Jamey. Das Kind, das zuviel wußte
»konnten Sie ja noch alles hinnehmen. Nur nicht, dass er sie finanziell ruinieren wollte.«
Dwights Gesichtsausdruck zeigte deutlich, dass er Milo verstand.
»Ich weiß wirklich nicht, wovon Sie reden«, sagte er.
»Natürlich wissen Sie das. Dieselbe alte Geschichte. Sie setzten alles auf eine Karte und hatten Pech. Das Projekt im Bitter Canyon war für Sie der Clou. Papi hatte Ihnen ein riesiges Landstück hinterlassen, auf dem noch nicht investiert worden war. Eine große Chance für Sie. Sie konnten das Land so billig an den Staat verkaufen, dass Sie auch noch den Bauauftrag bekamen, und so einen dicken Gewinn erzielen. Es war ein Spiel, bei dem Sie sicher gewannen. Digby Chancellor fand das auch sehr verlockend. Er kaufte eine Mehrheit der Aktien zum Nennwert und bereitete sich auf einen großen Profit vor. Was muss in ihm vorgegangen sein, als er erfuhr, dass er in Giftgas investiert hatte?«
»Nach allen Gutachten, die mir vorlagen, war das Land in Ordnung«, sagte Dwight. »Wie hätte ich es wissen sollen?«
»Hör auf zu schwätzen, Dwight! Du brauchst dich nicht zu rechtfertigen«, sagte Souza wütend.
»Nein, er konnte es nicht wissen«, sagte Milo in mitleidvollem Ton. »Wie ich schon sagte, es war einfach Pech. Und hätte Jamey nicht das alte Tagebuch seines Großvaters gefunden, hätte es überhaupt niemand erfahren. Aber er fand es nun mal und erzählte Chancellor davon. Und der begann, Druck auszuüben.«
Dwight lachte bitter.
»Ach daher wusste er es, aus einem Tagebuch, ich wusste gar nicht, dass der Alte eines geführt hatte.«
»Was gab Chancellor denn als Informationsquelle an?«
»Er …«<
»O mein Gott«, sagte Souza verächtlich.
Dwight sah den Anwalt herausfordernd an. Er spielte mit seinem Glas und sagte dann:
»Er sagte, er hätte es aus alten Unterlagen. Er wollte nichts Genaueres sagen, aber ich verdächtigte Jamey sofort, weil er ein verdammter Schnüffler ist, der sich immer in Dinge mischt, die ihn nichts angehen. Als ich Dig nach Beweisen fragte, gab er mir die Kopie einer von Daddy geschriebenen Seite: die Beschreibung der Gaslagerung. Er verlangte von mir, dass ich seine Aktien gegen Aufpreis zurückkaufe. Ich sagte ihm, er sei wohl wahnsinnig. Er drohte, an die Öffentlichkeit zu gehen, wenn ich mich weigerte, und versprach, die Firma völlig zu ruinieren. Ich lachte und sagte, das werde er nie tun, weil er sich ja gleich mit ruiniere. Aber er sagte, er werde mich wegen betrügerischer Bereicherung anklagen. Jamey werde als Nebenkläger auftreten, das Gericht die Firma auflösen und ihnen die Anteile zusprechen. Er sagte immer wir und uns, als ob sie verheiratet wären. Er war ein ruchloses, perverses Schwein.«
»Wer wusste noch von seiner Erpresserei?«, fragte Milo.
Dwight sah Souza an.
»Horace. Ich bat ihn um Rat, sagte ihm, dass wir noch nicht zu bauen begonnen hätten und uns noch aus der Sache rausziehen könnten.«
»Welchen Rat gab er Ihnen?«
»Er meinte, dass wir die Firma für immer schädigen würden, wenn wir die Sache aufgäben. Wir sollten so weitermachen, als ob nichts geschehen sei. Er würde schon einen Ausweg finden, aber ich sollte anfangen zu zahlen.«
»Und taten Sie es?«
»Ja.«
»Wie lange?«
»Über ein Jahr.«
»Wie häufig tätigten Sie die Zahlungen?«
»Nicht regelmäßig, nur wenn Dig anrief. Wir handelten dann immer eine bestimmte Summe aus.«
»Bargeld gegen Aktien?«
»Genau.«
»Wie wurde das Geld gezahlt?«
»Ich hatte einige Konten auf seiner Bank. Wir trafen uns in seinem Büro, ich unterschrieb einen Scheck, und er löste ihn ein.«
»Was geschah mit den Aktien?«
»Sie landeten in meinem Safe.«
»Das muss hart für Sie gewesen sein«, sagte Milo.
»Es wurde mit der Zeit immer schlimmer«, sagte Dwight. »Ich sollte mehr und mehr kaufen.«
»Wer außer Souza wusste davon?«
»Niemand.«
»Auch kein Firmenangehöriger?«
»Nein, es lief über mein Privatkonto.«
»Und Ihre Frau?«
»Auch sie wusste es nicht.«
»Wollen Sie sagen, dass Sie über so wichtige Dinge geschwiegen haben?«
»Ich kümmere mich allein um die Finanzen. Wir reden nie über Geschäftliches.«
»Wann beschlossen Sie, Chancellor aus dem Weg zu räumen?«
Dwight sprang auf. »Davon weiß ich nichts, zum Teufel noch mal!«
Er stützte sich am Tisch auf, kippte seinen Becher um. Dann stellte er sich gegen die Wand und sah nach rechts und links, als suche er einen Fluchtweg. Cash sah Milo fragend an, der aber schüttelte den Kopf.
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