Jamaica Lane - Heimliche Liebe
wir drinnen, machte Dad sich ans Kochen, und bald darauf erfüllte ein köstlich vertrauter Duft die Wohnung. Wie früher schnippelten wir zusammen Gemüse, und ich rührte die Soße, während Dad Nudeln kochte. Man hätte meinen können, dass es keine Kunst war, Nudeln zu kochen, aber anscheinend handelte es sich dabei um einen Irrtum. Man musste nur meinen Vater fragen.
Beim Kochen unterhielten wir uns über dies und das. Dad berichtete mir von einem neuen Auftrag, den er von Bradens Firma erhalten hatte, und ich erzählte ihm von der Socke, die ich vergangene Woche in einem zurückgegebenen Buch gefunden hatte, nur um am Montag zwischen den Semesterapparaten auf die dazu passende zweite Socke zu stoßen. Es waren getragene Socken. Ich hatte ein Faible für schräge Sachen. Aber es gab schräg – und es gab schräg. Angus hatte die Theorie geäußert, dass wir es mit einem verrückten Harry-Potter-Fan zu tun hatten, der aus unerfindlichen Gründen die Bibliotheksmitarbeiter mit Hauselfen verwechselte und dachte, er vollbringe eine gute Tat, indem er uns Socken schenkte.
Ich fand die Theorie ziemlich überzeugend.
Besser jedenfalls als meine, dass irgendein unreifer Studienanfänger überall seine dreckigen Socken hinterlegte und mich dann heimlich dabei filmte, wie ich sie fand, um sich darüber schlapp zu lachen und die Videos auf YouTube einzustellen.
Wir setzten uns auf die Barhocker und aßen am Tresen. Es war schön, ganz entspannt Zeit mit meinem Vater zu verbringen, aber dann wandte sich die Unterhaltung einem ernsteren Thema zu.
»Man hört in letzter Zeit so wenig von dir.« Er musterte mich eindringlich.
Ich zuckte mit den Achseln. Mich plagten Schuldgefühle, weil ich ihm meinen Nachhilfeunterricht mit Nate verschweigen musste. »Ich hatte einfach ziemlich viel um die Ohren.«
»Wusstest du, dass Joss und Braden aus den Flitterwochen zurück sind?«
Noch mehr Futter für mein schlechtes Gewissen. Na, toll. »Nein, wusste ich nicht.« Ich spießte eine Nudel auf meine Gabel. Ich hatte nichts davon gewusst, weil ich zu sehr in meiner erotischen Nate-Sawyer-Welt gefangen war, um mich für das zu interessieren, was außerhalb davon vor sich ging. Damit musste Schluss sein. »Ich sollte Joss mal anrufen.«
»Dass du so … abwesend bist … hat das was mit Dee zu tun?« Dad sah mir tief in die Augen, als suche er dort nach einer Antwort. »Ich finde nämlich, dass wir darüber reden sollten. Über Dee und mich, meine ich.«
Als ich seine Worte hörte und seinen Gesichtsausdruck sah, bekam ich für einen kurzen Moment keine Luft mehr. Mein Puls beschleunigte sich, und meine Handflächen wurden feucht. Zitternd atmete ich aus. »Wollt ihr … hast du vor, sie zu heiraten?«
Dad runzelte die Stirn und schüttelte den Kopf. »Nein, Kleines. Nein. Obwohl ich es als ein schlechtes Zeichen ansehe, dass du beim bloßen Gedanken daran kreidebleich wirst.«
»Nein«, beeilte ich mich, ihm zu versichern. »Dad, ich mag Dee. Ich kenne sie ja nicht so gut, aber das, was ich von ihr kenne, mag ich sehr.«
Er musterte mich, offenbar war er nicht überzeugt. »Warum machst du dann so ein entsetztes Gesicht, wenn es darum geht, ob ich sie heiraten will?«
Ich schob das Essen auf meinem Teller hin und her. Schließlich hob ich die Schultern. »Das ist albern und kindisch und … Es ist einfach … Ich denke halt immer noch, dass du zu Mom gehörst.«
Es klirrte, als Dad seine Gabel auf den Teller fallen ließ. Seine große Hand legte sich auf meine, und ich sah ihm in die Augen. Sie waren ein wenig glasig. »Ein Teil von mir wird immer zu deiner Mutter gehören«, sagte er leise und mit belegter Stimme. »Das war von dem Augenblick an so, als wir uns das erste Mal begegnet sind. Das zwischen mir und Dee wird daran nicht das Geringste ändern.«
»Aber ist das Dee gegenüber fair?«, fragte ich, krampfhaft bemüht, nicht zu weinen.
Er drückte meine Hand. »Ich bin jetzt ein anderer Mann, Olivia. Das Leben verändert uns, Sekunde für Sekunde. Bevor Yvonne gestorben ist, war ich ihr Mann. Und jetzt kann ich hoffentlich der Mann für Dee sein. Aber der wichtigste Mensch in meinem Leben bist und bleibst du. Ich möchte die Gewissheit haben, dass du nichts dagegen hast, wenn ich es mit Dee versuche. Und vor allem wünsche ich mir, dass du sie besser kennenlernst.«
Ich lächelte unter Tränen. »Dad, ich bin erwachsen. Du musst dir keine Sorgen um mich machen.«
»Siehst du?« Er schüttelte schmunzelnd den
Weitere Kostenlose Bücher