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James Bond 06 - Dr. No (German Edition)

James Bond 06 - Dr. No (German Edition)

Titel: James Bond 06 - Dr. No (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ian Fleming
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herum. Sie bedeckte ihren Körper nicht mit den zwei klassischen Gesten. Eine Hand schoss nach unten, aber mit der anderen versuchte sie nicht etwa, ihre Brüste zu verstecken, sondern bedeckte damit ihre untere Gesichtshälfte. Ihre Augen waren vor Schreck weit aufgerissenen. »Wer ist da?« Die Worte kamen als verängstigtes Flüstern heraus.
    Bond erhob sich und trat aus dem Gebüsch. Er hielt seine Hände ausgestreckt, um zu zeigen, dass sie leer waren. Dabei grinste er sie fröhlich an. »Nur ich. Ein anderer Eindringling. Keine Angst.«
    Die junge Frau ließ ihre Hand vom Gesicht sinken und bewegte sie stattdessen zu dem Messer an ihrem Gürtel. Bond beobachtete, wie sich die Finger um den Griff legten. Er sah in ihr Gesicht hinauf. Nun war ihm klar, warum ihre Hand instinktiv dorthin geeilt war. Es war ein bezauberndes Gesicht mit weit auseinanderstehenden blauen Augen unter sonnengebleichten Wimpern. Der Mund war breit, und als sie aufhörte, angespannt die Lippen zu schürzen, auch sehr sinnlich. Es war ein ernsthaftes Gesicht, und das Kinn wirkte äußerst entschlossen – das Gesicht einer Frau, die sich selbst verteidigen musste. Und einmal, dachte Bond, war ihr das nicht gelungen. Denn die Nase war schief wie die eines Boxers. Offenbar war sie ihr gebrochen worden. Bond stellte sich voller Empörung vor, was mit diesem wunderschönen Mädchen passiert sein musste. Kein Wunder, dass sie sich dafür schämte, und nicht für die hübschen straffen Brüste, die sich ihm frech entgegenreckten.
    Die Augen musterten ihn wütend. »Wer bist du? Was machst du hier?« In ihrer Stimme lag der Hauch eines jamaikanischen Akzents. Der Tonfall war scharf und schien daran gewöhnt zu sein, dass man ihm gehorchte.
    »Ich bin Engländer. Ich interessiere mich für Vögel.«
    »Oh.« Die Stimme klang zweifelnd. Die Hand ruhte immer noch auf dem Messer. »Wie lange hast du mich schon beobachtet? Wie bist du hergekommen?«
    »Seit zehn Minuten, aber ich werde keine weiteren Fragen beantworten, bevor ich weiß, wer du bist.«
    »Ich bin niemand Besonderes. Ich komme aus Jamaika. Ich sammle Muscheln.«
    »Ich bin mit einem Kanu hergekommen. Du auch?«
    »Ja. Wo ist dein Kanu?«
    »Ich habe einen Freund dabei. Wir haben es in den Mangroven versteckt.«
    »Hier am Strand sind keine Spuren davon.«
    »Wir sind vorsichtig. Wir haben sie verwischt. Anders als du.« Bond deutete auf die Felsen. »Du solltest dir mehr Mühe geben. Hast du ein Segel benutzt? Bis zum Riff?«
    »Natürlich. Warum auch nicht? So mache ich das immer.«
    »Dann weiß man vermutlich, dass du hier bist. Sie haben Radar.«
    »Man hat mich hier noch nie erwischt.« Die Frau nahm ihre Hand vom Messer. Sie griff nach oben, zog die Tauchermaske von ihrer Stirn und ließ sie herunterbaumeln. Sie schien zu denken, dass sie Bond im Griff hatte. Ohne die Schärfe in ihrer Stimme sagte sie: »Wie heißt du?«
    »Bond. James Bond. Und du?«
    Sie überlegte kurz. »Rider.«
    »Und dein Vorname?«
    »Honeychile.«
    Bond schmunzelte.
    »Was ist so lustig daran?«
    »Nichts. Honeychile Rider. Ein hübscher Name.«
    Sie entspannte sich. »Man nennt mich ‚Honey‘.«
    »Tja, ich freue mich, dich kennenzulernen.«
    Die höfliche Redewendung schien der jungen Frau ihre Nacktheit in Erinnerung zu rufen. Sie errötete. Dann sagte sie unsicher: »Ich muss mir etwas anziehen.« Sie blickte auf die am Boden liegenden Muscheln. Es war offensichtlich, dass sie sie aufheben wollte. Vielleicht war ihr klar, dass diese Bewegung noch mehr enthüllen würde als ihre derzeitige Haltung. Also sagte sie nachdrücklich: »Lass die Finger davon, solange ich weg bin.«
    Bond musste über ihre kindliche Haltung lächeln. »Keine Sorge, ich werde schon auf sie aufpassen.«
    Die junge Frau warf ihm einen misstrauischen Blick zu und drehte sich um. Dann stakste sie zu den Felsen und verschwand dahinter.
    Bond ging ein paar Schritte den Strand hinunter, beugte sich vor und hob eine der Muscheln auf. Sie lebte noch, und die beiden Hälften waren fest verschlossen. Es schien sich um eine Art Herzmuschel zu handeln, mit tiefen Rillen und violetter Färbung. An beiden Rändern des Gelenks standen schmale Zacken ab, etwa ein halbes Dutzend an jeder Seite. Bond kam sie nicht besonders erlesen vor. Vorsichtig legte er sie zu den anderen zurück.
    Dann betrachtete er die Muscheln auf dem Boden nachdenklich. War sie wirklich hier, um Muscheln zu sammeln? Es sah ganz danach aus. Aber was für ein Risiko,

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