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Jamey. Das Kind, das zuviel wußte

Jamey. Das Kind, das zuviel wußte

Titel: Jamey. Das Kind, das zuviel wußte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Kellerman
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Atem spürte.
    »Das ist kein schwieriges Unterfangen, bei dem man lange nach Gründen suchen müsste. Es gibt genügend medizinische und soziale Anhaltspunkte - ein klassisches Beispiel geistigen Verfalls. Auch genetische Dinge spielen eine Rolle dabei. Seine Großmutter und sein Vater …«
    In diesem Augenblick fuhr Cadmus voll Erregung aus seinem Sessel hoch: »Horace, kein Wort über diese Dinge! Sie werden uns ohne das schon genug durch den Dreck ziehen!«
    Souza erhob sich und sah dem Jüngeren ins Auge. Mir entging der Zorn in seinem Blick nicht, umso überraschter war ich, als er mit freundlicher Stimme sagte: »Dwight, auf ein ungestörtes Privatleben wirst du in nächster Zeit verzichten müssen. Du stehst ab jetzt im Licht der Öffentlichkeit.«
    »Ich möchte mich vor …«
    Souza unterbrach ihn mit einer Geste.
    »Geh nach Hause und ruh dich aus, Junge. Du hast anstrengende Stunden hinter dir.«
    Cadmus wehrte sich nur schwach.
    »Ich will wissen, was geschieht, er ist schließlich mein …«
    »Du wirst schon alles erfahren, Dwight. Der Doktor und ich haben noch einige Details zu besprechen. Wenn wir uns einig sind, bist du der Erste, der alles erfährt. Jetzt geh, und versuch, ein wenig zu schlafen. Tully fährt dich nach Hause.«
    Damit war ihr Gespräch beendet.
    Der Anwalt drückte auf einen Knopf hinter dem Schreibtisch, und wenige Augenblicke später erschien der Chauffeur. Souza gab ihm Anweisungen, dann verließ er gefolgt von Cadmus den Raum.
    Als wir allein waren, schüttelte Souza mitleidig den Kopf.
    »Wenn Sie seinen Vater gekannt hätten, er war ein großer schnaubender Stier. Das Leben genoss er in vollen Zügen.« Nach einer Pause fuhr er fort: »Manchmal frage ich mich, ob es sich mit dem Blut nicht genauso verhält wie mit dem Geld. Mit jeder Generation wird es dünnflüssiger.«
    Wieder betätigte er einen Knopf. Diesmal erschien eine hübsche junge Dame in einem streng geschnittenen Kostüm.
    »Veronica, ein wenig Tee bitte. Möchten Sie Kaffee, Doktor?«
    »Lieber Tee.«
    »Dann also eine ganze Kanne voll.«
    »Gern, Sir.« Sie nahm die Porzellankanne vom Tisch, hielt sie fest, als sei es Zuckerwatte, und ging hinaus. Souza sah ihr nach, bis sie durch die Tür verschwunden war. Dann erst wandte er seine Aufmerksamkeit wieder mir zu.
    »Wie schon gesagt, es mangelt nicht an Fakten, um den Jungen für unzurechnungsfähig erklären zu lassen. Ich will Sie keineswegs in eine prekäre Situation bringen, wie Sie sehen.«
    »Wozu brauchen Sie dann mich, wo Sie doch Mainwaring haben?«
    »Ich würde ihn nur als Zeugen benennen, wenn es sein müsste. Es gibt da gewisse Probleme.«
    »Was für Probleme denn?«
    Souza antwortete mit wohl überlegten Worten:
    »Zunächst mal ist der Junge von seiner Station geflohen, er hatte die Verantwortung für den Patienten, was ihn zur Zielscheibe der Anklage machen kann.«
    Er erhob sich und schob die Daumen unter die Hosenträger. Dann begann er in dramatischem Ton folgende Rede:
    »›Dr. Mainwaring, Sie haben gerade festgestellt, dass Mr. Cadmus nicht falsch von richtig unterscheiden kann. Wie konnten Sie ihn unter diesen Umständen entkommen lassen, sodass er zwei abscheuliche Morde beging?‹ Dann macht der Ankläger eine bedeutsame Pause, in der ich ihm laut zu widersprechen versuche, aber dann ist das Unheil bereits geschehen. Die Geschworenen werden ihn für befangen halten, und seine Aussagen werden uns nur schaden.«
    Nachdem Souza seinen Auftritt beendet hatte, fragte ich: »Sie haben von mehreren Problemen gesprochen. Wo liegen die anderen?«
    Souza lächelte, als wolle er sagen: Sie haben mich ertappt.
    »Im Lauf der Jahre hat sich Mainwaring einen Namen als Gerichtsgutachter gemacht. Aber er gilt als einer von denen, die durch Hinweis auf biologische, psychische und soziale Zwänge schlimmste Verbrechen zu entschuldigen suchen. Er ist dabei nicht immer auf die Gegenliebe der Geschworenen und auch nicht die anderer Gutachter gestoßen.«
    »Sie wollen also sagen, er hat sich zum Werkzeug anderer gemacht und dabei öfter auf der Verliererseite gestanden?«
    »Sozusagen.«
    »Warum hat er denn dann Jamey behandelt?«
    Der Ärger in meiner Stimme war für uns beide überraschend.
    »Dagegen ist nichts zu sagen, Doktor. Er ist ein hervorragender Psychiater, nur als Gutachter vor Gericht lässt er zu wünschen übrig.«
    Die Sekretärin klopfte und brachte den Tee. Sie goss zwei Tassen ein und reichte sie uns auf einem Silbertablett. Dann gab

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