James Bond 06 - Dr. No (German Edition)

froh, dass du es nicht zu kurz schneidest.«
    Ihr Gesicht entspannte sich ein wenig. »Wie kannst du jetzt an so etwas denken?« Sie schenkte ihm ein halbherziges Lächeln. »Aber es freut mich, dass es dir gefällt. Ich spüle es einmal die Woche mit Kokosöl.« Bei der Erinnerung an ihr anderes Leben füllten sich ihre Augen mit Tränen. Sie neigte den Kopf auf ihre gefesselten Hände, um ihre Tränen vor ihm zu verbergen. »Ich werde tapfer sein«, flüsterte sie fast zu sich selbst. »Mir wird nichts passieren, solange du bei mir bist.«
    Bond rückte ein Stück näher, damit er direkt neben ihr war. Er hielt seine gefesselten Hände unmittelbar vor seine Augen und betrachtete die Handschellen. Es handelte sich um das Modell der amerikanischen Polizei. Er zog seine linke Hand zusammen, die dünner als die rechte war, und versuchte, sie durch den flachen Ring aus Stahl zu quetschen. Doch selbst der Schweiß auf seiner Haut erwies sich dabei nicht als hilfreich. Es war aussichtslos.
    Die beiden Männer saßen mit den Rücken zu ihnen auf ihren Metallsitzen und kümmerten sich nicht um sie. Sie wussten, dass sie die absolute Kontrolle hatten. Bond hatte nicht genug Platz, um ihnen Probleme zu bereiten. Er konnte nicht aufstehen, und mit seinen gefesselten Händen hatte er nicht genug Schwung, um ihren Rücken oder Köpfen Schaden zuzufügen. Wenn es Bond irgendwie gelingen sollte, die Luke zu öffnen und sich ins Wasser fallen zu lassen, was hätte er dann davon? Sie würden sofort den Luftzug hinter sich spüren und die Maschine anhalten, um ihn entweder zu verbrennen oder ihn wieder an Bord zu holen. Es ärgerte Bond, dass sie sich seinetwegen keine Sorgen machten, da sie wussten, dass er sich voll und ganz unter ihrer Kontrolle befand. Ebenso wenig gefiel ihm der Gedanke, dass diese Männer intelligent genug waren, um zu erkennen, dass er keine Bedrohung für sie darstellte. Dümmere Männer hätten mit gezogener Waffe über ihm gestanden, hätten ihn und das Mädchen mit unfachmännischer Gründlichkeit gefesselt oder sie sogar bewusstlos geschlagen. Diese beiden wussten, was sie taten. Sie waren Profis oder zumindest zu solchen ausgebildet worden.
    Die beiden Männer sprachen nicht miteinander. Es gab kein nervöses Geplapper darüber, wie schlau sie gewesen waren, über ihr Ziel oder darüber, wie müde sie waren. Sie steuerten einfach nur schweigend und effizient die Maschine und brachten ihren fehlerfrei ausgeführten Auftrag zu Ende.
    Bond hatte immer noch keine Ahnung, worum genau es sich bei dieser Maschine handelte. Unter der schwarzen und goldenen Farbe und der restlichen Verkleidung war eine Art Traktor, allerdings ein Modell, das er bisher weder gesehen noch davon gehört hatte. Die Räder mit den riesigen, glatten Gummireifen waren fast zweimal so groß wie er selbst. Er hatte darauf keinen Firmennamen erkennen können, da es zu dunkel gewesen war, aber sie bestanden zweifellos entweder aus Hartgummi oder waren mit porösem Gummi gefüllt. Am hinteren Ende befand sich ein kleineres Rad, das für Stabilität sorgte. Eine metallene Rückenflosse, die ebenfalls schwarz und golden angemalt war, war hinzugefügt worden, um den Eindruck eines Drachens zu verstärken. Die hohen Schutzbleche waren zu kurzen, nach hinten gerichteten Flügeln erweitert worden. Am Kühlergrill befand sich ein langer, metallischer Drachenkopf, und die Scheinwerfer waren in der Mitte geschwärzt worden, damit sie wie Augen aussahen. Das war das ganze Geheimnis der Maschine, abgesehen davon, dass die Fahrerkabine außerdem noch mit einer Panzerkuppel versehen und ein Flammenwerfer hinzugefügt worden war. Es war genau, wie Bond vermutet hatte: Ein Traktor, der verkleidet worden war, um Menschen zu erschrecken und zu verbrennen – obwohl er sich nicht erklären konnte, warum man einen Flammenwerfer anstelle eines Maschinengewehrs benutzen sollte. Es war eindeutig die einzige Art von Fahrzeug, die sich über diese Insel bewegen konnte. Seine riesigen breiten Reifen konnten die Mangroven, den Sumpf und den flachen See durchqueren. Außerdem konnte es durch die rauen Korallenhügel manövrieren, und da es sich nur nachts bewegte, blieb die Hitze im Inneren auf einem einigermaßen erträglichen Maß.
    Bond war beeindruckt. Professionalität beeindruckte ihn immer. Doktor No war offenbar ein Mann, der enorme Mühen auf sich nahm. Bald würde Bond ihn kennenlernen. Bald würde er sich mit Doktor Nos Geheimnis auseinandersetzen. Und was