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James Bond 03 - Moonraker (German Edition)

James Bond 03 - Moonraker (German Edition)

Titel: James Bond 03 - Moonraker (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ian Fleming
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konzentrierte.
    Und je mehr er darüber nachdachte, desto seltsamer erschien ihm das Ganze.
    Warum sollte jemand wie Drax, ein Millionär, ein Held der Öffentlichkeit, ein Mann mit einer einzigartigen Position im Land, beim Kartenspielen betrügen? Was hoffte er, dadurch zu erreichen? Was wollte er sich selbst beweisen? Glaubte er, dass er so sehr über dem Gesetz und den einfachen Bürgern mit ihren armseligen Verhaltensregeln stand, dass er der öffentlichen Meinung ins Gesicht spucken konnte?
    Bonds Verstand hielt inne. In ihre Gesichter spucken. Das traf haargenau auf sein Verhalten im Blades zu. Diese Kombination aus Überlegenheit und Verachtung. Als ob er es mit menschlichem Abschaum zu tun hätte, den er so sehr verachtete, dass er sich nicht genötigt sah, in seiner Gegenwart auch nur den Anschein von anständigem Benehmen zu wahren.
    Vermutlich genoss Drax das Glücksspiel. Vielleicht beruhigte es seine inneren Spannungen, die Spannungen, die sich in seiner barschen Stimme, seinem Fingernägel knabbern und dem ständigen Schwitzen zeigten. Doch er durfte nicht verlieren. Es wäre verabscheuungswürdig, gegen diese minderwertigen Menschen zu verlieren. Also musste er sich seinen Weg zum Sieg erschummeln, egal wie hoch das Risiko war. Was die Möglichkeit anging, erwischt zu werden, so glaubte er vermutlich, dass er sich durch aufbrausendes Gezeter aus jeder Situation herauswinden konnte. Sofern er überhaupt darüber nachdachte. Und Menschen mit Zwangsvorstellungen, überlegte Bond, waren Gefahren gegenüber blind. Sie umwarben sie sogar auf perverse Weise. Kleptomanen versuchten, immer schwierigere Objekte zu stehlen. Sexbesessene verhielten sich so aufdringlich, als würden sie sich danach sehnen, verhaftet zu werden. Pyromanen unternahmen oftmals keinerlei Versuche, zu verhindern, dass man sie mit ihrer Brandstiftung in Verbindung brachte.
    Doch welche Besessenheit trieb diesen Mann an? Was war der Ursprung dieses zwanghaften Drangs, der ihn bis an den Abgrund trieb?
    Alle Anzeichen deuteten auf Paranoia hin. Größenwahn kombiniert mit Verfolgungswahn. Der Abscheu auf seinem Gesicht. Die herrische Stimme. Der Ausdruck geheimen Triumphes, mit dem er die Niederlage nach einem Augenblick des bitteren Zusammenbruchs akzeptiert hatte. Der Triumph eines Wahnsinnigen, der wusste, dass er recht hatte, egal was die Tatsachen besagten. Wer auch immer versuchen würde, ihm in die Quere zu kommen, er konnte ihn überwinden. Dank seiner geheimen Macht gab es für ihn keine Niederlage. Er wusste, wie man Gold herstellte. Er konnte fliegen wie ein Vogel. Er war allmächtig – der Mann in der gepolsterten Zelle, der sich für Gott hielt.
    Ja, dachte Bond, während er blind auf den Regent’s Park hinausstarrte. Das ist die Lösung. Sir Hugo Drax ist ein wahnhafter Paranoiker. Das ist die Macht, die ihn angetrieben hat, auf verschiedene Weise Millionen zu machen. Das ist die treibende Kraft hinter seinem Geschenk an England, dieser riesigen Rakete, die unsere Feinde auslöschen wird. Dank des allmächtigen Drax.
    Doch wer konnte schon sagen, wie kurz der Mann vor dem geistigen Zusammenbruch stand? Wer hatte sein wütendes Getue durchschaut und hinter all das rote Haar in sein Gesicht geblickt? Wer hatte in diesen Anzeichen mehr erkannt als nur die Auswirkungen seiner bescheidenen Herkunft oder die Empfindlichkeit seiner Kriegsverletzungen?
    Offenbar niemand. Lag Bond demnach mit seiner Analyse richtig? Worauf basierte sie? Bot dieser flüchtige Blick durch ein verbarrikadiertes Fenster in die Seele eines Mannes genug Beweise? Vielleicht hatten auch andere einen solchen Blick erhascht. Womöglich hatte es in Singapur, Hong Kong, Nigeria oder Tanger ebenfalls Momente extremer Anspannung gegeben, als irgendein Händler Drax am Spieltisch gegenübergesessen und den Schweiß und das Knabbern an seinen Fingernägeln und das rote Aufblitzen der Augen in diesem Gesicht bemerkt hatte, aus dem plötzlich sämtliches Blut gewichen war.
    Wenn man Zeit hätte, dachte Bond, sollte man diese Menschen aufsuchen – sofern sie existierten –, um die Wahrheit über diesen Mann herauszufinden und ihn möglicherweise zu eliminieren, bevor es zu spät war.
    Zu spät? Bond schmunzelte in sich hinein. Wieso war er so dramatisch? Was hatte ihm dieser Mann angetan? Er hatte ihm fünfzehntausend Pfund geschenkt. Bond zuckte mit den Schultern. Es ging ihn ohnehin nichts an. Doch diese letzte Bemerkung von Drax: »An Ihrer Stelle würde ich das

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