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Jan Fabel 01 - Blutadler

Titel: Jan Fabel 01 - Blutadler Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Craig Russell
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wählerisch gewesen sein.«
    »Und diese Gruppe stand für die schwarze Magie Ihrer« - Maria rang nach dem Wort - »Religion?«
    Jannsen nickte. »Sie konzentrierte sich angeblich auf das Seidhr, das heißt auf die schamanische Tradition des Odinismus. Vorhin haben Sie sich nach der Rolle der Frauen im Asatru erkundigt. Nach der Überlieferung wird das Seidhr hauptsächlich von Frauen praktiziert. Diese Gruppe soll jedoch hauptsächlich oder ausschließlich aus Männern bestanden haben.«
    »Haben Sie eine Ahnung, wer zu der Gruppe gehörte?«
    »Es handelt sich wirklich nur um eine Ahnung. Wie gesagt, es waren bloß Gerüchte. Aber zu den Mitgliedern der Gruppe sollen hochrangige Personen gehört haben, darunter auch ein Ausländer.«
    Fabel und Maria wechselten einen Blick. »Könnte rituelle Vergewaltigung ein Teil ihrer Zeremonie sein?«, fragte Fabel.
    »Nicht gemäß unserer wirklichen Tradition. Aber ein Element des Blot ist die Selbstaufopferung. Vielleicht haben wir es mit einer abartigen Interpretation dieser Idee zu tun. Auf jeden Fall wird die Rune Gebo mit dem Geschenk oder dem Opfer in Verbindung gebracht. Man rezitiert sie als Seidhr oder rituellen Gesang während eines Blot. Außerdem kennen wir den Begriff der Ond. Das bedeutet Ekstase oder eigentlich ›Freude‹, aber es kann ebenfalls falsch interpretiert werden. Ich leugne nicht, dass die Praktiker früherer Zeiten einige dunkle Akte begingen. Ein arabischer Beobachter hat beschrieben, wie eine Frau bei der Beisetzung eines Wikingerhäuptlings Sex mit sieben verschiedenen Männern hatte, bevor sie das Langschiff zur Beisetzung bestieg und zusammen mit der Leiche des Häuptlings verbrannt wurde.«
    »Das also ist Ihre friedliche, sanfte Religion«, sagte Maria.
    »Die Christen haben früher Ketzer und angebliche Hexen auf dem Scheiterhaufen verbrannt«, entgegnete Jannsen mit einem kalten Lächeln und einem Blick auf Marias Bluse. »Wie jede andere Philosophie oder Religion auch kann Asatru missbraucht werden. Ich weiß nicht, ob die Gerüchte über diese Sekte stimmen und ob es eine Beziehung zu dem Verbrechen gibt, das Sie untersuchen. Es geht mir nur darum, Ihnen zu helfen.«
    »Und Sie haben uns geholfen, Herr Jannsen«, sagte Fabel und schaute vielsagend zu Maria hinüber. »Sehr sogar. Hat jemand erwähnt, woher dieser ›Ausländer‹ gekommen sein könnte?«
    Jannsen schüttelte den Kopf. »Tut mir Leid.«
    »Oder wo diese Gruppe ihre Treffen abhielt?«
    »Nein, auch davon weiß ich nichts. Sie soll sehr geheimnistuerisch gewesen sein.«
    »Noch einmal vielen Dank für Ihre Hilfe«, sagte Fabel und reichte Jannsen die Hand. Dieser ließ es sich nicht nehmen, hinter seinem Tresen hervorzukommen und die Tür für beide Besucher aufzuhalten.    
    »Keine Ursache.« Sein Lächeln war ausschließlich für Maria reserviert.
    Die beiden Polizisten hatten Marias Auto benutzt, das um die Ecke geparkt war. Sie stellte die Alarmanlage ab. Fabel ließ die Hand auf dem Türgriff ruhen und betrachtete Maria über das Autodach hinweg.
    »Was ist denn?«, fragte sie irritiert.
    Fabel lächelte. »Herr Jannsen gefällt dir wohl nicht sehr, oder?«
    Maria täuschte ein Schaudern vor, verzog das Gesicht und gab ein »Brrr« -Geräusch von sich. »Wie schade«, meinte Fabel und stieg in den Wagen. »Mir scheint, er hat etwas für dich übrig.«
    Maria startete den Motor nicht sofort. Ihr Gesicht war nachdenklich. »Ist es nicht komisch?«
    »Was?«, fragte Fabel.
    »Die Art und Weise, wie Menschen immer etwas Neues anstreben. Und manchmal ist das Neue so schrecklich wie der Teufel.«
    »Du meinst die Splittergruppe, von der Jannsen gesprochen hat?«
    »Ja. Kann es sein, dass Jannsen wirklich an all den Asatru-Quatsch glaubt? Oder die Männer, die die Vergewaltigungen begehen? Fühlen sie sich auf irgendeine Weise religiös gerechtfertigt?«
    Fabel schürzte die Lippen. »Das bezweifle ich, Maria. Jedenfalls nicht ab einer gewissen Stufe. Was Jannsen betrifft - vielleicht glaubt er tatsächlich daran. Du hast Recht, es gibt viele Menschen, die sich an moralische Strohhalme klammern, um ihrem Leben eine Gestalt und einen Sinn zu verleihen. Sonst ist es in ihrem Universum dunkel und einsam.« 
    Maria ließ den Motor an und fädelte sich in den Verkehr ein.
    Polizeipräsidium Hamburg, Freitagmittag, den 20. Juni
    Die einzige Aufgabe von Norbert Eitels Sekretärin schien darin zu bestehen, die Außenwelt von jeglichem Kontakt mit ihrem Chef abzuhalten. Sie

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