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Jahrmarkt der Unsterblichkeit

Jahrmarkt der Unsterblichkeit

Titel: Jahrmarkt der Unsterblichkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Gallico
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wahr? Verlangen sie nichts als Entgelt dafür?»
    «Nichts! Danken Sie ihnen. Für sie ist es ein Opfer. Verletzen Sie sie nicht damit, daß Sie versuchen, es zu bezahlen. Sagen Sie, Sie nähmen ihre großherzige Gabe in dem Geist an, in dem sie Ihnen dargeboten worden sei, und Sie hofften, das Geschenk werde Ihre Weisheit vermehren, die Sie zum Ruhm und zur Ehre Gottes und all seiner Werke verwenden wollen. Doch Sie müssen diese Worte selbst sprechen, dann will ich sie für Sie übersetzen.»
    Sears sah, welche Anstrengung es Hannah kostete, sich zusammenzunehmen und die ihr vorgeschriebenen Worte zu sprechen — wie ein Mensch, der hypnotisiert worden ist und nicht weiß, was er sagt. Sears bemerkte auch den fast ekstatischen Schauer des Triumphes, der ihren zerbrechlichen Körper erschütterte.
    Als sie geendet und Dr. Levi ihre Worte übersetzt hatte, verneigte sich Barzillai und überreichte Hannah mit einer Bewegung, die sowohl Liebenswürdigkeit als auch etwas wie Verständnis und Mitleid enthielt, den Tiegel.
    Ihre Finger erzeugten einen trockenen, knöchernen Laut, als sie sich um das glatte, glasierte Gefäß schlossen, denn auch ihre Fingernägel waren an dem krampfhaften Griff beteiligt, mit dem sie den Tiegel umklammerte und ihn an die Brust drückte.
    Sie blickte in Barzillais Gesicht hinauf und sagte:
    «Ich danke Ihnen. Ja, ja, ich danke Ihnen.» Dann wandte sie sich an Dr. Levi und wiederholte: «Danke. Ich danke Ihnen. Ist das genug? Kann ich jetzt gehen?»
    Er nickte zustimmend und schien sprechen zu wollen, doch sie sagte rasch: «Ich finde den Weg allein. Sie brauchen mich nicht zu begleiten. » . Den Tiegel fest an sich gedrückt, eilte sie aus dem Haus.
    Als Sears, Dr. Levi, Clary und Ben-Isaak wenige Minuten später in die kalte klare Nacht hinaustraten, war die Straße verlassen und keine Spur von Hannah auf dem ganzen Weg bis zu ihrem Quartier zu sehen. Doch hoch oben, auf dem Felspfad, der vom Dorf nach Norden führte, hörten sie den Tritt schwerbeschuhter Füße, die in panischer Flucht davoneilten; einen Augenblick sah man eine Silhouette vor dem schneebedeckten Hang des Hermon — es war Hannah.
    Dr. Levi sagte leise: «Die arme Seele. Die arme, arme Seele!»
    Clary rief: «Was ist ihr geschehen? Wohin geht sie?»
    Ben-Isaak antwortete: «Sie weiß nicht, was sie tut. Sie wird sich verirren. Ich laufe ihr nach und hole sie zurück.»
    Er war schon unterwegs, als Dr. Levis Worte ihn zurückriefen. «Nein, Ben-Isaak. Laß sie gehen! Wir haben uns schon zuviel eingemischt. Sie würde nur vor dir davonlaufen, bis sie stürbe. Sie fürchtet, wir wollten ihre Unsterblichkeit teilen.»
    Sears war wieder von Jubel und Frohlocken erfüllt. «Ich habe es geschafft! Sie hat das Zeug bekommen. Sie hat’s gekriegt. Aber Sie, Doktor, haben eben dort drin gelogen. Was hat der Bursche denn tatsächlich gesagt?»
    Dr. Levi erwiderte: «Ja, Sie haben recht. Ich konnte in ihrer Gegenwart nicht die Wahrheit sagen. Sie sind ein gescheiter Mensch, mein Freund. Sie haben die Ältesten irgendwie überzeugt, daß Hannah glaubt, die Königin der Welt zu sein und die Zügel der Macht über alle in der Hand zu halten und den Blitz und die Winde aus ihrem Haupt auszusenden. Sie halten Sie für ihren Sohn, der sie hierhergebracht hat, t damit die Ältesten ihr bei ihrer Suche nach dem ewigen Leben helfen, auf daß sie die Erde weiter beherrschen kann. Weil sie irrsinnig ist — * nach Ansicht der Orientalen sind die Irren von Gott berührt worden und verdienen deshalb die tiefste und aufmerksamste Rücksicht haben sie ihr geschenkt, was sie sich wünscht. Das ist der Inhalt dessen, was Barzillai sagte.»
    Eine Weile starrte Sears ihn ungläubig an. Dann wanderten seine Gedanken zurück zu der Szene am Nachmittag, zu der Reihe von Zeichnungen, die er gemacht hatte — und plötzlich hätte er am liebsten brüllend losgelacht. Sie hatten das alles für das Hilfeflehen eines Sohnes für seine wahnsinnige Mutter gehalten? Oh, das war köstlich, und Dr. Levi hatte recht. Er war wirklich gescheit. Unglaublich und sagenhaft gescheit! Vielleicht war es nicht ganz das, was er beabsichtigt hatte, aber schließlich war er dennoch zum Ziel gelangt; er hatte sie überzeugt, und er war es gewesen, der auf den Gedanken gekommen war, sich mit Zeichnungen zu verständigen.
    Und jetzt erst ging ihm das Entscheidende auf. Er hatte es geschafft. Er war reich. Heute in fünf Jahren würde er Millionär sein.
    Er blieb auf seinem Weg

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