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Jammerhalde: Tannenbergs siebter Fall

Jammerhalde: Tannenbergs siebter Fall

Titel: Jammerhalde: Tannenbergs siebter Fall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernd Franzinger
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gefaltet.
    Wieder war der Kopf vom Körper abgetrennt und in etwa 35 Zentimetern Abstand ins feuchte Laub gebettet worden.
    Und wieder hatte Wildfraß das Gesicht unkenntlich gemacht.
     
    Der Anruf riss Dr. Schönthaler mitten aus dem Tiefschlaf. Er hatte bis weit nach Mitternacht in der Pathologie gearbeitet und war erst vor ein paar Stunden hundemüde in sein Bett gefallen. Deshalb war er alles andere als begeistert, als er zu dieser frühen Morgenstunde die keuchende Stimme seines besten Freundes vernahm.
    Zunächst dachte er an einen von Tannenbergs makabren Scherzen und legte schimpfend den Hörer wieder auf. Doch als sich der Kriminalbeamte bereits Sekunden später abermals bei ihm meldete und ihm mit eindringlichen Worten seine schier unglaubliche Entdeckung schilderte, versprach er, so schnell wie möglich zu ihm zu kommen.
    Knapp zwanzig Minuten nach ihrem Telefonat traf der laubfroschgrüne 2 CV des Rechtsmediziners an der Jammerhalde ein. Tannenberg hatte Kurt unten am Weg an einem Baum angebunden. Als der imposante Mischlingshund das exotische Fortbewegungsmittel heranknattern hörte, hatte er sofort heftig zu winseln und zu bellen begonnen. Nicht verwunderlich, schließlich teilte er voll und ganz die Zuneigung seines Herrchens zu dieser skurrilen, hageren Gestalt, die da gerade der schaukelnden Ente entstieg. Erst nachdem Dr. Schönthaler den tapsigen Hund angemessen begrüßt hatte, beruhigte sich Kurt und legte sich auf dem weichen Waldboden ab.
    Während der Gerichtsmediziner die kleine Anhöhe erklomm, überprüfte er den richtigen Sitz seiner Fliege. Diese Marotte kultivierte er nun schon seit vielen Jahren. Genau genommen war der Auslöser für diesen inzwischen zu seinem Markenzeichen avancierten Tick seine ehemalige Frau gewesen.
    Als sie ihn vor vielen Jahren quasi über Nacht wegen eines Schlabberlook tragenden Ökoaktivisten verlassen hatte, war er noch am selben Tag zum teuersten Herrenausstatter der Gegend gefahren und hatte sich von Kopf bis Fuß neu einkleiden lassen. Danach war er in die gemeinsame Wohnung zurückgekehrt und hatte alle seine bisherigen Kleidungsstücke in Tüten verpackt und zum Roten Kreuz gebracht. Und seit dieser Trotzreaktion zog er nur noch Designerkleidung an, zu der er aus einem reichlichen Fundus jeweils eine farblich exakt abgestimmte Fliege wählte.
    Normalerweise achtete er akribisch darauf, dass er an zwei aufeinanderfolgenden Tagen nicht dieselben Kleider am Leib trug. Doch an diesem lauen Sommermorgen hatte er in der gebotenen Eile auf die gestern bereits getragene Kleidung zurückgegriffen. Ein Umstand, den sein Freund garantiert entsprechend kommentiert hätte, falls er zu dieser zeitigen Stunde zu solch einer differenzierten Wahrnehmung fähig gewesen wäre.
    »Hallo, alter Junge!«, begrüßte Dr. Schönthaler den Kriminalbeamten mit einem deftigen Klaps auf die Schulter. »Morgenstund hat Gold im Mund – oder bietet einen Leichenfund. Na, ist das kein genialer Reim?«
    »Deine lyrischen Amokläufe waren auch schon mal gelungener«, versetzte Tannenberg. Er rümpfte dabei die Nase so, als ob er gerade einen üblen Geruch wahrgenommen hätte.
    Die beiden Männer erklommen den Berghang.
    »Du hast nicht zufällig inzwischen eine Übereinstimmung der Blutspuren auf dieser komischen Praxe und dem Blut des Toten entdeckt?«
    »Nein, zufällig noch nicht«, gab der Pathologe pikiert zurück. »Der DNA-Abgleich dauert eben seine Zeit. Unser Labor meldet sich bei mir, sobald das Ergebnis vorliegt. Es ist übrigens durchaus möglich, dass der Kopf mit Hilfe dieses seltsamen Waldarbeiter-Werkzeuges abgetrennt wurde. Denn es muss sich um eine extrem scharfe, mindestens zwanzig Zentimeter breite Klinge gehandelt haben, sonst wären nämlich viel mehr Hiebe dazu nötig gewesen. Also, wenn es kein Fleischerbeil war, kann es diese Praxe durchaus gewesen sein.«
    »Das ist ja wenigstens schon mal was.«
    Stehend sondierte der Rechtsmediziner eine Weile den Leichnam. Dann kniete er sich neben dem blutigen Halsstumpf nieder. »Sieht alles eigentlich ganz genau so aus wie gestern Morgen.«
    »Exakt beobachtet, du Schlaumeier! Bis auf den winzigen Unterschied, dass wir es hier mit einem anderen Menschen zu tun haben«, konnte sich der Kriminalbeamte nicht verkneifen.
    »Klugscheißer!«
    »Sogar deine geliebten Waldameisen sind wieder da.«
    »Ja, im Gegensatz zu dir sind das eben sehr wachsame und eifrige Lebewesen.« Dr. Schönthaler nickte schmunzelnd. »Wobei sie

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