James Bond 03 - Moonraker (German Edition)
einfache Redensart und trotzdem konnte sie fühlen, wie ihr Herzschlag ihr den Atem raubte.
Und nun, mal sehen, also das hier ist ein Radarzielsuchgerät. Wie genial! Das gleiche wie das, das sich auf dem Floß in der Nordsee befinden würde. Das würde dafür sorgen, dass die Rakete in einem Umkreis von hundert Metern um den Buckingham Palace herum einschlug. Aber würde das bei einem Sprengkopf voller Messinstrumente eine Rolle spielen?
Vermutlich war es die Grausamkeit, mit der Drax ihr ins Gesicht geschlagen hatte, die sie diesen Schluss ziehen ließ, aber plötzlich
wusste
sie, dass es sich um einen echten Sprengkopf handeln würde, einen Atomsprengkopf, und dass Drax ein Feind Englands war und dass er morgen Mittag London zerstören würde.
Gala unternahm einen letzten Versuch, das alles zu begreifen.
Durch diese Decke, durch diesen Stuhl, in den Boden.
Die schmale Raketenspitze, die blitzschnell aus dem klaren Himmel stürzte. Die Menschenmengen auf den Straßen. Der Palast. Die Kindermädchen im Park. Die Vögel in den Bäumen. Die riesige, kilometerweite Flammensäule. Und dann der Atompilz. Nichts würde übrig bleiben. Nichts. Nichts. Nichts.
»Nein. Oh,
nein
!«
Doch der Schrei war nur in ihrem Kopf, und Gala, deren Körper ein verdrehter verkohlter Kartoffelchip unter Millionen anderen sein würde, hatte bereits wieder das Bewusstsein verloren.
19
VERMISSTE PERSON
Bond saß an seinem bevorzugten Tisch in seinem Londoner Lieblingsrestaurant – dem Tisch für zwei in der rechten Ecke im ersten Stock – und beobachtete die Menschen und den Verkehr in Piccadilly und Haymarket.
Es war Viertel vor acht, und sein zweiter trockener Wodka Martini mit einem großen Stück Zitronenschale darin war soeben von Baker, dem Oberkellner, an seinen Tisch gebracht worden. Er nippte daran und fragte sich geistesabwesend, warum Gala zu spät dran war. Das passte nicht zu ihr. Sie war die Art Mädchen, die anrufen würde, wenn sie bei Scotland Yard aufgehalten worden war. Vallance, den er um siebzehn Uhr besucht hatte, hatte bestätigt, dass Gala um achtzehn Uhr bei ihm sein sollte.
Vallance war sehr erpicht darauf gewesen, sie zu sehen. Er wirkte besorgt, und als Bond einen kurzen Bericht über die Sicherheit des Moonraker-Projekts erstattete, schien Vallance ihm nur mit einem Ohr zuzuhören.
Offenbar hatte es den ganzen Tag über enorme Verkäufe des Sterlings gegeben. Es hatte in Tanger angefangen und sich schnell nach Zürich und New York ausgebreitet. Das Pfund hatte an den Börsen der Welt stark geschwankt, und die Händler, die die Kursunterschiede nutzten, hatten zugeschlagen. Das Ergebnis war, dass das Pfund an diesem einen Tag um ganze drei Cent gefallen war und die Terminkurse noch schwächer waren. Es war der Aufmacher der Abendzeitungen, und nach Geschäftsschluss hatte sich das Schatzamt an Vallance gewandt und ihm die unglaubliche Neuigkeit mitgeteilt, dass die Verkaufswelle von Drax Metals Ltd. in Tanger angeleiert worden war. Die Operation hatte an diesem Morgen begonnen, und bei Geschäftsschluss war es der Firma gelungen, britische Währung im Wert von zwanzig Millionen Pfund zu verkaufen. Das war zu viel für die Aktienmärkte gewesen, und die Bank von England hatte eingreifen und aufkaufen müssen, um Schlimmeres zu verhindern. Zu diesem Zeitpunkt hatte sich Drax Metals als der Verkäufer herausgestellt.
Nun wollte das Schatzamt wissen, worum es bei der ganzen Sache überhaupt ging und ob Drax selbst verkaufte oder aber einer der großen Wertzinsanleger, die Kunden seiner Firma waren. Und als Erstes stürzten sie sich auf Vallance. Dieser konnte sich nur vorstellen, dass die Moonraker-Rakete ein Fehlschlag sein würde und dass Drax es wusste und von diesem Wissen profitieren wollte. Er sprach umgehend mit dem Versorgungsministerium, doch die taten die Idee als unsinnig ab. Es gab keinen Grund zu der Annahme, dass Projekt Moonraker ein Fehlschlag sein würde, und selbst wenn ihr Testflug nicht erfolgreich war, würde diese Tatsache mit ein wenig Gerede über technische Schwierigkeiten und so weiter überspielt werden. Ob die Rakete nun ein Erfolg wurde oder nicht, es würde auf keinen Fall Auswirkungen auf die britische Kreditwürdigkeit haben. Nein, sie würden den Premierminister mit dieser Angelegenheit natürlich nicht belästigen. Drax Metals war eine große Handelsorganisation. Sie agierte vermutlich für eine ausländische Regierung. Die Argentinier. Vielleicht sogar die Russen.
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