Jahrmarkt der Unsterblichkeit
Staubsauger und Fernsehapparate? Baut euch Eigenheime und kauft der teuren Gattin eine Garderobe in Paris. Reist und seht euch die Welt an. Verdammt noch mal, ihr dickköpfigen Trottel, das ist Geld, was ich euch anbiete, frisches, rotglühendes Geld, eben aus der Presse und zum Ausgeben bestimmt — hört ihr mich denn nicht?»
Er merkte es gar nicht, daß er sie aus vollem Hals anschrie, während ihm die Tränen der verzweifelten Enttäuschung über die Backen liefen.
Plötzlich fühlte er, wie ihm der Speichel aus einem Mundwinkel rann; er holte sein Taschentuch hervor und wischte sich die Lippen. Dann bemerkte er, daß sie alle standen und daß Barzillai ihn am Arm faßte — er wußte, das Spiel war aus. Na ja, guter alter Joe Sears, weiter ging’s nicht. Wenn die große Gelegenheit in Reichweite ist, dann geht’s immer daneben.
Er brachte ein halbes Lächeln zustande und sagte zu Barzillai: «In Ordnung, Chef, ich weiß, wann ich geschlagen bin. Grob brauchen Sie nicht zu werden, ich gehe schon.»
Er ließ sich von Barzillai aus dem Haus führen. Doch als er ihm ins Gesicht schaute, war er überrascht, daß der Älteste nicht ärgerlich zu sein schien. Im Gegenteil, auf seinem Gesicht war ein Ausdruck ungewöhnlichen Mitleids und tiefer Güte erschienen.
Er griff nach Sears Hand und schüttelte sie; darauf klopfte er ihm, wie er es bei dem ältesten Teilnehmer der Versammlung getan hatte, mehrmals auf die Schulter; dann drehte er ihn in die Richtung seines Quartiers und gab ihm einen kleinen, freundlichen Schubs.
Sears sagte zu sich selber: «Sears, mein Junge, du bist mir der Rechte. Selbst dieser große Affe hat gemerkt, daß du ein Pechvogel bist, und hat Mitgefühl mit dir. Und was erzähle ich Hannah nun?»
Er ging den Pfad abwärts, stolperte gelegentlich; ein geschlagener Mann, der sich klar darüber ist, daß er sich soeben um mehrere Millionen Dollar und ein Leben in finanzieller Sicherheit gebracht hat.
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Gott aber sei Dank für seine unaussprechliche Gabe!
2. KORINTHER 9, 15
Es war kurz nach Mitternacht an diesem Abend, als der Bote vom Rat der Ältesten in das Quartier der drei Männer kam. Ben-Isaak schlief. Dr. Levi untersuchte und klassifizierte mit dem Vergnügen des wahren Sammlers eine Reihe von Artefakten und steinzeitlichen Geräten, die er in den Höhlen gefunden hatte. Sears las, wenn auch nur seine Augen auf den Seiten weilten; er vermochte seine Gedanken nicht von dem Fehlschlag am Nachmittag loszureißen. Der Wissenschaftler wandte sich an Sears und sagte: «Es ist etwas geschehen. Es hat eine Ratssitzung stattgefunden, bei der eine wichtige Entscheidung getroffen worden ist. Der Rat der Ältesten bittet Miss Bascombe und uns alle, sofort zum Ratsgebäude zu kommen.»
Sears blickte verdutzt auf. «Was, zum Teufel, sagen Sie da?»
«Wollen Sie Miss Bascombe verständigen? In ihrem Quartier ist noch Licht.»
Sears fragte: «Worum handelt es sich? Wollen sie das Zeug hergeben? Haben sie eine Entscheidung getroffen?»
Dr. Levi erwiderte: «Ich weiß es nicht.» Er sah Sears lange und prüfend an. «Ich habe der Mitteilung entnommen, daß Sie sich eingemischt und den Rat heute nachmittag besucht haben. Ich weiß nicht, was dort geschehen ist oder wozu Ihr Besuch geführt haben könnte. Das wird Ihre Sache sein. Diese Aufforderung könnte sehr wohl dazu führen, daß man uns zwingt, das Dorf zu verlassen. Jedenfalls müssen wir hingehen.»
Sears zog eine Jacke an und setzte die Mütze auf, denn es war nachts kalt in dieser Höhe. Dann stieg er hinaus. Er stieg zum Eingang von Hannah Bascombes Quartier hinauf und rief: «Miss Bascombe!»
«Ja. Wer ist da?»
«Joe Sears. Sind Sie noch auf und angezogen?»
«Ja. Weshalb?»
«Barzillai und der Rat der Ältesten haben uns alle rufen lassen. Sie wünschen, daß wir sofort zum Ratsgebäude hinaufkommen.»
Selbst durch die dichten Vorhänge hörte er ihr keuchendes Aufatmen. «Ich komme unverzüglich.»
Sears überlegte, ob er ihr sagen solle, Dr. Levi fürchte, daß man sie möglicherweise auffordern werde, das Dorf zu verlassen, und ob er ihr seinen Anteil an der Katastrophe gestehen müsse, um ihr eine heftige Enttäuschung zu ersparen. Doch er hatte es sich im Guten wie im Schlechten zur Regel gemacht, nie eine unwiderrufliche Entscheidung zu überstürzen. Was spielte es schon für eine Rolle, ob Hannah es ein paar Minuten früher oder später erfuhr? Und außerdem, wie konnte man wissen, was tatsächlich geschehen
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