Jake Djones und die Huter der Zeit
Brieföffner.
»Wie ritterlich von Ihnen!«, sagte Rose geschmeichelt.
»Die Patronen sind sehr teuer. SchieÃen Sie nur, wenn Sie unbedingt müssen«, erwiderte Jupitus knapp und ging los.
»Ich weiÃ, dass Sie in Ihrem Herzen eigentlich ein Ritter sind, auch wenn Sie es nicht zugeben wollen!«, rief Rose ihm nach und machte sich ebenfalls auf den Weg.
Jupitus schlich den Flur entlang zum Kommunikationsraum. Lautlos öffnete er die Tür und spähte hinein: Die Pulte waren leer, und der Meslith-Nukleus stand unbeweglich in seinem Glasschrank, die Federkiele tatenlos über leeren Pergamentbogen schwebend.
Rose hatte inzwischen den Eingang zum Prunksaal erreicht. Die Tür stand weit offen. Jupitusâ Pistole gezückt, ging sie hinein. Alle Lichter waren gelöscht, und der Saal schien leer. Das Licht des gerade aufgehenden Mondes drang durch die hohen Fenster und zeichnete lange Schatten auf den Boden. Ein Wandschirm verdeckte eine Ecke des Saals, aus der jetzt ein Geräusch hervordrang â es klang, als würde jemand gerade die Klappe des Speiseaufzugs öffnen. Rose wirbelte herum und sah zwei FüÃe in dem Spalt zwischen Boden und Wandschirm.
»Wer ist da?«, fragte sie und zielte mit der Pistole auf den Wandschirm.
Es kam keine Antwort, nur das Klirren von Geschirr, mit dem unsichtbare Hände den Speiseaufzug beluden.
»Ich will wissen, wer da ist«, wiederholte Rose mit fester Stimme und bewegte sich Schritt für Schritt auf den Wandschirm zu.
»Wie bitte?«, ertönte eine Stimme, die Rose sofort erkannte. Erleichtert lieà sie die Pistole sinken, als Norland den Kopf hinter dem Wandschirm hervorstreckte.
»Miss Rose, ich habe Sie gar nicht gehört.«
Norland packte weiter benutzte Löffel und Tassen in den Speiseaufzug. »Der Nachmittagstee. Hätte ich schon vor Stunden machen sollen. Einfach vergessen. Ich rate Ihnen: Sehen Sie zu, dass Sie nicht zu alt werden. Was haben Sie eigentlich vor? SchieÃtraining?«, fragte er mit einem Kichern, als er Roses Pistole sah.
»Ist irgendjemand hier durchgekommen?«, fragte sie zurück.
»Ich habe keine Menschenseele gesehen.«
Seufzend legte Rose die Pistole auf die Essenstafel. »Ich hatte ganz vergessen, wie es ist, eine Kanone in der Hand zu halten. Kein besonders schönes Gefühl.«
Da sah sie etwas Blaues unter der Tafel hervorblitzen. Es dauerte einen Sekundenbruchteil, bis sie die Information verarbeitet hatte, doch dann wurde ihr klar, dass dies der Umhang des Spions war. Hastig griff sie nach der Pistole â doch Norland war schneller und richtete sie direkt auf ihren Kopf.
Panisch schnappte Rose nach Luft. » Sie waren es! Sie waren in der Bibliothek der Gesichter!«, keuchte sie.
Norlands freundliches Lächeln verwandelte sich in ein höhnisches Grinsen.
»Ausgerechnet Sie, Norland ⦠Ich begreife es nicht«, stammelte Rose und bewegte sich rückwärts auf die offenstehende Eingangstür zu.
»Vierzig Jahre bin ich nun schon bei den Geschichtshütern«, knurrte Norland und ging drohend auf Rose zu. »Aber nimmt irgendjemand davon Notiz? Nein. Norland hat nichts zu sagen, er ist nicht wichtig. Räumt nur das dreckige Geschirr weg, spielt den Chauffeur und dergleichen.«
»Aber das stimmt doch gar nicht. Sie sind ein wertvolles Mitglied der Organisation, waren es schon immer.«
»Verkaufen Sie mich nicht für dumm! Ein einziger Einsatz! Ein einziger, lausiger Einsatz, das warâs! Und das nur wegen der Formen in meinen Augen. Der arme alte Norland, er kommt ja kaum mal über die StraÃe, geschweige denn bis ins achtzehnte Jahrhundert! Ich hasse euch Diamanten. Ihr seid so eingebildet, so selbstgerecht.«
Rose hatte die Tür erreicht und wollte gerade losrennen, doch Norland sprang dazwischen. Mit der Pistole schlug er sie zu Boden und trat die Tür zu, dann drehte er den Schlüssel einmal im Schloss herum und warf ihn weg.
»Bei Zeldt kann ich noch mal ganz von vorn anfangen«, sagte er mit leuchtenden Augen. »Er wird mit mir durch die Zeit reisen â wohin auch immer ich will. Stehen Sie auf!«, fauchte er.
Zitternd kam Rose auf die Beine. Blut tropfte ihr übers Gesicht.
»Rüber ans Fenster«, bellte Norland sie an, und Rose gehorchte.
Ein Klopfen ertönte an der Tür und jemand drückte die Klinke. »Rose, sind Sie da drinnen?«, fragte Jupitus
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