Jakob der Reiche (German Edition)
müssen ihn aus Nürnberg zurückholen, denn leider hat er sich etwas zu weit aus dem Fenster gelehnt, als es um die Waffen und die Ausrüstung für das Heer ging, das der Schwäbische Bund aufstellen will.«
»Du meinst, er hat dieses Geschäft finanziert?«
»Nein, nein, nicht ganz allein«, wehrte Ulrich sofort ab. »Aber sein Name ist nun einmal genannt worden. Deshalb steht sein ganzes Vermögen zurzeit unter kaiserlichem Arrest. Er kann nichts kaufen, und sein Name darf in keiner Kaufurkunde auftauchen …«
Jakob begriff sofort, dass hier ein Schaden entstanden war, der nicht nur Georg, sondern die ganze Firma Ulrich Fugger und Gebrüder betraf.
»Und du tadelst mich, dass ich Geld ausgebe, um die gesamten Silberrechte für die Berge in Tirol an uns zu bringen. Ihr hättet mich darüber unterrichten müssen, dass ihr mit dem Schwäbischen Bund Waffenhandel treibt. Ahnst du denn überhaupt, worauf ich hinauswill? Denkst du, es ginge mir einzig um Tirol? Nein, Ulrich, damit hat Georg mehr zerstört, als er jemals wiedergutmachen kann. Er hat uns Kaiser Friedrich und Maximilian zu Feinden gemacht – das hätte nie geschehen dürfen!«
»Diesmal muss ich dir leider zustimmen«, presste Ulrich hervor. »Aber es ist nun einmal geschehen, und wir dürfen unseren Bruder nicht mittellos in Nürnberg hängen lassen.«
»Das also ist der wahre Grund für deinen Auszug hier«, sagte Jakob und nickte. »Nun gut, ich bin einverstanden. Aber als Gegenleistung erwarte ich ab sofort die volle Unterstützung meiner Pläne mit den Habsburgern. Ich will sie haben, und ich werde sie mir kaufen – koste es, was es wolle.«
Die beiden jungen Männer hatten schon viel voneinander gehört, sich aber noch nie gesehen. Sie trafen sich außerhalb von Innsbruck am Waldrand unterhalb der Martinswand. Die hübsche Gegend gehörte zu den Revieren, in denen Erzherzog Maximilian gern jagte, wenn er sich in Innsbruck befand. Jakob war in einem Einspänner wie bei einem Sonntagsausflug gekommen, sein Gesprächspartner auf einem der Pferde, die ihn und seine Unternehmungen bereits berühmt gemacht hatten.
Jakob Fugger blieb in der Kutsche sitzen, und auch Francesco Tassis machte keine Anstalten, von seinem Pferd zu steigen. Sie musterten sich sehr genau. Der dunkelhaarige, südländisch und kühn erscheinende Tassis wirkte auf den ersten Blick wie einer der Condottiere, die überall in Oberitalien mit ihren Heerhaufen umherzogen und sich jedem verdingten, der sie bezahlen konnte. In stolzer Haltung blickte er ein wenig von oben herab in die Kutsche Jakob Fuggers. Er sah ein schmales, strenges Gesicht mit hoher Stirn und um die Mundwinkel herum bereits scharf gewordenen Konturen.
Keiner von beiden senkte den Blick. Dann lächelte Jakob Fugger und stieg vom Wagen. Der Mann gefiel ihm. Auch Francesco Tassis sprang nun von seinem Pferd. Sie reichten sich zugleich die Hände und begrüßten sich, als wären sie längst alte Freunde.
»Ihr habt sehr gute Pferde«, sagte Jakob, »und schnelle Reiter wie kein anderer.«
»Ich weiß«, gab der junge Tassis zurück. »Aber ich höre, dass Ihr mit Euren Leuten ebenso gnadenlos umgehen könnt wie ich mit meinen. Möglicherweise dienen ja auch einige von ihnen zugleich Euch und mir …«
»Ihr wisst es?«
»Ich sehe manches und höre sehr, sehr viel.«
»Dann spräche eigentlich doch nichts dagegen, dass wir uns gegenseitig nützen«, meinte Jakob Fugger.
»Solange Eure Wünsche mein Geschäft nicht stören, bin ich gern zur Zusammenarbeit bereit. Um zu beweisen, was ich meine, sage ich nur: Erzherzog Maximilian braucht Geld – sehr viel Geld sogar. Aber nicht öffentlich und ohne jeden Schuldschein.«
Jakob Fugger lachte leise. »Das ist nichts Neues«, sagte er. »Wann jemals hat dieser Habsburger kein Geld gebraucht? Manchmal denke ich, dass er es noch wilder verschwendet als Sigismund, den sie einst den Münzreichen genannt haben.«
»Nein, diesmal hat der Bedarf von Maximilian nichts mit Verschwendung zu tun, sondern mit einem politischen Kampf, bei dem es nicht nur für die Habsburger um Sein oder Nichtsein geht.«
»Ich kann mir schon denken, was Ihr meint«, antwortete Jakob. »Es sind die Niederlande und ihre Städte, die sich noch immer nicht dareinfügen wollen, dass sie als Teil des Herzogtums Burgund zu Habsburg und nicht zu Frankreich gehören.«
»Sie stellen Truppen auf. Die Städte Gent und Brügge haben bereits so viele Gewappnete in ihrem Sold, dass sie damit ohne
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