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Jan Fabel 01 - Blutadler

Titel: Jan Fabel 01 - Blutadler Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Craig Russell
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schlimmste Tag seiner Karriere gewesen. Seines Lebens. Er würde ihn nie vergessen.
    Marlies Menzel betrachtete Fabel. Ihre Augen ließen keine Feindschaft erkennen. Sie schien sich seine Worte zu überlegen und wandte sich an ihre beiden Helfer. »Ich gehe eine Weile nach draußen. Den Rest können wir später aufhängen.« Dann zu Fabel: »Ich glaube, wir sollten uns irgendwo anders unterhalten.«
    Das Café lag dicht an der Katharinenstraße. Ein glänzend polierter Tresen durchzog es in seiner ganzen Länge. Die Angestellten hinter dem Tresen stellten dauernd Tabletts mit weißem Tee- oder Kaffeegeschirr auf die Bar. Die Luft war vom üppigen Geruch frisch gemahlenen Kaffees erfüllt. Die Kellner und Kellnerinnen, die schwarze Hosen und Westen und weiße Schürzen anhatten, trugen die Tabletts hinüber zu den Tischen der Kunden. Die Mechanik dieser Dienstleistung hatte einen beruhigenden Rhythmus.
    Fabel und Marlies Menzel setzten sich an einen Fenstertisch. Menzel nahm mit dem Rücken zur Eichentäfelung Platz, während Fabel ihr gegenüber die Straße hinauf zum Marktplatz schauen konnte. Sie zog ein Päckchen französischer Zigaretten hervor und bot Fabel nach kurzer Überlegung eine an.
    »Nein, danke. Ich rauche nicht.« 
    Sie lächelte und zündete sich eine Zigarette an. Dann inhalierte sie tief, neigte den Kopf nach oben und zur Seite und blies den Rauch schräg in die Luft, um Fabel nicht zu belästigen. »Eine Gewohnheit, die ich mir im Gefängnis zugelegt habe«, sagte sie mit einer gewissen Verbitterung. »Was kann ich für Sie tun, Herr Fabel?«
    Ein Kellner erschien am Tisch, bevor er antworten konnte. Fabel bestellte ein Kännchen Tee, und Menzel bat um einen schwarzen Kaffee. »Ich wollte Sie nach Ihren Bildern fragen«, sagte Fabel, nachdem der Kellner fort war.
    Menzel lächelte. »Ein Polizist, der die Kunst liebt? Oder habe ich vielleicht irgendeine Vorschrift über Bildgrößen verletzt?«
    Fabel berichtete ihr von den Morden und betonte, wie sehr ihre Gemälde an die Mordschauplätze erinnerten. Er fragte sie, ob sie von Angelika Blüms Tod wisse. Sie hatte in den Zeitungen darüber gelesen.
    »Wann haben Sie Frau Blüm zum letzten Mal gesehen?«
    »Noch vor meiner Haft. Wir haben in den Siebzigern für dieselbe Zeitschrift gearbeitet. Sie hieß Zeitgeist. Damals hielten wir den Namen für sehr originell, aber im Rückblick ist er einfach nur naiv. Warum fragen Sie? Bin ich verdächtig, weil meine Bilder Sie an ...« Ihre Stirn furchte sich, als hätte sie die Bedeutung ihrer Worte gerade erst erkannt. »Arme Angelika.«
    »Nein, Frau Menzel, Sie sind keine Verdächtige«, sagte Fabel. Er verschwieg ihr, dass er durch Maria hatte überprüfen lassen, wo sie sich an den Mordtagen aufgehalten hatte. Zur Tatzeit von Ursula Kastners Ermordung war Marlies Menzel noch in Haft gewesen, und zum Zeitpunkt des Todes von Angelika Blüm hatte sie eine Vernissage besucht. »Es gibt einfach eine verwirrende Ähnlichkeit zwischen Ihren Motiven und den Todesszenen. Wahrscheinlich handelt es sich um einen Zufall, aber immerhin kann es sein, dass der Mörder Ihre Gemälde gesehen und versucht hat, sie nachzuahmen. Es ist nicht ungewöhnlich, dass Serienmörder ihre Opfer in eine ›Pose‹ bringen. In diesem Fall hätten wir es damit zu tun, dass das Leben die Kunst imitiert.«
    »Oder besser gesagt, dass der Tod die Kunst imitiert.« Sie zog wieder ausgiebig an ihrer Zigarette. Fabel bemerkte die gelbbraunen Nikotinflecken an ihren Fingern. »Wie schrecklich.«
    Der Kellner brachte den Tee und den Kaffee.
    »Haben Sie irgendwelche, na ja, seltsamen Reaktionen auf Ihre Arbeit erhalten? Vor allem E-Mails?«, fragte Fabel.
    Marlies Menzel zuckte die Achseln. »Nur das, was man erwarten würde. Eine Menge Briefe, in denen es heißt, dass ich noch im Gefängnis sein sollte, dass ich wegen meiner Verbrechen in der Hölle braten würde, dass es unanständig sei, mich nicht als Zerstörerin, sondern als Schöpferin zu bezeichnen. Solche Dinge. Das sind Gefühle, die Sie wahrscheinlich nachempfinden können, Herr Hauptkommissar.«
    Fabel ignorierte den Köder. »Aber nichts, was Sie im Hinblick auf die Bilder als merkwürdig oder unangemessen bezeichnen würden?«
    Sie dachte einen Moment lang nach. »Nein, eigentlich nicht. Aber vor ein paar Wochen ist es in der Galerie zu einer unerfreulichen Szene gekommen. Wolfgang Eitel tauchte mit einem Presse- und Fernsehteam auf und rief, dass ich kein Recht hätte, meine

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