James Bomb jagt das geklonte Monster
mit angespuckten Zwanzigmarkscheinen bepflastert. Dabei bricht er verzweifelt in den Ruf aus „Es lebe das freie Ungarn“, was die Kapelle zu einem schmetternden Tusch veranlaßt, im Verlaufe dessen es Bomb gelingt, den bedrängten Professor aus dem Lokal zu zerren.
1.22 Uhr
Atemlos flüchten Bomb und Eggbone in ein naheliegendes kleines, intimes Cafe, wo sich zwei reizende Damen der Gehetzten annehmen und, nach einigen Drinks, durchaus geneigt erscheinen, unsere beiden Helden über die bisherige Unbill des Abends auf bestimmte Weise hinwegzutrösten.
Ein diesbezügliches Arrangement steht unmittelbar bevor, als Bomb durch einen mehr zufälligen als beabsichtigten Griff den wahren Genotypus dieser entgegenkommenden Geschöpfe entdeckt.
Die Tatsache, daß zu diesem Zeitpunkt Prof. Eggbone nicht mehr in der Lage ist, Männlein von Weiblein zu unterscheiden, sollte seiner Reputation als Biologe nicht unbedingt angelastet werden, zeigt sie doch vielmehr den fortgeschrittenen Zustand einer alkoholischen Desorientierung.
Auch diesmal bleibt den beiden britischen Staatsbürgern nichts als die Flucht.
1.46 Uhr
Da es Bomb zur Vermeidung eines seelischen Schadens nicht ratsam erscheint, den Abend mit einem so frustrierenden, blamablen Erlebnis zu beenden, gibt er dem Drängen Prof. Eggbones nach und stolpert mit ihm in das nebenanliegende „Zillertal“. In dem mit langen Holztischen und Bänken ausgestatteten alpenländischen Restaurationsbetrieb beteiligt sich der Professor ohne Zögern mit hochgekrempelten Hosen an einem Schuhplattlerwettbewerb. Er belegt auf Anhieb den zweiten Platz und gewinnt fünf Liter Freibier. Er kehrt mit den Gutscheinen und der ersten Siegerin, einer kreischenden, überreifen Bavaria, an den Tisch zurück, springt auf die Bank und brüllt zur Melodie der ohrenbetäubenden Blaskapelle:
„Wir machen durch bis morgen früh und singen Bumsvallera!“
Zu diesem Zeitpunkt endlich beschließt Bomb aus reinem Selbsterhaltungstrieb, dem ganzen Spuk ein Ende zu machen. Er steht auf und schiebt sich durch die lärmende und schunkelnde Menge nach draußen, wo er beim Portier ein Taxi bestellt. Als er wieder an ihren Tisch zurückkehrt, ist Eggbone dabei, eingehakt bei einem schmisse verzierten Kahlkopf, inbrünstig zu singen „...denn wir fahren, denn wir fahren, denn wir fahren gegen Engelland“, ein weiteres erschreckendes Symptom seiner geistigen Verwirrtheit.
Bomb holt den flachen Eau-de-Cologne-Flacon hervor, läßt unauffällig einige K.O.-Tropfen in Eggbones Maßkrug fallen und hebt seinen eigenen dem Professor entgegen.
„Prost, Professor“, brüllt er.
„Prost, Bomb“, brüllt dieser zurück und nimmt einen tiefen Schluck aus dem Krug.
Gerade als der Taxifahrer suchenden Blickes am Saaleingang auftaucht, beginnt Eggbone zu taumeln.
Bomb legt Eggbones Arm um seinen Hals und schleift ihn hinaus.
Da Bomb befürchtet, der Taxifahrer könnte den willenlosen Professor in seinem volltrunkenen Zustand nicht befördern, sagt er:
„Zum Hotel am Zoo bitte. Mein Freund ist plötzlich erkrankt, er fühlt sich schon den ganzen Abend nicht wohl.“
Der Taxifahrer sieht Bomb strafend an.
„Wenn Ihr Freund schon nich ganz uff n Damm is, hätten Sie sich wenichstens mit dem Saufen zurückhalten können, wa? Ich nehm’ Sie nur Ihrem armen Freund zuliebe mit, aber benehm’ Sie sich anständich.“
Wütend verfrachtet Bomb den Professor ins Taxi. Sie fahren los, und nach fünfzig Metern, gerade als aus dem Autoradio das Lied „Das ist die Berliner Luft, Luft, Luft“ erschallt, trägt Eggbone mit einem schleichenden, giftigen Wind zur Umweltverschmutzung bei.
Der Taxifahrer bremst abrupt und dreht sich um: „Noch ein Pups, Männeken“, sagt er warnend zu Bomb, „und Sie laufen zum Hotel - nehm’ Sie sich mal ein Beispiel an Ihrem kranken Freund, wie der sich zusammenreißt.“
Im Hotel angekommen, schleppt Bomb den Professor nach oben, wirft ihn aufs Bett und zieht ihm Hosen und Schuhe aus.
Mit letzter Kraft entledigt sich Bomb seiner Kleidung und kriecht zwischen seine Laken.
Es ist genau 2.30 Uhr.
Und als wenig später Sir Archibald Eggbone die Bettdecke hebt und die diesjährigen Berliner Pestwochen mit der Sinfonie Nr. 5, bekannt als die „Sinfonie mit dem Donnerschlag“ von Karl Maria Pforzheimer, durch einen knatternden Furz eröffnet, da beginnt James Bomb, 006, der völlig entnervte Agent Ihrer Majestät, lautlos in die Kissen zu schluchzen.
12
Die Atmosphäre
Weitere Kostenlose Bücher