Jamaica Lane - Heimliche Liebe
interessiert zu sein.
Womöglich würde ich den Test sogar bestehen.
»Hier, Olivia.« Alistair schob mir meinen Drink hin, und als ich hochschaute, begegnete ich Adams Blick. Er sah zwischen mir und dem Blonden hin und her, als überlegte er, ob die Aufmerksamkeit von mir erwünscht war oder nicht. Um ihn zu beschwichtigen, lächelte ich, zuckte kokett mit den Schultern und wandte mich dann demonstrativ wieder meiner Zielperson zu.
»Olivia heißt du also?« Der Blonde hatte zwischenzeitlich einen Ellbogen auf die Theke gestützt, so dass wir uns noch näher waren. So nah, dass ich trotz meiner Absätze den Kopf in den Nacken legen musste, um zu ihm aufzuschauen.
»Ja. Und du?«
»Will.« Er hielt mir die Hand hin, und ich schüttelte sie. Ich mochte den Griff seiner starken Finger.
Das war doch gar nicht so schwer.
»Höre ich bei dir einen amerikanischen Akzent raus?«, fragte er neugierig.
»Ja. Ich bin in den Staaten aufgewachsen, aber mein Dad ist Schotte. Wir sind vor kurzem hierhergezogen.«
»Und wie gefällt’s dir hier?«
Ich grinste und antwortete aufrichtig: »Bis jetzt ganz ausgezeichnet.«
Will senkte den Kopf, und in seinen blauen Augen blitzte eine eindeutige Absicht auf, die mich etwas verwirrte. Eigentlich hätte mich seine Reaktion nicht überraschen sollen, zumal ich es ja genau darauf angelegt hatte, aber trotzdem … Wenn ich ehrlich war, fühlte ich mich nicht ganz wohl bei der Sache. Ich kannte den Typen nicht und hatte keine Ahnung, wie er auf meinen harmlosen Flirt reagieren würde. Für manche Männer gab es keinen großen Unterschied zwischen einem Flirt und einer Anmache mit sexuellen Absichten, und sie fühlten sich schnell an der Nase herumgeführt. Erst recht, wenn man – wie Will – nur ein Experiment war … und ich ihn tatsächlich an der Nase herumführte. »Das klingt jetzt wahrscheinlich total plump und kitschig, aber hat dir schon mal jemand gesagt, dass du unglaublich tolle Augen hast?«
Ja. Nate Sawyer hat es mir schon mal gesagt. Und aus seinem Mund klang es viel schöner.
Ich schlug die Augen nieder, um dann durch gesenkte Wimpern zu Will aufzuschauen. »Danke«, murmelte ich und sah mich dann wie zufällig nach meinen Freunden um.
Nate stand neben unserem Tisch, und an seiner Seite klebte eine zierliche, äußerst wohlproportionierte Blondine. Gerade beugte er sich zu ihr herab, um ihr etwas zuzuflüstern. Seine Lippen berührten dabei ihr Ohr.
Ein Beben ging durch meinen Körper. Mir wurde kalt, und auf einmal hatte ich ein dumpfes Gefühl im Magen.
Er merkte nicht einmal, wie tapfer ich mich schlug! Er hatte eine bildhübsche Blondine mit schlanken Hüften, die sich an ihm rieb, wieso sollte er da noch auf irgendetwas achten, was ich tat? Mir wurde ganz heiß – diesmal nicht vor Nervosität, sondern vor Verletztheit und Wut –, und als ich den Kopf abwandte, begegnete ich Jos Blick. Sie starrte mich eine Sekunde lang an und schielte dann zu Nate. Als sie sich danach wieder in meine Richtung drehte, war ihre Miene besorgt. Ich pappte mir ein strahlendes Lächeln ins Gesicht, als wäre alles in bester Ordnung, und konzentrierte mich wieder auf Will.
Der runzelte die Stirn.
Na, toll.
»Ist das dein Freund?«, fragte er und deutete in Nates Richtung.
»Nein«, sagte ich hastig. »Das sind bloß meine Freunde.«
Er nickte erleichtert. »Dann bist du also Single?«
»Ich bin Single, ja.« So was von Single, dass es schon nicht mehr lustig war. »Und du?«
»Kaum zu glauben, aber ja.« Er lachte selbstironisch, und ich entspannte mich ein bisschen. Seine Art gefiel mir.
»Und was machst du so beruflich, Will?«
»Ich bin Ingenieur.«
Neugierig nippte ich an meinem Whisky. Jetzt, da ich mich sicherer fühlte, ließ ich mir Zeit mit dem Alkohol. »Erzähl mal.«
Wie sich herausstellte, war das eine idiotensichere Methode, das Herz eines Mannes zu erobern. Zumindest Wills Herz. Die nächste halbe Stunde stellte ich ihm Fragen über seine Arbeit, seine Hobbys und hatte ein Dauerlächeln im Gesicht, um ihn glauben zu machen, dass ich alles, was er sagte, ungemein faszinierend fand.
Er fraß mir aus der Hand.
Allerdings: Wäre dies kein Test gewesen, hätte ich längst das Handtuch geworfen. Ich wartete die ganze Zeit darauf, dass er mir auch mal eine Frage zu meinem Leben stellen würde, aber ihm schien es vollauf zu genügen, sich in meiner Aufmerksamkeit zu sonnen.
Weil mir irgendwann langweilig wurde, zuckte ich in gespieltem Widerwillen
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