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Jamey. Das Kind, das zuviel wußte

Jamey. Das Kind, das zuviel wußte

Titel: Jamey. Das Kind, das zuviel wußte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Kellerman
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Heathers lavendelfarbenem Kleid, von dem sie mir ausführlich berichtet hatte. Alles lief wunderbar nach Plan, bis Jamey unerwarteterweise Miss Brown niederschlug und mich anrief.«
    »Dr. Delaware«, sagte Souza schnaubend, »was bilden Sie sich eigentlich ein? Sie messen sich entschieden zu viel Bedeutung bei.«
    »Das glaube ich nicht«, antwortete ich ruhig. »Mir ist völlig klar, dass Sie auch mich für Ihr Spiel brauchten. Sie wussten, dass ich Jameys Therapeut gewesen war, Sie wussten auch, dass er eine hohe Meinung von mir hatte, und Sie waren nicht sicher, ob er mir in jener Nacht nicht vielleicht irgendeinen Hinweis gegeben hatte. Und so beschlossen Sie, mich zu Ihrem Mitarbeiter zu machen. Für Sie ist das Leben ein Spiel, ein großes Theater mit austauschbaren Figuren. Nachdem ich mich zur Mitarbeit bereit erklärt hatte, unterstrichen Sie, dass alles vertraulich behandelt werden müsse - um Ihren Klienten zu schützen. In Wirklichkeit ging es jedoch um Ihren eigenen Schutz.«
    »Ich habe Sie nur an wichtige Prinzipien Ihres Berufsethos erinnert«, sagte Souza. »Und Sie haben sie in erheblicher Weise verletzt.«
    »Sie verwendeten mich, bis Sie ganz sicher waren, dass ich nichts wusste, das mit Ihren Machenschaften zusammenhing. Dann warfen Sie mich raus. Durch mich brachten Sie sich ein neues Hindernis an den Hals: Erno Radovic.«
    Dwight riss die Augen weit auf, als er den Namen des Leibwächters hörte. Cash hatte immer noch ein wachsames Auge auf ihn.
    »Wir werden nie genau erfahren, warum Radovic sich in die Sache reinhängte«, sagte ich. »Wahrscheinlich war es nur aus Anhänglichkeit an Chancellor. Vielleicht hatte er auch Chancellor und Jamey über Bitter Canyon reden hören, glaubte, es könne etwas mit dem Mord zu tun haben, und beschloss, der Sache nachzugehen, um andere erpressen zu können. Vielleicht wusste er sogar etwas von dem Tagebuch und suchte danach, ohne es zu finden. Als Sie mich in Ihre Dienste nahmen, stellte er Nachforschungen an, bekam heraus, dass ich Jameys Therapeut gewesen war, und vermutete dasselbe wie Sie, nämlich, dass ich geheime Informationen besäße. Er folgte mir auf Schritt und Tritt, und ich brachte ihn, ohne dass ich es wollte, auf die Spur des Tagebuchs. Als er es gelesen hatte, begriff er, dass er einen dicken Fisch gefangen hatte. Er rief Dwight an, verlangte Geld und teilte ihm mit, die Übergabe solle auf der Straße zum Bitter Canyon stattfinden. Dwight rief Sie an, und Sie beauftragten Antrim und Brown, sich der Sache auf die übliche Weise anzunehmen.«
    »Das ist Beihilfe zum Mord«, sagte Milo zu Dwight. Dieser wich seinem Blick aus, indem er das Gesicht in seinen Händen verbarg. »Was dachten Sie, als Sie erfuhren, dass Radovic hingemetzelt worden war? Wieder eine kleine Glückssträhne?«
    Keine Antwort. Das Schweigen zog sich eine Weile hin.
    Souza brach es schließlich: »Sergeant«, sagte er und stellte sein Glas auf den Tisch, »das war ja wirklich faszinierend. Können wir jetzt bitte gehen?«
    »Gehen?«
    »Raus hier, das Haus verlassen, unseren sozialen Verpflichtungen nachkommen.«
    Milo verbarg sein Staunen durch ein verärgertes Lachen.
    »Ist das alles, was Sie zu sagen haben?«
    »Aber selbstverständlich«, sagte der Anwalt. »Sie erwarten doch wohl nicht von mir, dass ich irgendetwas von alldem ernst nehme?«
    »Sind wohl nicht weiter beeindruckt, was?«
    »Wohl kaum. Sie kommen hier herein mit Ihrem ganzen Krimskrams und Ihrem Bataillon von Leuten und führen uns hier einen Cocktail von dummen Behauptungen, Lügen und wilder Spekulation vor. Bei solchen Beweisen erreiche ich im Allgemeinen ohne Schwierigkeiten bereits in der Vorverhandlung eine Klageabweisung.«
    »Ich verstehe«, sagte Milo und nahm die übliche Rechtsbelehrung vor.
    Souza hörte ihm zu, nickte zustimmend wie ein Schulmeister, der einer mündlichen Prüfung folgt, und blieb selbst dann noch gelassen, als Milo ihm die Arme auf den Rücken gelegt und die Handschellen geschlossen hatte. In diesem Moment wurde mir klar, was für ein gestörter Mensch er war.
    Ich hätte nicht überrascht zu sein brauchen, denn dieser Mann war immerhin vierzig Jahre lang großen Demütigungen ausgesetzt gewesen. Immer hatte er im Schatten eines anderen gestanden, er hatte die Frau, die er liebte, verloren und sie hinterher krank werden und sterben sehen, er hatte wie ein Wahnsinniger darum gekämpft, ihre Schwester für sich zu gewinnen, aber auch hier wurde er abgewiesen. Auch sein

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