James Bond 05 - Liebesgrüße aus Moskau (German Edition)
Uhr. Es war schon nach zwei.
Bond gähnte herzhaft. Er ließ den Vorhang wieder vor das Fenster fallen. Dann beugte er sich vor, um die Lampe auf dem Frisiertisch auszuschalten. Doch plötzlich spannte sein Körper sich an, und sein Herz setzte einen Schlag aus.
Aus den Schatten am anderen Ende des Zimmers war ein nervöses Kichern an sein Ohr gedrungen. Dann sagte eine weibliche Stimme: »Armer Mister Bond. Sie müssen erschöpft sein. Kommen Sie ins Bett.«
SCHWARZ AUF PINK
Bond wirbelte herum. Er starrte in Richtung Bett, aber seine Augen waren noch vom Mond geblendet. Er ging zum Nachttisch und schaltete die rosafarbene Lampe ein, die dort stand. Unter der Bettdecke zeichnete sich ein langer Körper ab. Auf dem Kissen war braunes Haar ausgebreitet. Er konnte Fingerspitzen sehen, die die Bettdecke über das Gesicht hielten. Weiter darunter wölbten sich Brüste wie schneebedeckte Hügel.
Bond lachte. Er beugte sich vor und zupfte ein wenig an den Haaren. Unter der Bettdecke erklang ein protestierendes Quietschen. Bond setzte sich auf die Bettkante. Nach einem Moment der Stille wurde ein Zipfel der Decke vorsichtig gesenkt, und ein großes blaues Auge musterte ihn.
»Sie sehen sehr unzüchtig aus.« Die Stimme klang durch die Bettdecke gedämpft.
»Das müssen Sie gerade sagen! Wie sind Sie überhaupt hier hereingekommen?«
»Ich bin zwei Stockwerke nach unten gegangen. Ich wohne ebenfalls hier.« Die Stimme war tief und provokant. Der Akzent war kaum zu hören.
»Tja, also ich gehe jetzt ins Bett.«
Schnell wurde die Decke bis zum Kinn hinuntergezogen, und die junge Frau rutschte nach oben, bis ihr Kopf auf den Kissen lag. Ihre Wangen waren errötet. »Oh nein. Das dürfen Sie nicht.«
»Aber das hier ist mein Bett. Und außerdem haben Sie mir ja selbst gesagt, dass ich es tun soll.« Das Gesicht war unglaublich schön. Bond betrachtete es kühl. Die Schamesröte auf den Wangen nahm zu.
»Das war nur so dahingesagt. Um mich vorzustellen.«
»Tja, ich freue mich, Sie kennenzulernen. Mein Name ist James Bond.«
»Ich heiße Tatjana Romanowa.« Sie betonte das zweite ‚a‘ von Tatjana und das erste ‚a‘ von Romanowa. »Meine Freunde nennen mich Tanja.«
Es gab eine Pause, während sie sich gegenseitig betrachteten, das Mädchen mit Neugier und vielleicht Erleichterung, Bond voll kühler Mutmaßungen.
Sie war es, die das Schweigen brach. »Sie sehen genau wie auf Ihren Fotos aus.« Wieder errötete sie. »Aber Sie müssen sich wirklich etwas anziehen. Sie bringen mich ganz aus der Fassung.«
»Sie mich genauso. Das nennt man Sex. Wenn wir miteinander ins Bett gingen, würde es keine Rolle spielen. Was haben Sie überhaupt an?«
Sie zog die Decke ein wenig tiefer, um ihm ein dünnes schwarzes Samtband zu zeigen, das sie um den Hals trug. »Das hier.«
Bond blickte in die neckischen blauen Augen, die nun weit aufgerissen waren, wie um zu fragen, ob das Band unangemessen war. Er spürte, wie sein Körper außer Kontrolle geriet.
»Verdammt, Tanja. Wo sind Ihre übrigen Sachen? Oder sind Sie etwa so heruntergekommen?«
»Oh nein. Das wäre nicht
kulturny
gewesen. Sie sind unter dem Bett.«
»Wenn Sie denken, dass Sie aus diesem Zimmer kommen, ohne …«
Bond ließ den Satz unvollendet. Er stand vom Bett auf und zog sich ein längeres Schlafanzugoberteil aus dunkelblauer Seide über, das er statt eines zweiteiligen Pyjama trug.
»Was Sie da andeuten, ist nicht
kulturny
.«
»Ach nein?«, fragte Bond sarkastisch. Er kehrte zum Bett zurück und stellte einen Stuhl davor. Dann lächelte er sie an. »Dann sage ich Ihnen jetzt mal etwas
kulturny
. Sie sind eine der schönsten Frauen der Welt.«
Wieder errötete das Mädchen und sah ihn ernst an. »Sagen Sie die Wahrheit? Ich finde meinen Mund zu groß. Bin ich so schön wie westliche Frauen? Man hat mir mal gesagt, dass ich wie Greta Garbo aussehe. Stimmt das?«
»Viel schöner«, erwiderte Bond. »Ihr Gesicht ist strahlender. Und Ihr Mund ist nicht zu groß. Er ist genau richtig. Jedenfalls für mich.«
»Was bedeutet das – ‚ein strahlenderes Gesicht‘? Was meinen Sie damit?«
Damit hatte Bond gemeint, dass sie ihm nicht wie eine russische Spionin vorkam. Sie zeigte keine Spur der typischen Zurückhaltung einer Agentin. Keine Kälte, keine Berechnung. Sie vermittelte ihm den Eindruck von Herzenswärme und Heiterkeit. Diese Dinge strahlten aus ihren Augen. Er suchte nach einer unverbindlichen Formulierung. »In Ihrem Blick ist eine Menge
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