehen, und bereits vor Sonnenaufgang wieder sammelt er die Stiefel ein, die ihn im Flur erwarten. Das ist die Treppe, über die man Säuglinge trägt, alte Leute führt, Gäste zum Ball geleitet, über die der Pfarrer zur Taufe, der Doktor ins Krankenzimmer und die Leute des Leichenbestatters ins obere Stockwerk gehen – was für ein Mahnzeichen des Lebens, des Todes und der Eitelkeit ist dieses Bogenfenster und die Treppe – wenn du dich entschließt, sie zu betrachten, auf dem Podest sitzt und deine Blicke auf und nieder durch das Treppenhaus schweifen läßt. Auch uns wird der Arzt dort zum letzten Male besuchen, mein Freund im Narrenkleid, und die Pflegerin wird durch die Bettvorhänge blicken, und du wirst nichts bemerken. Dann wird sie ein wenig die Fenster öffnen, um frische Luft hereinzulassen. Nun wird man alle Fenstervorhänge auf der Straßenseite herablassen und in den hinteren Räumen wohnen, schließlich wird man die Rechtsanwälte und andere Leute in Schwarz herbeiholen und so weiter. Deine und meine Komödie ist dann ausgespielt, wir werden weit, weit weggetragen werden von den Trompetenstößen und dem Geschrei und den akrobatischen Kunststücken des Lebens. Sind wir vornehm, so wird man Leichenwappen über unserer letzten Wohnung aufhängen mit vergoldetem Cherubim und Mottos, die besagen, daß »Friede im Himmel« sei. Dein Sohn wird das Haus neu einrichten oder es vielleicht vermieten und in ein moderneres Viertel ziehen; dein Name wird im nächsten Jahr in der Klubliste unter »Todesfälle« aufgeführt sein. Wie sehr man dich auch beklagen mag, so wird doch deine Witwe darauf achten, daß ihre Trauerkleider hübsch aussehen. Die Köchin wird heraufschicken oder selbst kommen, um wegen des Essens zu fragen. Die Überlebenden werden den Anblick deines Bildes über dem Kaminsims bald ertragen können, und nach kurzer Zeit verschwindet dieses von seinem Ehrenplatz, und an seine Stelle tritt das des regierenden Sohnes.
    Welche Toten werden am zärtlichsten und leidenschaftlichsten betrauert? Ich glaube diejenigen, von denen die Überlebenden am wenigsten geliebt wurden. Der Tod eines Kindes verursacht großen Kummer und Tränenfluten, wie sie dein Ende, lieber Leser, nie hervorrufen wird. Der Tod eines Kindes, das dich kaum gekannt

Weitere Kostenlose Bücher