Jamey. Das Kind, das zuviel wußte
wäre vielleicht ein bisschen zu auffällig gewesen und hätte die Polizei veranlassen können, ihre Nase in die Vermögensangelegenheiten der Familie zu stecken. Vom Nachlassgericht und der Erbschaftssteuer ganz zu schweigen. Wenn aber nur Chancellor ermordet und Jamey als psychotischer Mörder in Szene gesetzt wurde, konnte der liebe Ehemann ohne große Probleme an das Geld. Ein Jahr später könnte ja Jamey im Knast oder in einer Heilanstalt irgendwo weit draußen sterben, das hätte den gleichen Effekt. Wieder ein paar Jahre später könnte es den lieben Gatten bei einem Unfall erwischen, er könnte auch wahnsinnig werden und sich vielleicht sogar das Leben nehmen, denn das kommt doch in der Familie häufiger vor, nicht wahr? Und so blieb das ganze Geld für euch beide.«
Heather lachte spöttisch, und Souza sagte: »Das ist ja lächerlich.«
Milo nickte mir zu.
»Wenn irgendwer in der Lage war, jemanden in den Wahnsinn zu treiben, dann waren Sie es«, sagte ich und fasste die Ergebnisse ihrer wissenschaftlichen Studien zusammen. Sie schien unbeeindruckt. An Dwights überraschtem und zugleich gequältem Gesichtsausdruck konnte ich ablesen, dass er sich nie um die Studien seiner Frau gekümmert hatte. Er hatte in ihr immer nur die hilfreiche Hausfrau und Gattin gesehen.
»Sie haben es sehr vorsichtig getan«, fuhr ich fort. »Über ein Jahr haben Sie ihn mit Belladonna vergiftet, gaben das Gift in sein Essen, seine Milch, sein Mundwasser und seine Zahnpasta. Langsam steigerten Sie die Dosis. Ihr genaues Wissen über Anticholinergika ermöglichte es Ihnen, immer die richtigen Substanzen beizumischen, um einen bestimmten Effekt zu erzielen: starke Erregung an einem Tag, Depression am folgenden. Paranoia, Geräusch-Halluzinationen, Sehstörungen, Starre, Sie wussten von den Dschungelindianern genau, wie man diese Zustände hervorrufen konnte. Und wenn Sie etwas anderes wollten, mischten Sie einen bestimmten chemischen Stoff bei, LSD, PCP, Amphetamin. Sie kamen leicht an diese Sachen ran, weil Sie in einem Drogen-Rehabilitationszentrum arbeiteten. Die Polizei hat zwei Jugendliche gefunden, die gestanden haben, Ihnen solche Drogen verkauft zu haben.«
Sie zwinkerte aufgeregt mit den Augen. Aber sie schwieg.
»Mein Gott«, seufzte Dwight, immer noch genau von Cash bewacht.
»Jameys seelische Störungen machten Ihnen die Sache leicht«, fuhr ich fort. »Sein Verhalten war immer auffällig gewesen, so wunderte es niemanden, dass es immer weiter mit ihm bergab ging. Sie brachten ihn so weit, dass er wahnsinnig wurde, und schafften ihn in eine Nervenklinik. Sie suchten Canyon Oaks aus, weil Souza wusste, dass Mainwaring bereit ist, gegen Geld ein paar Zugeständnisse zu machen. Und das nutzten Sie aus. Sie engagierten Marthe Brown als private Schwester, und sie verabreichte Jamey das Gift nach Ihren Anweisungen. Inzwischen behandelte Mainwaring Jamey auf Schizophrenie mit Phenotiazin, das in Zusammenwirkung mit Anticholinergika sein Nervensystem noch weiter angriff. Miss Brown sagte, dass sie Ihnen jeden Tag über seinen Zustand berichtete. Als es immer schlimmer wurde, sagten Sie, sie solle eine Pause einlegen. Als es Jamey besser ging, erhielt sie Anweisung weiterzumachen. Selbst im Hochsicherheitstrakt des Gefängnisses ging es weiter. Brown wurde abgelöst von jemandem, der gute Gründe hatte, Jamey täglich zu besuchen. Er konnte bei ihm stundenlang bleiben, ohne dass es besonders aufgefallen wäre. Er konnte väterlich den Arm um ihn legen und ihm Saft zu trinken geben. Souza, den alle für seinen Anwalt hielten.«
»Absurd«, sagte Souza, »das ist wildeste Spekulation!«
Heather nickte mechanisch.
»Sie sind wirklich ein nettes Pärchen«, sagte ich und sah Souza durchdringend an. »Während sie Jamey fertig machte, ließen Sie Antrim die Lavendelmorde ausführen. Diese sieben Jungen waren zufällig aufgelesene Opfer, die hinterher wie Müll weggeworfen wurden. Sie starben in einer Weise, dass es einfach für Sie war, Chancellor und Jamey zu Sexualmördern zu stempeln. Und so wirkte Chancellors Tod wie eine ausgeuferte Party. Alles war genau vorher überlegt und geplant. Die Opfer wurden in einer bestimmten Reihenfolge abgelegt, sodass es so aussah, als sei im Falle Chancellor eine gewisse Ordnung durchbrochen worden. Die Morde fanden alle donnerstags statt, denn das war der freie Abend des Bodyguards. Und Sie hatten sogar ein Beweisstück, das Jamey mit dem Mord in Zusammenhang brachte, Streifen von
Weitere Kostenlose Bücher