Jake Djones und die Huter der Zeit
Rest des Tages und noch die ganze Nacht dauern«, erklärte er mit einem Achselzucken und schraubte die Thermoskanne auf. »Besser, wir haben es bequem. Wenn ich mich nicht irre, ist Lapsang Souchong eine Ihrer Lieblingsteesorten â¦Â«
»Ich liebe Lapsang Souchong«, erwiderte Rose und setzte sich.
»Nun, ich kann ihn nicht ausstehen. Also werden wir uns mit Oolong begnügen müssen. Wie Sie sehen, haben wir von hier freien Blick auf die Poströhre.« Jupitus leuchtete mit einer Lampe in Richtung der Apparatur. »Wir werden ihn sehen, aber er uns nicht.«
»Ja, ganz toll«, kommentierte Rose mit einem matten Lächeln.
Beinahe eine Stunde lang saÃen sie schweigend da, bevor Jupitus wieder etwas sagte. »Dieses Warten erinnert mich an unseren letzten gemeinsamen Einsatz.«
»Byzanz, im Jahr 328«, ergänzte Rose, die auch daran gedacht hatte. »Wir haben die ganze Nacht in der Kanalisation unter der Pferderennbahn gewartet. Die Stadt sollte mit einer Fliegenplage vernichtet werden, um ganz Kleinasien zu destabilisieren.«
»Es waren Heuschrecken, nicht Fliegen«, widersprach Jupitus. Er brauchte genau so lange, um diese fünf Worte auszusprechen, wie das Geräusch zu hören war, mit dem ein neues Kommuniqué in der Röhre landete â weshalb keiner der beiden es mitbekam.
Weitere zehn Minuten vergingen in drückender Stille. Da es kein gemeinsames Gesprächsthema zu geben schien und Rose immer noch in Gedanken mit den Ereignissen des gestrigen Tages beschäftigt war, platzte es plötzlich aus ihr heraus. »Ich muss es einfach ansprechen, Jupitus«, sagte sie unvermittelt, »aber ich habe gestern meine Blume auf Ihrem Schreibtisch gefunden und noch ein paar alte Notizzettel von mir. Woher haben Sie die, und warum haben Sie sie behalten?«
»Ich habe nicht die geringste Ahnung, wovon Sie sprechen.«
»Die Blume, meine gefleckte Rose.«
»Es scheint, ich habe mich geirrt«, erwiderte Jupitus, stand auf und nahm die Laterne zur Hand. »Es ist vollkommen sinnlos, wenn wir beide hier ausharren.«
»Ãberhaupt nicht. Ich will darüber reden. Jetzt!«, widersprach Rose und hielt ihn am Arm fest, wobei sie so heftig zog, dass Jupitus die Laterne aus der Hand fiel. Als sie auf dem Boden aufschlug und umkippte, löschte der Luftzug die Kerze darin, und sie standen beide im Dunkeln.
»Sehen Sie doch nur, was Sie angerichtet haben!«
Da hörten sie es: ein leises Klicken, mit dem jemand die Eingangstür der Bibliothek hinter sich schloss. Wie vom Blitz getroffen standen Rose und Jupitus da und lauschten den Schritten, die die Bibliothek durchquerten. Mit einem Quietschen öffnete sich die Geheimtür, die hinter die Porträts führte, einen Spaltbreit, und eine Gestalt mit einer Laterne in der Hand schlüpfte hinein. Vorsichtig arbeitete sich der Spion zur Poströhre vor und zog das Kommuniqué heraus.
Jupitus tastete auf dem Boden nach der Laterne. »Aaahh!«, schrie er, als er sich die Finger an dem glühend heiÃen Glas verbrannte.
Der Eindringling hielt inne. Blitzschnell drehte er sich um, warf seine Laterne nach Jupitus und Rose und floh mit einem Sprung durch die Wand. Das Antlitz von Stede Bonnet, des berüchtigten »Gentlemen-Piraten«, der für kurze Zeit am Anfang des achtzehnten Jahrhunderts die Karibik unsicher gemacht hatte, riss entzwei, der Spion fiel auf der anderen Seite der Länge nach hin, rappelte sich wieder hoch und rannte weiter.
»Ihm nach, schnell!«, brüllte Jupitus und sprang ebenfalls durch das zerrissene Porträt, gefolgt von Rose. Dem Fliehenden dicht auf den Fersen, spurteten sie auf die Bibliothekstür zu, durch die der Flüchtige soeben entschwunden war und jetzt mit wehendem blauen Mantel die Treppe hinaufrannte.
Am oberen Ende der Treppe gab es zwei Abzweigungen. Der Spion war nirgendwo mehr zu sehen. Angestrengt lauschten Rose und Jupitus auf verräterische Geräusche, hörten aber nur das Ticken einer Standuhr.
»Ich nehme diesen Flur, Sie diesen«, befahl Jupitus. »Sind Sie bewaffnet?«
Rose durchwühlte ihre Reisetasche und zog einen Brieföffner hervor.
Jupitus rollte die Augen. »Nehmen Sie die hier«, sagte er und reichte Rose eine kleine Pistole, die er in einem Brusthalfter bei sich trug.
»Und was ist mit Ihnen?«, fragte Rose besorgt.
Wortlos nahm Jupitus ihren
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