Jakobsweg
man muss entweder weiter nach Samos oder Sarria und das wären noch mal 10 bzw. viel mehr Kilometer gewesen. Im Ort eine kleine Kneipe - Neonlicht, Resopaltische, Dorfschönheiten am Tresen. Aber: der Wein lecker und das Filete de Ternera, das ist ein hauchdünnes Rinderschnitzel, auch, vorher eine Suppe, alles inkl. Getränke für 5 Taler und die Menschen freundlich und liebenswert. Der Wirt hat mich auf ein Bier eingeladen und mich ein bisschen ausgefragt. Ein netter alter Mann, der seine Kneipe schon über 50 Jahre hat. Mehr geht nicht. Schneefallgrenze sinkt. Hier bin ich nur auf etwas über 500 mtr.—
Heilfroh, dass ich nach einer weiteren kalten Nacht endlich weiterkonnte. Hab mir mein altes Baguette auf der Heizung aufgebacken und dazu 2 kleine "La Vache qui rit" gegessen. Und eine Madalena aus Cebreiro hatte ich auch noch. Dann bin ich bei leichtem Schneefall los. Bestens geschützt diesmal durch meinen neuen, alles verhüllenden Regenmantel, der wirklich sensationell ist. Nass bin ich jedenfalls nicht geworden. Feuerrot, ein richtiger, knöchellanger Mantel mit dem nötigen Platz für den Rucksack, mit Reißverschluss UND Knöpfen UND Kapuze UND Taschen. 55,-- € hat das Teil gekostet, aber es hat sich gelohnt!!!! Die Straße war gut geräumt - der Einstieg in den eigentlichen Camino allerdings von der Guardia Civil gesperrt. Hab von Triacastela nach Samos mit 2 kurzen Wasserpausen und Rundumkucken 2,5 Std. gebraucht.
Während ich so vor mich hin pilgerte, hörte ich ein lautes Brummen und hab noch gedacht - 'hui Flugzeuge bei dem Nebel' und sooo tief. Das Brummen wurde immer lauter, also bin ich stehengeblieben, um zu kucken. Naja, jedenfalls, gerade als ich mich umgedreht habe, hab' ich sozusagen in der Schaufel vom Schneepflug gestanden und im gleichen Moment hat der Fahrer gehupt - hab' ich einen Satz gemacht. Nach unten in den Graben. Und bin bis zu den Knien versunken. Hat einen Moment gedauert, da wieder raus zu klettern. In Samos bin ich direkt am alten Kloster aus dem 17. Jahrhundert ausgekommen, riesengroß und wunderschön.
Zum Aufwärmen bin ich in die erstbeste Bar, habe die nassen Klamotten auf die Heizung gelegt und mich davor gesetzt, vor mich hingedacht und meine wehen Beine geschont. Bin da sitzen geblieben und hab mich zwei Stunden ausgeruht, den Menschen zugehört, ein kleines bisschen Rotwein getrunken und dann weiter nach Sarria, es war relativ einfach zu laufen, der Weg führt an der Straße entlang, wenn es zu schlammig wird, ist man mit ein oder zwei Schritten auf dem Asphalt und kann da leichter laufen. Dann: "Hotel Alfonso", am Ortseingang. Direkt da hinein, 4 Sterne (haha), feinstes spanisches Publikum, schließlich ist Sonntag, Familientag also. Und ich? Verschwitzt, verdreckt, hungrig und müde habe ich an der Rezeption gestanden. Und was machen die als erstes: "Herzlich willkommen. Möchten Sie etwas essen, trinken? Sollen wir Ihre Sachen waschen???" JA,BITTE und TROCKNEN!!! Heizung auf volle Pulle, Badewanne mit heissem Wasser und einem Schuß Olivenöl aus meinem kleinen Kanister (100 ml), dazu ein Glas Cava! Wie toll war das denn? Ich habe es soooo genossen. Bin anschließend sofort ins Bett und habe zwei Stunden tief und fest geschlafen, während draussen die Welt unterging. Abends bin ich schnell in die Hotelbar, habe etwas Käse bestellt und einen wunderbaren Gin-Tonic. Bleibe noch einen Tag hier. Ab jetzt keine Planung mehr, es sind noch 100 und ein paar Kilometer - was soll ich da planen? Ich hatte viele tolle Gespräche gestern und meinen Aufenthalt hier habe ich sehr genossen, viel geschlafen, bin auch gar nicht aus dem Hotel, sondern nur an die Bar, um eine Kleinigkeit zu essen und ein Glas Wein zu trinken...
Von Sarria bin ich die Straße entlang nach Portomann gelaufen, es geht von 460 m langsam, aber stetig bis auf 660, dann wieder langsam bergab, eine wenig anstrengende Tour, Gott sei Dank. Ich renne zwischendurch geradezu. Scheinbar will ich es doch hinter mich bringen. Obwohl: fast will ich noch gar nicht "ankommen", lieber noch weiterlaufen. Morgen geht es weiter, nach Palas de Rei.
Melide - 2 Tage später
Ein hübsches Örtchen, ein kleines Hostal, nette Leute, aber Knaas überall. Schlafe mit Schlafsack im Bett, weil das so eklig ist. Gehe früh schlafen und versuche zu ergründen, warum ich gestern plötzlich so unendlich traurig war. Verzweifelt geradezu. Wollte gar nicht mehr weiterlaufen und hab mich bei Martina ausgeheult. Ich bin so
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