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Jamey. Das Kind, das zuviel wußte

Jamey. Das Kind, das zuviel wußte

Titel: Jamey. Das Kind, das zuviel wußte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Kellerman
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sie Souza die Sahne. Ich dankte, und sie ging.
    Der Anwalt schlürfte seinen Tee. Die zarte Porzellantasse passte nicht so recht zu seiner fleischigen Hand.
    »Sie, Dr. Delaware, würden ausgezeichnet in unser Team passen.«
    »Das ehrt mich sehr«, antwortete ich, »aber ich halte es für wenig sinnvoll. Ich habe wenig Erfahrung mit Kriminellen, ich verstehe nicht allzu viel von Psychosen, und was ich von Unzurechnungsfähigkeit halte, habe ich Ihnen bereits gesagt.«
    Souza sah mich argwöhnisch an.
    »Ich vermute, dass ich mit offenen Karten spielen muss.«
    »Andernfalls können wir unser Gespräch sogleich beenden.«
    »Also gut. Ich will aufrichtig sein, Dr. Delaware. Es ist wahr, dass ich Sie ausfindig gemacht und mir genau Ihren Werdegang angesehen habe. Ich erfuhr, dass er einfach brillant ist. Sie haben mit vierundzwanzig promoviert, mit neunundzwanzig eine bedeutende Veröffentlichung vorgelegt, mit vierunddreißig hätten Sie ordentlicher Professor sein können. Sie hatten eine glänzende Karriere vor sich, als Sie sich entschlossen auszusteigen. Sie gelten als hoch begabt, aber widerspenstig, fast bis zur Besessenheit. Ihre Begabung ist deshalb so von Bedeutung für mich, weil Sie schnellstens eventuelle Lücken in Ihrem Wissen füllen können, und Ihre Besessenheit kommt mir entgegen, weil Sie, einmal auf meiner Seite, wie ein Löwe kämpfen werden. Um ehrlich zu sein, an Psychiatern mit Erfahrung mangelt es nicht, und ich werde vielleicht auf sie zurückgreifen, wenn Ihre Aussagen noch ergänzt werden müssen.« Er lehnte sich nach vorn.
    »Es sind außer Ihrem fachlichen Können noch andere Dinge für meine Strategie von Bedeutung. Sie haben Jamey vor Jahren behandelt, damals, als er noch keine Psychose hatte. Ich habe nicht den geringsten Zweifel, dass die Anklage Sie, wenn ich ihr nicht zuvorkomme, mit Beschlag belegen wird, um zu beweisen, dass der Junge im vollen Besitz seiner geistigen Kräfte war. Sie werden Ihre Aussage benutzen, um zu beweisen, dass sein Wahn nur gespielt ist und der Antrag auf Unzurechnungsfähigkeit nichts war als ein juristischer Schachzug. Wie Sie mit Recht sagen, sind Laien immer skeptisch gegenüber den Aussagen von Psychiatern, und deshalb haben wir die Beweislast. Ich muss nachweisen, dass die Wurzeln von Jameys Wahnsinn weit zurückreichen. Und hierbei könnten Sie eine wichtige Rolle spielen. Zweitens«, er lächelte, »haben Sie gute Beziehungen zu einem der mit dem Fall betrauten Kriminalbeamten, Detective Sturgis. Dies gibt mir die Möglichkeit, Sie als Law-and-Order-Mann zu präsentieren, der sich nicht leicht täuschen lässt. Wenn Sie von mangelnder Zurechnungsfähigkeit sprechen, muss das einfach richtig sein.«
    Er stellte seine Tasse auf die Untertasse zurück.
    »Kurz gesagt, Dr. Delaware, ich möchte, dass Sie mit mir zusammenarbeiten.«
    »Sie machen keinen Hehl daraus, dass Sie sich meine Freundschaft zu Sturgis zunutze machen wollen. Warum sollte ich das zulassen?«
    »Weil Ihnen an Jamey liegt. Sie sind aufgrund seines Notrufs um halb vier Uhr morgens losgefahren, um ihm zu helfen. Bei aller Skepsis, Sie wissen, dass er krank ist und nicht böse. Und Sie würden es nicht übers Herz bringen, dass er stirbt, ohne dass Sie alles unternommen haben, das zu verhindern.«
    »In unserem Staat ist seit langem niemand mehr hingerichtet worden.«
    »Sie glauben doch wohl nicht im Ernst, dass der Junge die Haft überleben würde. Er ist psychisch schwer krank, wird oft von Selbstmordgedanken heimgesucht. Wie ich schon sagte, bevor Dwight so ärgerlich wurde, in dieser Familie liegt ein Hang zur Selbstzerstörung. Es würde nur wenige Wochen dauern, bis er heraushat, wie man sich die Pulsadern öffnet oder sich mit dem Bettlaken erhängt. Ich bin jetzt schon besorgt wegen der Untersuchungshaft. Glücklicherweise kann sich Mainwaring dort um ihn kümmern. In San Quentin wird das Einzige, was man für ihn tut, in nächtlichem körperlichem Missbrauch bestehen.« Er senkte die Stimme. »Er muss in eine Heilanstalt, und ich bitte Sie, mir dabei zu helfen, ihn dorthin zu bringen.«
    Ich brauchte eine Weile, um all das Gesagte zu verdauen, und antwortete dann: »Sie bringen mich in eine schwierige Lage, darüber möchte ich erst nachdenken.«
    »Gut«, sagte er schnell. »Sie müssen es nicht auf der Stelle entscheiden.«
    »Wenn ich mich bereit erkläre, für Sie zu arbeiten, Mr. Souza, muss ich es auf meine Weise tun können. Es ist mir zuwider, Dinge nur halb zu tun.

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