Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Jahrmarkt der Unsterblichkeit

Jahrmarkt der Unsterblichkeit

Titel: Jahrmarkt der Unsterblichkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Gallico
Vom Netzwerk:
vortrug: «Ich glaube nicht daran, daß es völlig verschwand. Die Materie ist unzerstörbar. Seit dem Beginn der Zeit ist nichts von dieser Erde völlig verschwunden und nichts hinzugefügt. Irgendwo ist diese Substanz oder dieses Element noch vorhanden, vielleicht in veränderter Gestalt. Ich glaube zu wissen, wo ich danach suchen muß. Wenn ich es finde, dann für Sie, dann mache ich Sie zur ersten Frau, die zwar nicht ewig, aber doch lange genug leben kann, um jeden Menschen von heute und auch die noch ungeborenen Generationen zu überdauern.»
    Er glaubte schon gewonnen zu haben, denn er sah, daß ihr Blick zu den beiden Fäusten auf der Schreibtischplatte wanderte — dem Symbol ihrer ewigen Erwerbssucht. Doch als sie aufschaute, gab es nicht den geringsten Hinweis darauf, daß sie mitgerissen worden wäre. Aus der schmalen Linie des grimmigen Mundes kam das einzige Wort: «Quatsch!» Völlig aber wurde die Wirkung von Joes Bemühungen zerstört, als Clarys helles Lachen aus der fernsten Ecke des Raumes erschallte.
    Hannah starrte ihn mit etwas wie Triumph über den Abgrund hinweg an, den das Wort geschaffen hatte, ehe sie fortfuhr: «Gott verlängerte das Leben der Patriarchen so sehr, damit sich sein Wort eher erfülle. Sie lebten einfach deshalb länger, weil es Gott so gefiel, in dessen Willen wir uns ergeben.»
    Sears bemühte sich, seine Enttäuschung und Wut zu überwinden. Ben-Isaak hatte ihm die gleiche Antwort gegeben, als er ihn fragte, weshalb die Patriarchen so lange gelebt hätten. Es war gerade, als ob dieses Buch einen Schleier über den menschlichen Geist gelegt hätte.
    «Und außerdem», setzte Hannah Bascombe hinzu, die funkelnden, berechnenden Augen fest auf ihn gerichtet, «wenn wirklich etwas Wahres. an dem wäre, was Sie sagen, warum hätte dann nicht schon längst jemand danach gesucht?»
    «Weil bisher kein anderer daran gedacht hat!» schrie Sears sie an. «Sie lesen die Bibel mit den Augen und interpretieren sie mit Gefühlen, statt mit Verstand. Sie nehmen das Mystische darin hin und vernachlässigen das Historische und die Geschichte, die sie vom Ringen des Menschen erzählt. Das Geheimnis der Lebensspanne des Menschen damals und heute stand immer da, jeder konnte es lesen, aber bis zum jetzigen Augenblick hat niemand darüber nachgedacht. Sie vielleicht?»
    «Natürlich nicht. Es ist zu widersinnig.»
    «Aber möglich!» beharrte Sears.
    Ein herausfordernder Zug trat auf Hannahs Gesicht, und ihre lebhaften Augen wurden kühl, als ob ein Vorhang herabgelassen worden wäre. Mit einer unvermittelten Bewegung wandte sie sich an das Mädchen, das an dem andern Tisch saß: «Clary, was hältst du von dieser ganzen Geschichte?»
    Einen Augenblick lang empfand Sears tiefes Mitleid für das Mädchen wegen der panischen Angst, die plötzlich in ihren Augen aufsprang. Dieser Blick wies mehr als alles andere auf die äußerste Unsicherheit ihrer Stellung und auf die Schwierigkeit der Entscheidungen hin, die sie immer wieder zu treffen hatte.
    Er- konnte sich den Aufruhr in ihrem Innern vorstellen, die Wachsamkeit, derer es ständig bedurfte, wenn man mit einer Frau wie Hannah zu tun hatte, die Notwendigkeit, immer zu erraten, welche Antwort die Ältere hören wollte, und die Furcht, anderer Ansicht zu sein...
    Einen Atemzug später aber bewunderte er ihre Klugheit, denn mit kaum wahrnehmbarem Zögern antwortete sie: «Ich habe den Eindruck, daß er Ihnen nichts zu bieten hat, Miss Bascombe, mindestens nichts, was Sie nicht selbst erwerben können, wenn Sie es sich wünschen.»
    Und dennoch verriet sie etwas. Die fixe Idee war tatsächlich vorhanden. Clary Adams deutete die Möglichkeit an, daß diese fixe Idee tatsächlich offenbar werden könnte, und öffnete Sears damit eine Tür.
    «Genau!» sagte Hannah, und es klang befriedigt und bestimmt. «Sie haben mir überhaupt nichts zu bieten, Mr. Sears. Denn wenn auch nur eine Spur von Wahrheit in dem läge, was Sie mir da erzählt haben, und wenn die einzige Quelle für Ihre Theorie die Bibel ist, weshalb sollte ich dann Ihrer bedürfen?»
    Das war die echte Hannah Bascombe der Legenden, die harte, kaltblütige Geschäftsfrau, der sich alles als Gewinn und Verlust, Vorteil und Nachteil darstellte und in deren Sittengesetz nicht das geringste dagegen sprach, alles auszubeuten — eine Idee, einen Besitz, ein Industrieunternehmen — was nicht bis zum äußersten dagegen geschützt war. Sie konnte nun eine Armee von Naturwissenschaftlern

Weitere Kostenlose Bücher