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Jan Fabel 01 - Blutadler

Titel: Jan Fabel 01 - Blutadler Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Craig Russell
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»Bleibt alles anders« von Herbert Grönemeyer. Gerade hatte er den Ton lauter gestellt, als sein Handy klingelte. Es war Maria Klee, die Klugmanns Autopsieergebnisse erhalten hatte. Er war durch eine einzelne Kugel getötet worden, die seine Medulla oblongata durchschlagen und sein Kleinhirn durchdrungen hatte und dann zwischen Oberlippe und Nase ausgetreten war. Die geschätzte Todeszeit lag zwischen achtzehn Uhr am Freitag, dem dreizehnten, und sechs Uhr am Samstag, dem vierzehnten Juni. Fabel zuckte zusammen, als Maria ihn wissen ließ, dass die Autopsie Zeichen von Folter und Schlägen unmittelbar vor dem Tod enthüllt hatte. Außerdem waren Amphetamin-Spuren in Klugmanns Blut nachgewiesen worden. Das Leben als perfekte Tarnung. Und sie war gescheitert.
    Maria besaß auch die Ergebnisse des Ballistik-Tests. Brauner hatte sich nicht geirrt: Die Patrone stammte aus einer nicht der Norm entsprechenden Waffe. Fabel fasste sein Gespräch mit Schreiber zusammen und bat Maria, Werner zu informieren.
    Der Verkehr wurde fließender. Fabel hatte eine größere Entfernung zurückgelegt, als ihm bewusst geworden war. Sein Autopilot hatte sich eingeschaltet, während sein Geist an einem dunklen, einsamen Ort gewesen war: bei einem Undercover-Polizisten, der gefoltert wurde und wusste, dass der Tod ihn unvermeidlich erwartete. Für einen Sekundenbruchteil konnte sich Fabel an diesen Ort versetzen, und er verspürte ein Übelkeit erregendes Flattern in der Brust. Es war der schwache Schatten eines unvorstellbaren Terrors. Die Straßenschilder zeigten an, dass er sich dem Bremer Kreuz näherte, und er fuhr von der A1 auf die A27 in Richtung Stadt.    
    Die Galerie Nordholt lag neben dem Bremer Marktplatz in einem prächtigen, im späten neunzehnten Jahrhundert errichteten Gebäude mit riesigen Erkerfenstern. Als Fabel eintrat, gab Marlies Menzel gerade Anweisungen für die Aufhängung eines ihrer Gemälde. Sie war ungefähr fünfzig Jahre und trug einen langen dunklen Rock sowie eine weite schwarze Jacke mit wattierten Schultern. Ihr stumpfes braunes Haar war kurz geschnitten und hatte eingefärbte helle Strähnen. Auf ihrer Nase saß eine kleine viereckige Drahtbrille. Während Fabel durch die Galerie schritt, erinnerte sie ihn eher an eine Bibliothekarin als an eine gerade entlassene Terroristin. Auf halbem Wege blieb er stehen. Die weißen Wände der Galerie wurden von riesigen Bildern unterbrochen. Obwohl Fabel beim Durchblättern des Ausstellungskatalogs bereits bemerkt hatte, wie verblüffend ähnlich die Motive den »Blutadler« -Tatorten waren, wurde er von der visuellen Wirkung der Gemälde überwältigt. Jedes war zwei Meter hoch und einen Meter breit. Die Farben funkelten in lebhaften, elementaren Tönen von der Leinwand. Die Pinselstriche waren kräftig und selbstsicher. Jedes Gemälde stellte zweidimensionale Gewalt dar. 
    Fabel näherte sich der kleinen Gruppe. »Frau Menzel?«
    Sie drehte sich um. »Ja?« Ihre dünnen Lippen verzogen sich zu einem höflichen Lächeln.
    »Ich würde mich gern mit Ihnen unterhalten.« Fabel zückte seine ovale Dienstmarke. Das Lächeln war sofort weggewischt.
    »Das wird wirklich lästig. Seit meiner Entlassung haben mich alle möglichen deutschen Sicherheitsdienste besucht. Langsam sieht's nach Schikane aus.«
    »Dies ist eigentlich nicht offiziell ...«
    »Ach ja? Dann sollte ich vielleicht lieber nicht mit Ihnen sprechen.« Sie wandte sich ab.
    »Frau Menzel«, beharrte er, »ich bin Kriminalhauptkommissar Jan Fabel. Ich war 1983 in den Schusswechsel am Hafen verwickelt.«
    Marlies Menzel blieb einen Moment lang stehen, ohne Fabel anzuschauen. »Sie haben Gisela erschossen?«
    »Ich hatte keine andere Wahl. Sie hatte schon einmal auf mich gefeuert und wollte es erneut tun. Ich hatte sie aufgefordert, die Waffe niederzulegen, aber ...« Fabels Stimme verklang.
    »Sie war noch ein Kind.« Marlies Menzel drehte sich um.
    »Mir blieb nichts anderes übrig. Sie hatte meinen Kollegen getötet und mich verwundet«, sagte Fabel ohne eine Spur von Bitterkeit. »Obwohl ich sie gewarnt hatte, wollte sie wieder auf mich schießen.«
    Er sah Gisela Frohm vor sich, wie sie am Ende des Piers stand. Die funkelnde Pistole hatte, wie ein Gewicht an einem Seil, an ihrem mageren Mädchenarm gehangen und war dann hochgeschnellt. Er hatte zweimal auf sie gefeuert. In ihr Gesicht. Er erinnerte sich an ihre rosa Punkfrisur, als ihr Kopf nach hinten ruckte und sie ins Wasser stürzte. Es war der

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