Jake Djones - In der Arena des Todes: Roman (German Edition)
eine innige Umarmung, und Jake hörte, wie er ihr ins Ohr flüsterte: »Ich werde immer für dich da sein. Immer.« Dann legte er Charlie eine Hand auf die Schulter und sagte: »Ein Gutes hat die Sache allerdings. Nachdem unsere Tarnung aufgeflogen ist, werden wir inkognito gehen müssen. Du hast doch deine Spezialausrüstung dabei, oder, alter Freund?«
»Die Bärte?« Charlies Gesicht hellte sich sofort auf. Er deutete auf den Lederbeutel an seinem Gürtel. »Ich gehe nie ohne auf einen Einsatz.«
Nathan streckte die Arme und ging gähnend zu seinem Bett. Charlie gab Mister Drake eine letzte Erdnuss, kraulte ihn kurz am Kopf und legte sich ebenfalls hin.
Topaz löschte unterdessen die Kerzen bis auf die auf dem Tisch. Sie legte etwas Käse und Brot auf einen Teller und brachte ihn Jake. »Hier«, sagte sie. »Iss.«
»Danke«, flüsterte Jake und stellte den Teller auf seinem Bett ab. »Topaz, ich weiß, es ist sinnlos, aber ich möchte dir sagen, wie unendlich leid mir alles tut. Du wirst mir wahrscheinlich nie verzeihen können, und ich verstehe dich …« Er blickte ihr fest in die Augen, aber Topaz’ Gesicht blieb kalt und undurchdringlich. Jake ließ sich nicht beirren. »Ich bin sicher, Lucius wird es schaffen. Er ist mutig und schlau, und er kann kämpfen wie kein Zweiter. Ich bin überzeugt, er …«
»Tu comprends comme sa vie a été dûr?«, fiel Topaz ihm ins Wort, und ihre Stimme versagte beinahe dabei. »Weißt du überhaupt, wie hart sein ganzes Leben war? Weißt du, wie viel Schmerz er hat ertragen müssen?«
Jake dachte an die Nacht am Pons Fabricius zurück. »Er sagte, dass er seine Eltern schon seit sieben Jahren nicht mehr gesehen hat.«
»Und kennst du auch den Grund?«
Jake schüttelte den Kopf.
»Als er zehn Jahre alt war, haben Piraten ihr Schiff überfallen und seine Eltern entführt. Lucius’ Familie war nie reich, sein Vater war ein einfacher Bootsbauer, aber sie waren glücklich. Sie haben Lucius geliebt! Sie hatten alles gespart, und als sie genug Geld beisammenhatten, wollten sie nach Dalmatia gehen, um sich dort an der Küste ein kleines Häuschen zu bauen. Sie waren gerade erst drei Meilen gesegelt, da schlugen die Piraten zu. Lucius war schon damals ein unerschrockener Kämpfer und wehrte sich, so gut er konnte, aber … mais c’était inutile . Es war zwecklos. Er war nur ein Kind. Er wurde überwältigt und in Ketten gelegt. Von seinen Eltern und seinem kleinen Bruder hat er seitdem nie wieder etwas gehört.«
»Er hat einen Bruder?«, fragte Jake. »Das wusste ich nicht.«
»Im nächsten Hafen haben sie Lucius für zwei Kupfermünzen verkauft. Die nächsten fünf Jahre seines Lebens – la reste de son enfance – hat er in einer Silbermine verbracht. Jede Nacht ist er aufgewacht, weil er im Schlaf die Schreie seines kleinen Bruders hörte, als die Piraten ihn fortschleppten …«
Jetzt verstand Jake, weshalb Lucius nicht darüber hatte reden wollen. Er blickte Topaz voll Trauer an, sah die Tränen, die in ihren Augen schimmerten, und nahm ihre Hand.
Topaz reagierte nicht, zog die Hand aber auch nicht weg. »Als ich dann von meiner eigenen Mutter gefangen gehalten wurde, half er mir, wo er nur konnte, ohne Rücksicht auf seine eigene Sicherheit«, erzählte sie weiter. Die Tränen strömten jetzt nur so über ihr Gesicht. »Er war so ein wundervoller Mensch«, schluchzte sie. »Un gars magnifique.«
Charlie blickte kurz zu den beiden hinüber, sagte aber nichts.
Jake wollte Topaz in die Arme nehmen, doch sie wischte eilig die Tränen weg und ging zurück zu ihrem Bett. Am ganzen Körper zitternd, zog sie sich die Decke bis über den Kopf und drehte Jake den Rücken zu.
Jake fühlte sich vollkommen hilflos. Er hätte Topaz so gern gesagt, dass alles gut werden würde, aber er konnte es nicht. Nichts war gut. Lucius war nicht mehr da. Topaz’ Mutter, die grausamste Frau, die je auf Erden gewandelt war, versuchte, die Welt zu unterjochen, und sie wussten nicht einmal, wie. Geschweige denn, wie sie sie aufhalten sollten.
Niedergeschlagen legte Jake sich auf sein Bett. Er machte sich nicht einmal die Mühe, sich auszuziehen, und starrte mit leerem Blick an die Decke.
18
Die geheime Kammer
S ie ist weg«, sagte Alan, sein Fernglas auf das in der Ferne immer kleiner werdende Boot gerichtet. Es war noch früh am Morgen auf Mont-Saint-Michel. Er und Miriam standen auf einem der windumtosten Türme des Schlosses und kämpften gähnend mit ihrer
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