Jan Fabel 01 - Blutadler
Immobilien.«
Fabel nickte nachdenklich. »War Eitels Vater ebenfalls auf dem Empfang? Wolfgang Eitel?«
»Nein. Hier ziehe ich eine Grenze. Ich teile kein Podium mit einem Nazi wie ihm, gleichgültig, wie nützlich die Sache sein mag. Wahrscheinlich ist er deshalb ferngeblieben. Auch wenn sie gelegentlich gemeinsam in der Öffentlichkeit auftreten, weiß Norbert Eitel sehr genau, wie schädlich sein Vater für seine politischen Ambitionen ist.«
»Die Ermordung von Ursula Kastner muss Sie bestürzt haben.«
»Das ist eine Untertreibung. Es war ein entsetzlicher Schock. Sie haben Hugo Ganz kennen gelernt, nicht wahr?« Fabel erinnerte sich an das fleischige, rosafarbene Gesicht des Innensenators. »Frau Kastner hat ziemlich eng mit Hugo zusammengearbeitet, besonders wenn es um Umwelt- und Grundstückspolitik ging. Sie sorgte für die juristische Absicherung. Der Innensenator war sehr erschüttert über Frau Kastners Tod. Deshalb äußerte er sich so ... nachdrücklich, als Sie ihm das letzte Mal begegnet sind.«
»Vermutlich entsinnen Sie sich daran, wo Sie waren, als Frau Kastner ermordet wurde?«
»Ich habe an einer Umweltschutzkonferenz in Rom teilgenommen.« Schreiber sprach ohne Emotion, und dann ließ eine schwache Hoffnung sein Gesicht aufleuchten. »Genau! Ich war nicht einmal im Lande, als sie ermordet wurde. Ich habe rund hundert Zeugen. Wann wurde das zweite Opfer ermordet?«
»In den frühen Morgenstunden des vierten Juni, an einem Mittwoch«, antwortete Fabel.
Schreiber blätterte in seinem Tischkalender. »Ich war zu Hause bei meiner Familie. Das lässt sich bestätigen.«
Fabel schien nicht beeindruckt zu sein. »Ich interessiere mich im Moment nur für Frau Blüms Ermordung. Und Sie waren kurz vorher bei ihr.«
»Aber ich hatte nichts damit zu tun. Überhaupt nichts.« Ein gewisser Trotz schlich sich in Schreibers Stimme ein. Die Erkenntnis, dass er Alibis für die beiden anderen Morde hatte, ließ ihn offenbar kühner werden.
Fabel wechselte das Thema. »Wussten Sie, dass Frau Blüm versucht hat, mit mir persönlich Kontakt aufzunehmen?«
»Nein ... nein, das ist mir neu. Warum bloß?«
»Weiß ich nicht. Ich hatte keine Möglichkeit, sie zurückzurufen«, log Fabel. Das klang besser als zuzugeben, dass er sich nicht die Mühe gemacht hatte, sich mit ihr in Verbindung zu setzen.
»Meinen Sie, dass sie glaubte, in Gefahr zu sein? Hat sie vielleicht deshalb versucht, Sie zu erreichen?« Schreiber wartete nicht auf eine Antwort. »Warum hat sie mir nichts davon gesagt? Wenn sie Angst hatte, warum sprach sie dann nicht mit mir?«
Fabel stand auf, und van Heiden erhob sich ebenfalls. »Ich habe keinen Grund zu der Annahme, dass sie sich in Gefahr wähnte. Ich weiß nur, dass sie drei- oder viermal auf meinen Apparaten angerufen hat, bevor sie starb. Sie deutete in keiner ihrer Nachrichten an, dass sie in Gefahr sei.« Fabel steuerte auf die Tür zu, ohne Schreiber die Hand zu schütteln. »Wie gesagt, Herr Dr. Schreiber, möglicherweise muss ich Ihnen noch weitere Fragen stellen. Und ich werde unsere Spurensicherer vorbeischicken, damit sie Ihnen die Fingerabdrücke abnehmen.« Er hatte bereits die schwere Eichentür geöffnet, als er sich zu Schreiber umdrehte. »Noch eines: Wann sind Sie zuletzt mit Marlies Menzel zusammengetroffen oder haben sonstwie mit ihr Kontakt gehabt?«
Schreiber wirkte zunächst überrascht, dann ein wenig besorgt.
»Gott, das weiß ich nicht - seit Jahren nicht mehr. Nicht, seit wir von Zeitgeist weggegangen sind, und schon gar nicht, seit sie sich mit dem Terrorismus einließ.«
»Sie haben nicht mit ihr gesprochen, seit sie aus Stuttgart-Stammheim entlassen wurde?«
»Nein, auf keinen Fall.«
Fabel wusste, dass Schreiber die Wahrheit sagte.
Derselbe uniformierte Rathausdiener begleitete Fabel und van Heiden hinaus in die Halle. Beide wurden von der Sonne geblendet, als sie durch den gotischen Bogen hinaus auf den breiten Rathausplatz traten.
»Was meinen Sie?«, fragte van Heiden.
»Er ist nicht unser Mann«, erwiderte Fabel, zog seine Sonnenbrille aus der Brusttasche und setzte sie auf. »Ich muss nach Bremen fahren. Darf ich Sie zu einem Kaffee in die Alsterarkaden einladen, Herr Kriminaldirektor?«
Kunstgalerie Nordholt, Bremen,
Donnerstag, den 19. Juni, 14.20 Uhr
Fabel hatte die Fahrzeit nach Bremen auf ungefähr anderthalb Stunden geschätzt, doch auf halber Strecke verdichtete sich der Verkehr auf der A1. Er legte eine CD ein:
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